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Wirtschaft: Winterliche Pflichten

Mit dem Wintereinbruch kommen auf viele Menschen auch wieder Räum- und Streupflichten zu.Denn entgegen einer weit verbreiteten Meinung sind keineswegs immer die Bewohner der Erdgeschosse verpflichtet, für sichere Bürgersteige zu sorgen.

Mit dem Wintereinbruch kommen auf viele Menschen auch wieder Räum- und Streupflichten zu.Denn entgegen einer weit verbreiteten Meinung sind keineswegs immer die Bewohner der Erdgeschosse verpflichtet, für sichere Bürgersteige zu sorgen.Die Rechtslage ist wesentlich komplizierter.Grundsätzlich ist zwar für öffentliche Bürgersteige und Straßen die Stadt Berlin zuständig.Diese hat ihre Räum- und Streupflicht für Gehwege aber per Gesetz auf die jeweiligen Gebäudeeigentümer übertragen.Diese wiederum wälzen den lästigen Winterdienst in aller Regel auf ihre Mieter ab.Dies ist aber nur durch eine ausdrückliche Regelung im Mietvertrag möglich.So reicht es nach einem Urteil des Landesgerichtes Stuttgart (Az: 5 S 210/87) nicht, wenn im Mietvertrag lediglich steht, daß die Mieter alle behördlichen und polizeilichen Auflagen zu beachten haben.Erforderlich ist, daß die Räum- und Streupflicht ausdrücklich erwähnt ist und sich zudem aus der Regelung ergibt, welche Mietpartei dafür zuständig ist.Es reicht allerdings, wenn dies in der Hausordnung steht und darauf im Mietvertrag ausdrücklich verwiesen wird.

Aber selbst dann ist der Gebäudeeigentümer keinesfalls immer außen vor.Er muß nämlich kontrollieren, ob die Mieter die ihnen übertragene Pflicht auch ordnungsgemäß erfüllen und sie gegebenenfalls dazu auffordern (Oberlandesgericht Köln, Az.: 19 U 37/95).Auch Wohnungseigentümer dürfen sich nicht damit begnügen, mit der Räumpflicht einfach den Verwalter zu beauftragen, sondern müssen überwachen, ob dieser seine Arbeit wirklich macht.Vernachlässigen die Eigentümer ihre Kontrollpflicht, haften sie gemeinsam mit dem Verwalter oder den Mietern.Zudem können die Behörden Bußgelder bis zu 1000 DM verhängen, wenn Anlieger gar nicht oder ungenügend streuen und räumen.Was alles getan werden muß, um Strafen und Unfälle zu verhindern, ist gesetzlich festgelegt und durch zahlreiche Urteile konkretisiert.Nach der in Berlin gültigen Regelung muß sofort nach dem Ende des Schneefalls mit dem Räumen begonnen werden.Nach 20 Uhr braucht allerdings niemand mehr den Gehweg zu fegen.Bei Frost und Schnee in der Nacht heißt es aber früh aufstehen.Werktags muß der Bürgersteig bis 7 Uhr, an Sonn- und Feiertagen bis 9 Uhr geräumt und gestreut sein.Dies gilt auch für den Weg zu den Mülltonnen oder den Parkplätzen der Mieter, so ein Urteil des Amtsgerichtes Berlin-Charlottenburg (Az: 207 C 516/86).Allerdings muß nicht die gesamte begehbare Fläche eines Weges geräumt werden.Es reicht aus, wenn zwei Passanten sicher aneinander vorbeigehen können.Wichtig ist allerdings, daß der Bürgersteig nicht nur schneefrei ist, sondern auch eine darunter befindliche Eisfläche durch Granulat oder Sand abgestumpft wird.

Nur bei extremen Witterungsverhältnissen lassen die Gerichte Ausnahmen zu, zum Beispiel wenn aufgrund andauernden starken Schneefalls und ständiger überfrierender Nässe alle Maßnahmen zumindest vorübergehend sinnlos sind (Kammergericht Berlin, Az: 9 U 2799/89).Sonst ist die Justiz mit Ausnahmen sehr zurückhaltend.Auch Berufstätige sind grundsätzlich verpflichtet, die Bürgersteige tagsüber begehbar zu halten.Wer keine Vertretung organisieren kann, muß jemanden mit den Arbeiten beauftragen.Dies gilt auch, wenn ein Räumpflichtiger in Urlaub fährt oder auch nur einen Wochenendausflug macht.Selbst kranke oder alte Menschen sind keineswegs automatisch vom Streudienst befreit.Einige Gerichte sind allerdings der Ansicht, daß bei dauerhafter Gebrechlichkeit des Mieters die Räumpflicht an den Hauseigentümer zurückfällt (unter anderem: Landgericht Hamburg, Az: 16 S 87/88).Darauf sollte sich aber niemand verlassen, denn nach einem Urteil des Landgerichtes Kassel (Az: 1 S 885/89) bleibt der Mieter in der Pflicht und muß notfalls eine Ersatzkraft besorgen oder bezahlen.Unabhängig davon ist jedoch sinnvoll, daß Mieter eine private Haftpflichtversicherung abschließen, die für den Fall der Fälle vor Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen schützt.

JULIA VON HERSCHBERG

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