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© Imago

Willibald Cernko, Hypo-Vereinsbank: "Die Banker sollten leiser treten"

Hypo-Vereinsbank-Vorstand Willibald Cernko über neue Geschäfte und das schlechte Image der Branche

Herr Cernko, für viele Banken ist das Jahr 2009 gut angelaufen. Deutsche-Bank-Chef Ackermann sieht schon wieder 25-Prozent-Renditen in Reichweite. Sind Sie ähnlich optimistisch?



Wir haben 2008 im Privat- und Geschäftskundenbereich ein solides positives Ergebnis erzielt. Wir haben unsere Kapitalkosten verdient und Mehrwert für die Gruppe geschaffen. Für die Zukunft bin ich dennoch vorsichtig. Ich erwarte für die nächsten drei bis fünf Jahre eine deutliche Zurückhaltung der Kunden und eine reduzierte Möglichkeit der Banken, an die Ergebnisse der letzten Jahre anschließen zu können.

Warum?

Die Kunden, egal ob vermögend oder weniger vermögend, sind sehr vorsichtig geworden. Das heißt, wir werden uns im Privatkundengeschäft überwiegend mit den Basisprodukten beschäftigen, zum Beispiel mit einfachen Sparprodukten oder Festgeld. Es wird eine sehr überschaubare Produktpalette sein, die der Kunde nachfragt. Gleichzeitig müssen wir in diesen Bereichen mit einem enormen Druck auf die Margen umgehen. Wir brauchen für ein rentables Privatkundengeschäft also eine hohe Kosteneffizienz.

Was bedeutet das konkret?

Das bedeutet ein effizientes Filialnetzwerk mit persönlicher Beratung einerseits und ein umfangreicheres Angebot von Internet und Selbstbedienungsmöglichkeiten andererseits. Wir gehen davon aus, dass sich die Nachfrage nach 24-Stunden-Services für die einfachen Dienstleistungen wie Einzahlungen oder Überweisungen weiter erhöhen wird – ob von zu Hause aus oder in der Filiale. Gleichzeitig bauen wir die Beratungsleistungen aus, indem wir die Kundenberater von diesen Abwicklungsleistungen entlasten und Beratungszeiten verlängern.

Es wird keine Filialschließungen geben?

Wir bekennen uns zu unserem Filialnetz. Es wird sich keine Bank leisten können, sich aus der Breite des Privatkundengeschäfts zurückzuziehen. Ganz im Gegenteil, für spezielle Zielgruppen eröffnen wir sogar neue Standorte. In Berlin haben wir gerade eine neue Niederlassung mit 20 Spezialisten für unsere Heilberufe-Kunden wie Ärzte oder Apotheker eröffnet. In Kreuzberg werden wir in Zusammenarbeit mit unserer türkischen Schwesterbank Yapi Kredi, die auch zum Unicredit-Konzern gehört, eine eigene Filiale für türkischstämmige Kunden eröffnen. Generell bleibt die Filiale Dreh- und Angelpunkt unseres Geschäfts. Die Kunden werden in unseren Filialen aber auch ein künftig noch größeres und moderneres SB-Angebot vorfinden.

Haben mit der Automatisierung nicht gerade ältere Kunden Probleme?

Wer Unterstützung braucht, dem werden wir immer helfen. Es geht ja nicht darum, zu 100 Prozent auf Selbstbedienung umzuschalten, aber beim Geldauszahlen laufen schon weit über 90 Prozent über den Automaten. Und auch bei Einzahlungen wünschen unsere Kunden SB-Services unabhängig von Filial-Öffnungszeiten.

Obwohl die EZB die Zinsen auf ein historisches Tief gesenkt hat, verlangen die Banken noch hohe Kreditzinsen, zum Beispiel für Dispokredite. Warum geben sie die Zinssenkungen nicht weiter?

Das kann ich für unser Haus nicht bestätigen: Bei uns sinken zum Beispiel die Zinsen für Dispokredite seit Anfang des Jahres kontinuierlich in großen Zinsschritten. Auch die Baufinanzierungskonditionen sind nach wie vor auf einem sehr niedrigen Niveau. Und das, obwohl generell die Einstandspreise für die Ware Geld wesentlich gestiegen sind. Es gibt am Geldmarkt für die Kreditinstitute nichts mehr ohne Risikoaufschläge. Im Schnitt zahlen die Banken für eine mittelfristige Finanzierung am Kapitalmarkt eine um rund 1,5 Prozent höhere Risikoprämie als noch vor der Krise. Da ist der Spielraum für Zinssenkungen geringer.

Halten Sie es für richtig, wenn Banken, die Staatshilfe bekommen, trotzdem Millionen-Boni zahlen?

Wir gehören zu einer Branche, in der man gerade in der jetzigen Zeit mit Fingerspitzengefühl agieren sollte. Ich möchte mich nicht zu Entscheidungen anderer Häuser äußern. Ich kann Ihnen aber versichern, dass wir in unserem Unternehmen eine andere Kultur pflegen.

Es geht aber um den Ruf der gesamten Branche, um das Vertrauen der Kunden.

Selbstverständlich. Deshalb sollten Banker ein bisschen leiser treten und sich mehr um die Basis kümmern, also zum Beispiel um die Kundenzufriedenheit. Denn die Beziehungsebene zwischen Kunden und Banken ist für uns das entscheidende Erfolgskriterium. Deshalb müssen wir in die Wiederherstellung des Vertrauens investieren. Bei uns macht sich das Vertrauen der Kunden auch auf dem Gehaltszettel bemerkbar.

Wie sieht das aus?

Wir messen regelmäßig, wie zufrieden unsere Kunden mit ihrer Beratung sind, machen Testkäufe, und diese Ergebnisse fließen in die Höhe des Bonus für alle Mitarbeiter ein. Ein kurzfristiger Vertriebserfolg bringt den Mitarbeitern also nichts.

Das Interview führten Stefan Kaiser und Maren Peters

DER BANKER

Willibald Cernko, Jahrgang 1956, ist im Vorstand der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank (HVB) für die Privat- und Geschäftskunden verantwortlich. Bevor er 2006 zur HVB kam, war der Österreicher Vorstandsmitglied der Bank Austria Creditanstalt.

DIE BANK

Die HVB gehört seit 2005 zur italienischen Unicredit und damit zur zweitgrößten Bank Europas. Während die HVB die Finanzkrise bislang einigermaßen glimpflich überstanden hat, ist die ausgelagerte Hypo Real Estate Holding (HRE) tief betroffen.

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