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Wirtschaft: Wie Wehrmachtsoffiziere in Hollywood

Deutsche Firmen in den USA haben bei der Image-Pflege noch erheblichen NachholbedarfVON WALTER PFAEFFLE, NEW YORKVolkswagen hatte Anfang der 80er Jahre eine Idee.Warum nicht den sinkenden Absatz mit einer schlagkräftigen deutschen Vokabel anfeuern, fragte der damalige Vorstandsvorsitzende Carl Hahn.

Deutsche Firmen in den USA haben bei der Image-Pflege noch erheblichen NachholbedarfVON WALTER PFAEFFLE, NEW YORK

Volkswagen hatte Anfang der 80er Jahre eine Idee.Warum nicht den sinkenden Absatz mit einer schlagkräftigen deutschen Vokabel anfeuern, fragte der damalige Vorstandsvorsitzende Carl Hahn.Herhalten mußte das Adjektiv "Ausgezeichnet" - für Qualität und Zuverlässigkeit.Hahn hoffte, das Wort würde den Amerikanern bald wie "Kindergarten" oder "Kitsch" über die Lippen gleiten - beide Wörter sind seit dem letzten Jahrhundert Teil des amerikanischen Sprachgebrauchs.Für kurze Zeit flitzten VW-Jettas und "Rabbits" mit "Ausgezeichnet"-Aufklebern über US-Highways.Dennoch sackten die Verkäufe ab, und VW stellte die Werbekampagne stillschweigend ein. Eine folgenschwere Panne erlitt Ende des letzten Jahrzehnts die VW-Tochter Audi.Sie wird heute noch in PR-Lehrkursen als Fallbeispiel herangezogen, wie man es nicht machen darf.Eine Frau verklagte den Ingolstädter Autobauer auf Totschlag.Ihr Audi 5000 habe sich vor der Garagentür von selbst beschleunigt und ihren Sohn überfahren.Ein ehrgeiziger New Yorker Staatsanwalt brachte Audi vor den Kadi.Danach griff das Fernsehmagazin "60 Minutes" den Fall auf, und Audi war in Amerika für ein paar Jahre erledigt.Der Absatz des Autos schrumpfte um mehr als die Hälfte.Enthüllt wurde im Grunde nichts, technische Fehler am Fahrzeug wurden nicht gefunden. Die Audi-Bosse zogen sich aus einem anderen Grund eine schlechtes Image zu: Sie machten die Mutter verantwortlich für den Tod ihres Kindes; sie habe versehentlich auf das Gaspedal getreten statt auf die Bremse.Audis Verteidung wurde aber so aufgefaßt: Ihr Amerikaner seid zu dumm, um mit einem richtigen Auto umzugehen. Beide Beispiele zeigen nach Meinung amerikanischer Kommunikationsprofis, was passieren kann, wenn deutsche Unternehmen ihre Selbstdarstellung auf dem US-Markt falsch anpacken.Die Deutschen erweckten den Anschein der Arroganz - wie Wehrmachtsoffiziere in alten Hollywood-Filmen.Eine ähnliche Erfahrung mußte vor etlichen Jahren die BASF machen.Der Chemieriese war in South Carolina wegen Umweltverschmutzung angegriffen worden.Die Ludwigshafener befanden sich im Unrecht, verstanden es aber nicht, dem Problem mit der richtigen PR beizukommen.Sofort spielte in Magazinberichten die nationale Herkunft eine Rolle.Wegen seines Aussehens - blond, blauäugig, zwei Meter groß - und seines deutschen Akzents wurde der damalige PR-Chef, Dietrich Rogala, als deutscher Panzer-Kommandant porträtiert. Volkswagen hat von den beiden Pannen gelernt.Die VW-Modelle Jetta und Golf verkaufen sich besser als je zuvor, und Audis Umsatz nimmt stetig zu.Der Grund ist, daß die Wolfsburger bessere Autos anbieten und ihre lokale Mentalität abgeschüttelt haben.Hahns einstige Behauptung, ein in Europa erfolgreiches Auto müsse auch bei den Amerikanern ankommen, gilt nicht mehr. Die Deutsch-Amerikanische Handelskammer hat jetzt eine Studie herausgebracht, die unerfahrenen Unternehmen dabei helfen soll, ihre für Kommunikationszwecke bereitgestellten Mittel in den USA wirksam einzusetzen.Die Großunternehmen tun das bereits.Der Autor der Studie, Kommunikationsexperte Daniel Mahler, gibt etlichen Unternehmen gute Noten.Er hebt BMW hervor, die im Staat South Carolina, wo die Münchner seit vorigem Jahr produzieren, "hervorragende Nachbarschaftskommunikation" betrieben, Kirchen, Schulen und Museen finanziell unterstützten und als Sponsoren kultureller Veranstaltungen aufträten.Mercedes-Benz verfolge in Alamaba ähnliche Strategien. Dennoch, so Mahler, bestehe weiterhin ein "unglaublicher Handlungsbedarf" in der Selbstdarstellung deutscher Unternehmen.Das hat Auswirkungen auf die öffentliche Meinung, sprich: Deutsche Unternehmen haben in den USA eine schlechte Presse.Eine Umfrage unter 200 amerikanischen Top-Entscheidern ergab zudem, daß die Deutschen sich frühere Vorteile wie Produktqualität und Effizienz längst mit Japanern teilen müssen.Das "made in Germany" zieht nicht mehr so wie einst; bei Werten wie Innovations- und Risikobereitschaft, Kundendienst und Umweltbewußtsein hinken die Deutschen - zumindest in den Augen der Öffentlichkeit - weit hinter den Amerikanern her.Und die Japaner sind der Studie zufolge erfolgreicher beim Kopieren der Stärken amerikanischer Unternehmen. Hat die deutsche Vergangenheit einen image-schädigenden Einfluß? Robert L.Dilenschneider, Chef der gleichnamigen Agentur für strategische Kommunikation, glaubt das nicht.Bei hochwertigen Produkten mache das "made in Germany" immer noch Sinn."Die Amerikaner wissen, daß Deutschland eine starke Wirtschaft hat, daß deutsche Effizienz und Qualitätsarbeit zu den besten der Welt gehören", sagt Dilenschneider.Wichtiger sei aber, daß sich deutsche Unternehmen als "global players" in Konkurrenz mit den Besten verstehen und ihre Kommunikationsstrategien darauf ausrichten.Das sei allein schon deshalb von Bedeutung, weil immer mehr deutsche Unternehmen den US-Kapitalmarkt anzapfen wollten.Der hohe Aktienwert von Procter & Gamble etwa sei ein Produkt der Kommunikation, glaubt Dilenschneider.Was die Identität angeht, erteilt Projektleiter Mahler den Ratschlag: Seid so international wie möglich und so deutsch wie nötig.

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