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Wirtschaft: Wie ein Mann hinter Josef Ackermann

Bei der Deutschen Bank will niemand an eine Verurteilung des Vorstandssprechers auch nur denken – das wäre nämlich eine Katastrophe

Auf der eigens eingerichteten Web-Seite weist der Vorstand der Deutschen Bank darauf hin, dass der Vorstandssprecher Josef Ackermann die volle Rückdeckung aller Gremien der Bank besitzt. Im internen Informationsnetz der Bank erläutert der Vorstand den weltweit rund 69300 Mitarbeitern des Instituts die Klage gegen Ackermann, erklärt worum es geht, und dass er fest entschlossen ist, den Prozess durchzustehen.

Gut zwei Wochen nachdem das Gericht in Düsseldorf die Klage gegen Ackermann zugelassen hat, ist vordergründig Ruhe eingekehrt in den Zwillingstürmen der Deutschen Bank an der Frankfurter Taunusanlage. Der Betroffene selbst taucht wenig in der Öffentlichkeit auf. Nur in New York auf einer Investorenkonferenz äußert er sich kurz, demonstriert seine Entschlossenheit, das Verfahren durchzustehen. Spricht von einer regelrechten Sympathiewelle, die ihm entgegenschlage.

Nachdem ihn die Nachricht am Rande der Weltwährungskonferenz in Dubai ereilte und sichtlich überraschte, konnte sich Ackermann am Tag danach auf seinem Geschäfts-Trip nach Saudi-Arabien und Ägypten etwas Distanz verschaffen. Spätestens Mitte November auf dem Europäischen Banken-Kongress, dem er in diesem Jahr vorsteht, wird er sich wieder in Frankfurt öffentlich äußern. Vermutlich in bekannter Manier.

Auch die Betriebsräte sind loyal

In der Deutschen Bank steht man loyal hinter dem Schweizer. Selbst Betriebsräte machen keine Abstriche. Die Befürchtungen gehen in eine andere Richtung. „Bei unserem Kampf gegen die Abwerbeversuche aus London ist ein Prozess gegen den Chef der Deutschen Bank kein Aushängeschild“, sagt Rolf Vreden, Betriebsratschef in der Frankfurter Konzernzentrale. Sollte das Top-Management der Bank entgegen Ackermanns ständigen Beteuerungen doch mit der Verlegung des Stammsitzes ins Ausland liebäugeln? Überzeugte Deutschbanker sind sich jedenfalls sicher, dass es spätestens dann soweit sein könnte, wenn sich die Deutsche Bank irgendwann einmal mit einem großen ausländischen Konkurrenten, etwa Credit Suisse – dem früheren Arbeitgeber Ackermanns – zusammentäte.

Auch der Unternehmensberater Roland Berger warnt, und spricht von einem auch politisch motivierten Verfahren. Zwar sei der Rechtsstaat ein Aktivum des Standortes Deutschland, sagte Berger am Wochenende dem Nachrichtensender n-tv, aber in diesem Verfahren finde auch die deutsche Neidgesellschaft ihren Ausdruck. Doch besonnene Gewerkschafter in der Bank sehen den Prozess nicht als Standort-Nachteil. Im Gegenteil: Es gehöre zum Rechtsstaat, dass ein Gericht umstrittene Fragen auch auf diesem Weg kläre.

Ein Mann wohl überlegter Worte

Allerdings ist auch klar: Die Öffentlichkeitsarbeiter der Bank waren auf die Zulassung der Anklage gegen ihren obersten Chef ungenügend vorbereitet. Als die Nachricht publik wurde, durfte Ackermann bei seinem einzigen öffentlichen Auftritt in Dubai im feinen Jumeirah Beach Hotel nur einen kurzen Satz äußern. „An meiner Position hat sich nichts geändert“, sagte er. Dann wurde ihm praktisch das Wort abgeschnitten. Stattdessen wurde eine bekannte schriftliche Erklärung verteilt. Auch die in Sachen Mannesmann schon vor einem Jahr engagierten Krisenberater der Communications&Network Consulting AG (CNC) um den ehemaligen Daimler-Chrysler-Sprecher Christoph Walter und Ex-SPD-Staatssekretär Siegmar Mosdorf konnten nicht eingreifen. Sie werden pikanterweise von London aus für Ackermann in Sachen Mannesmann aktiv.

Ackermann macht es seinen Öffentlichkeitsarbeitern freilich leichter als sein Vorgänger Rolf Breuer. Der Schweizer ist im Gegensatz zu Breuer ein Freund wohl überlegter Worte. Lieber ein Satz zu wenig als zu viel. Die große Öffentlichkeit, wie Breuer, braucht Opernliebhaber Ackermann nicht. Seit seinem Amtsantritt hat er gerade mal ein Interview gegeben. Auch diese Zurückhaltung macht ihn zu einem in der Bank angesehenen Chef. Ackermann gilt als integer, freundlich, seriös, charmant und über jeden Zweifel erhaben. Nicht im Ansatz anfällig für Untreue oder unlauteres oder ungesetzliches Handeln. Auch Betriebsräte schätzen den Schweizer, obwohl sie wegen Ackermanns Sparkurs und des drastischen Personalabbaus mehr als 20 Mal einen Interessensausgleich aushandeln mussten. Ackermanns Offenheit und seine „große strategische Klarheit“, wie einer sagt, kommen an.

Kaum jemand in der Bank hegt Bedenken, dass Ackermann während des Prozesses im Amt bleiben kann. Er selbst ohnehin nicht. Auch wenn er zwei Tage pro Woche vor der 14. Wirtschaftsstrafkammer in Düsseldorf erscheinen muss. Und das möglicherweise über mehr als ein Jahr und nicht nur drei Monate, wie die Bank hofft. Wenige Meter vom Gericht hält die Bank für Ackermann ein Büro bereit. Er könne im Übrigen delegieren. Überhaupt hegt man in Frankfurt die Hoffnung, dass das öffentliche Interesse am Prozess schnell erlahmt.

Sollte Ackermann jedoch verurteilt werden, für die Deutsche Bank wäre es eine Katastrophe. Seit seinem Wechsel von der Credit Suisse in den Vorstand der Deutschen Bank vor sieben Jahren wurde Ackermann konsequent für die Sprecher-Rolle aufgebaut. Heute sitzt er unumstritten an der Spitze. Und das faktisch allein. Ackermann hat das von ihm kontrollierte elfköpfige Group Executive Committee installiert, der eigentliche Vorstand gilt als entmachtet. Als mögliche Nachfolger gehandelte Manager wie Thomas Fischer oder Herbert Walter – er ist seit April Chef der Dresdner Bank – sind abgewandert. „Es gibt keinen Kronprinz“, sagt ein Banker.

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