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Windparks: Bauboom auf hoher See

Immer mehr Länder wollen Windparks haben. Beim Bau von Offshore-Anlagen aber liegt ausgerechnet der langjährige Windenergie-Weltmeister Deutschland deutlich hinter den Vorreitern Dänemark und Großbritannien zurück.

Zur Eröffnung reiste der Kronprinz mit dem Helikopter an: 30 Kilometer vor der dänischen Küste, auf einer Plattform mitten in der Nordsee, eröffnete Frederik von Dänemark in der vergangenen Woche Horns Rev 2, den größten Offshore-Windpark der Welt. 91 Windkraftanlagen, die man von Land aus nur bei bestem Wetter erspähen kann, sollen 200 000 Haushalte mit sauberem Strom versorgen und zwei Prozent des dänischen Stromverbrauchs decken. Für den dänischen Energiekonzern Dong Energy ist Horns Rev 2 ein Prestige-Projekt, für die Offshore-Industrie insgesamt ein wichtiger Meilenstein. Denn die Anlage beweist, dass Offshore-Windkraft auch in großem Stil weit vor der Küste bei Wassertiefen von bis zu 17 Metern funktioniert – und dank der stetigen Meeresbrise besonders viel Strom liefert.

„Offshore boomt“, sagt David Gault von der Energieberatungsfirma ODS-Petrodata, deren jüngste Studie zum Offshore-Markt für das Jahr 2020 eine weltweite Kapazität von 55 Gigawatt vorhersagt (2008: 1,5 Gigawatt). Dutzende Großprojekte stehen kurz vor dem ersten Spatenstich. Davon profitieren auch deutsche Firmen. Die Fundamente für die Windräder von Horns Rev 2 hat der Baukonzern Bilfinger Berger ins Sandriff gesetzt. Die Turbinen hat Siemens gefertigt, die Münchener sind Weltmarktführer in der Offshore-Windkraft. Allein mit Dong Energy hat Siemens die Lieferung von bis zu 500 Windenergieanlagen für künftige Offshore-Projekte vereinbart.

Beim Bau von Meeres-Windparks aber liegt ausgerechnet der langjährige Windenergie-Weltmeister Deutschland deutlich hinter den Vorreitern Dänemark und Großbritannien zurück. Nur eine erste Anlage zu Testzwecken gibt es, und die ist noch nicht einmal fertig. Doch laut Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie sind 25 weitere Projekte mit insgesamt 1800 Windrädern bereits genehmigt, 55 weitere Genehmigungen werden geprüft. „Deutschland kann mit Abstand der größte Markt für Offshore-Windparks in Europa werden“, sagt Energieexperte David Gault. Laut Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee sollen Offshore-Windparks in Deutschland 30 000 neue Arbeitsplätze schaffen und zwölf Millionen Haushalte mit Strom versorgen. Ein neuer Raumordnungsplan für die Nordsee, den das Bundeskabinett vergangene Woche verabschiedet hat, soll Offshore-Bauprojekte vereinfachen.

In der deutschen Windenergie-Branche weckt der Offshore-Boom nicht nur Begeisterung. Schließlich könnten die Megaprojekte im Meer, die vor allem von den großen Energiekonzernen finanziert werden, die Windkraft auf dem Festland in den Schatten stellen. Deren Potenzial sei noch bei weitem nicht ausgeschöpft, sagt Branchensprecher Ulf Gerder. „Es ist ein Irrtum, dass an Land nichts mehr geht und wir darum offshore gehen müssen.“

Für die vom Werftensterben gebeutelte Nord- und Ostseeküste ist die Offshore-Windenergie jedenfalls zur neuen Hoffnungsbranche geworden. Nicht nur Windturbinen, sondern auch Spezialschiffe, Plattformen und Stromverbindungen müssen gebaut, installiert und gewartet werden. „Dort wächst eine neue Industrie heran“, sagt Ulf Gerder. Das Emdener Windenergie-Unternehmen Bard zum Beispiel ist seit 2003 von einem Acht-Mann-Betrieb zum Großunternehmen mit über 1000 Mitarbeitern hochgeschossen. Ab Mitte Oktober will Bard die ersten Fundamente für einen 400-Megawatt-Windpark 100 Kilometer nordwestlich von Borkum in die Nordsee setzen. Wenn die ersten Projekte hierzulande gelingen, könnte Offshore ein gefragter Exportartikel werden. Vorausgesetzt, es finden sich auch in Zukunft Investoren.

Andreas Menn

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