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Wirtschaft: Wie schiebt man die Wirtschaft an?

Berlin (Tsp/rtr). Wenige Tage nach der Offenbarung von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD), dass die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland in diesem und im kommenden Jahr weit hinter den Erwartungen zurück bleiben wird, ist ein Streit um die Folgen für den Konsolidierungsweg der Bundesregierung entbrannt.

Berlin (Tsp/rtr). Wenige Tage nach der Offenbarung von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD), dass die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland in diesem und im kommenden Jahr weit hinter den Erwartungen zurück bleiben wird, ist ein Streit um die Folgen für den Konsolidierungsweg der Bundesregierung entbrannt. In ihrem Herbstgutachten wollen die sechs führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute die Bundesregierung zur Abkehr vom gegenwärtigen Konsolidierungskurs auffordern. Eine Mehrheit der Institute schlage angesichts der Konjunkturschwäche vor, die nächsten Schritte der Steuerreform auf Anfang 2002 vorzuziehen, hieß es. Lücken im Bundeshaushalt infolge der Konjunkturflaute solle Finanzminister Hans Eichel (SPD) durch neue Schulden finanzieren. Auch Grünen-Fraktionschef Rezzo Schlauch schloss eine vorübergehende Erhöhung des Haushaltsdefizits nicht aus. Das Finanzministerium wies die Forderungen am Samstag zurück. Die Institute legen ihr Gutachten am Dienstag vor.

Wie "Der Spiegel" berichtet, spricht sich die Mehrheit der führenden sechs Institute erstmals dafür aus, der Konjunkturschwäche mit konjunkturpolitischen Maßnahmen entgegenzuwirken. Zusätzliche Sparmaßnahmen würden den Abschwung nur beschleunigen. Es werde deshalb dafür plädiert, die Haushaltskonsolidierung um zwei Jahre zu verschieben. Nur das Kieler Institut für Weltwirtschaft habe sich dieser Empfehlung nicht angeschlossen.

Die Regierung hat die nächsten Steuerreform-Stufen für 2003 und 2005 eingeplant. Eichel hatte am Freitagabend in der ARD Forderungen nach Konjunkturprogrammen, einem Vorziehen von Steuerentlastungen und einer Aussetzung der nächsten Stufe der Ökosteuer-Erhöhung eine Absage erteilt. Er äußerte die Erwartung, dass Deutschland die konjunkturelle Talsohle in diesem Winter durchschreiten werde. Erneut lehnte er eine Abkehr vom Konsolidierungskurs der Regierung ab: "Durch eigene Entscheidungen in höhere Schulden auszuweichen, das tun wir nicht." Eichel hatte am Donnerstag die Wachstumserwartungen für 2001 auf 0,75 Prozent und für 2002 auf zwischen einem und 1,5 Prozent nach unten revidiert.

Grünen-Fraktionschef Schlauch schlug ein europaweites Investitionsprogramm vor, um die Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur auszubauen. "Bei aller Notwendigkeit zur Konsolidierung halte ich es für denkbar, dass solche Maßnahmen das Haushaltsdefizit vorübergehend erhöhen", sagte er dem "Spiegel". Zwar dürfe die Koalition ihr Ziel, im Jahr 2006 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen, nicht aus den Augen verlieren. "Wir dürfen es aber auch nicht wie eine Monstranz vor uns her tragen."

Das Bundesarbeitsministerium trat Berichten entgegen, wonach die Regierung die Arbeitslosenzahl im Jahresdurchschnitt 2002 auf rund 3,8 Millionen schätzt. Ministeriumssprecher Klaus Vater sagte, er könne die Zahl nicht bestätigen. "Entscheidend wird sein, was in der zweiten Wochenhälfte an Fakten vorliegt." Die Regierung war bereits von ihrer Erwartung von 3,5 Millionen Arbeitslosen im Wahljahr 2002 abgerückt.

Frankreich erwartet indes in diesem Jahr keine Abschwächung des Wachstums. Das Wachstum 2001 dürfte über zwei Prozent liegen, sagte Wirtschafts- und Finanzminister Laurent Fabius. Das für das kommende Jahr anvisierte Ziel von 2,5 Prozent Wachstum sei zwar sehr ehrgeizig, "doch die Fundamentaldaten unserer Wirtschaft sind gut", sagte der Minister.

Berlin (Tsp, rtr).

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