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Wirtschaft: Wie der Staat Kasse macht

Arbeitgeber und Gewerkschaften streiten über die künftige Steuerbelastung von Unternehmen

Berlin - Die Auseinandersetzung um Form und Höhe der künftigen Unternehmensbesteuerung kommt in Schwung. Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) veröffentlichte am Dienstag eine Erhebung, wonach die Firmen in diesem Jahr mehr als 93 Milliarden Euro an den Fiskus abführen. Als Konsequenz fordern die Kölner Wissenschaftler die Abschaffung der Gewerbesteuer. Die Gewinne der Kapitalgesellschaften würden hier zu Lande mit 25 Prozent (Körperschaftsteuer) und 13,5 Prozent (Gewerbesteuer) belastet. Dagegen, so argumentiert das IW, „zwackt der industrielle Shootingstar Irland von den Gewinnen seiner Kapitalgesellschaften nur 12,5 Prozent ab“.

Ganz anderes rechnen die Gewerkschaften. So kommt die Hans-Böckler- Stiftung des DGB zu einer Steuerbelastung des Kapitals von 20,1 Prozent in Deutschland. Unter den „alten“ 15 EU-Ländern sei die Quote nur in Griechenland mit 17 Prozent geringer. Die vergleichsweise geringe Belastung ergibt sich nach Angaben der Böckler-Stiftung durch die Berücksichtung der Vermögenseinkommen privater Haushalte und der Veräußerungsgewinne, die unter Rot-Grün steuerfrei gestellt wurden.

Die unlängst von der Bundesregierung beschlossenen steuerlichen Veränderungen, die zu Mehreinnahmen von 4,7 Milliarden Euro führen, werden nach Berechnungen des DGB zu 75 Prozent von Arbeitnehmern getragen. Konkret geht es um die Erhöhung der Mehrwertsteuer, die Abschaffung der Pendlerpauschale (bis 20 Kilometer), die Halbierung des Sparerfreibetrags sowie die Kürzung des Bezugszeitraums fürs Kindergeld.

Die ebenfalls geplante so genannte Reichensteuer bezeichnet die IG Metall als „Posse“. Zwar werde der Spitzensteuersatz um drei Prozent angehoben für Einkommen ab 250 000 (Ehepaare: 500 000) Euro. Allerdings beklagt die IG Metall, dass die drei Prozent nur bei Einkommen aus einen Beschäftigungsverhältnis fällig werden. Unternehmer und Freiberufler müssten sie nicht zahlen, sodass die Einnahmen aus der Reichensteuer auf einen „Bruchteil“ schrumpften. Die Pläne der Bundesregierung zur Senkung der Unternehmenssteuern ab 2008 lehnen die Gewerkschaften ab. Bereits 2001 sei durch die rot-grüne Finanzpolitik der Körperschaftsteuersatz halbiert worden. In der Folge seien zum Beispiel 2005 nur rund 16 Milliarden Euro Körperschaftsteuern geflossen, „die gleiche Summe wie zehn Jahre zuvor“, schreibt die IG Metall.

Doch nach der Hochrechnung der IW–Wissenschaftler geht der Trend nun nach oben. Im Jahr 2010 zahlen demnach die Unternehmen erstmals mehr als 100 Milliarden Euro. Dazu tragen weniger die anziehende Konjunktur als die Steuererhöhungen bei. Allein die Erhöhung der Mehrwert- und der Versicherungssteuer um jeweils drei Prozent bringe dem Fiskus im nächsten Jahr 21 Milliarden Euro. Die Steuerquote erhöhe sich zwischen 2004 und 2010 von 20 auf 21,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Bereits in diesem Jahr profitieren die Kommunen von der relativ guten Konjunktur. So erreiche das Gewerbesteueraufkommen mit 34,2 Milliarden Euro einen Rekordwert. „Was für die Gemeinden ein Segen ist, ist für die Unternehmen jedoch ein Fluch“, schreibt das IW. Da die Gewerbesteuer in den anderen europäischen Ländern „weitgehend unbekannt“ sei, plädieren die IWler für die Abschaffung. Stattdessen sollten unter anderem die Gemeinden an der Lohnsteuer beteiligt und eine kommunale Unternehmensteuer eingeführt werden. Anders als bei der Gewerbesteuer würden auch Freiberufler von solch einer kommunalen Steuer belastet.

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