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Wirtschaft: Wie sie sich finden

In Deutschland gibt es 7,5 Millionen Singles – Tendenz steigend. Partneragenturen sind gefragt wie noch nie

Wer es ganz eilig hat, der gibt sich für die Partnersuche sieben Minuten. Speeddating heißt das Kennenlernen im Eilzugtempo, das Konzept kommt aus den USA und ist dort schon seit mehreren Jahren ein Riesenerfolg. Speeddating ist wie Reise nach Jerusalem mit Stoppuhr: Sieben Männer und Frauen sitzen sich gegenüber, nach sieben Minuten rutschen die Männer einen Stuhl weiter – neue Runde, neues Glück. Wer gefällt, kommt in die nächste Runde, wer floppt, fliegt raus

Speeddating, Blind Date, Seitensprung-Agenturen, Fisch-sucht-Fahrrad-Parties, Singlebörsen – wer mit dem Frühling aufblüht und einen Partner sucht, ob für eine kleine Romanze oder für immer, und zu schüchtern, zu träge oder schlicht zu überarbeitet ist, um im Café oder Supermarkt anzubändeln, findet so viele Angebote wie noch nie. Zu den traditionellen Vermittlern à la „Claudia Püschel-Knies“ und „Christa Appelt“, die seit Jahrzehnten vornehmlich Grafen, Bankdirektoren und Zahnärztinnen mit Hilfe überregionaler Zeitungen miteinander verkuppeln, gesellen sich immer mehr Internet-Anbieter, die aus der Partnersuche ein Event unter vielen machen – und noch dazu deutlich billiger sind als die Klassiker. Der Markt für solche Angebote wächst mit der Zahl der Singles: Allein in Deutschland leben 7,5 Millionen Menschen allein. Was die Partnervermittler mit ihnen umsetzen, behalten sie allerdings lieber für sich.

Jörg Bürmann ist Gesellschafter bei Speeddating (www.speeddating.de, 29 bis 35 Euro). Der Göttinger Veranstalter will in vier Wochen auch online gehen. „Natürlich kann ich nicht in sieben Minuten entscheiden, ob ich den Partner meines Lebens gefunden habe“, sagt Bürmann, „aber zum Beschnuppern reicht es.“ Bürmann und seine regionalen Partner überlassen nichts dem Zufall. Die Speeddater werden nach Alter und Vorlieben vorsortiert, bevor sie in den Wettbewerb gehen. „Wir wollen nicht Schicksal spielen“, sagt Bürmann, „aber einen Punk und einen Wallstreet-Broker würden wir nicht an einen Tisch setzen.“

Das würde auch André Bleister nicht tun. Der Berliner Unternehmer organisiert „Blind Date Cooking“ (www.blind-date-dinner.de, 55 Euro), einen Kochkurs für Singles. Dabei können die Männer und Frauen einen Abend lang in einem Hinterhofloft in Mitte nicht nur lernen, wie man indisches Tandoorihühnchen an Blattsalat zubereitet, sondern im Nebel exotischer Düfte zudem verstohlen die Kandidaten sichten. Ein Profikoch wacht über den Erfolg. Wer es lieber sportlich mag, kann den Kochlöffel gegen einen Golfschläger tauschen und ein „Blind-Date-Golf“ buchen (50 Euro). Bei Gefallen gibt’s nach dem Schweißvergießen eine Telefonnummer.

Männer haben größere Erwartungen

Organisator Bleister ist vor allem wichtig, dass „alle locker bleiben“. Eine Erfolgsgarantie gibt es für Teilnehmer bei ihm nicht. „Die Chance, über eine Partnerschaftsvermittlung jemanden kennen zu lernen, ist größer“, gibt Bleister zu, „dafür sind sie aber auch teurer.“ Blind-Date will dagegen nur eine „Plattform zum Kennenlernen“ sein. Auch wenn das nicht alle gleich verstehen. „Bei den Männern“, hat Bleister beobachtet, „ist die Erwartungshaltung größer als bei Frauen.“

Auch den schwierigen Fällen, denen schon beim bloßen Gedanken ans „Lockerbleiben“ die Hände feucht werden, kann geholfen werden – mit einem Flirtkurs. „Wir gehen Ängsten auf den Grund, untersuchen die Körpersprache und machen Rollenspiele“, sagt Sylvia Beck, Inhaberin einer Flirtschule in Berlin (030/34709639, 250 Euro). Es sind vor allem die aktiven, gut verdienenden Sprösslinge der Spaßgesellschaft, die in Speed- und Blind-Date-Cooking eine echte Alternative zur Party entdeckt haben. Urban, 25- bis 40-Jahre alt, akademisch gebildet. Zu den rund 300 traditionellen Partnervermittlern, die beim Gesamtverband der Ehe- und Partnervermittlungen (GDE) gemeldet sind, gehen dagegen vor allem Singles, die auf der Suche nach einer sehr traditonellen Partnerschaft sind. Zwischen 1000 und 3000 Euro müsse man dafür schon anlegen, heißt es beim GDE, bei Anzeigen in überregionalen Zeitungen bis zu 15 000 Euro. Einfacher wird es dadurch nicht: „Es kann sein, dass schon der erste Kontakt zum Erfolg führt, es kann aber auch sein, dass es mehrere Monate dauert“, sagt Martina Resch, die die Agentur „Partner for You“ in Berlin leitet.

Profi-Kuppler müssen nicht befürchten, dass ihnen die Arbeit ausgeht. Die liberale, westliche Lebensweise ist ihr zuverlässigster Geschäftspartner. „Die Vorstellungen von Partnerschaft haben sich in den letzten Jahrzehnten verändert“, sagt der Hamburger Paartherapeut Friedhelm Schwiderski. „Die Ansprüche an eine Beziehung werden immer höher, die Schwelle, aus einer Beziehung herauszugehen, immer niedriger.“ Folge ist ein wachsendes Heer von Singles. Beste Aussichten für Anbieter wie Parship: Vor einem halben Jahr hatte die virtuelle Partner-Agentur rund 450 000 Mitglieder. Heute sind es über 600 000.

Maren Peters

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