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Wirtschaft: Winterschlaf der Verwöhnten

BASF-Vorstand Kreimeyer über die Wirtschaftsmacht China

Herr Kreimeyer, die BASF investiert derzeit knapp drei Milliarden Euro in den Bau eines riesigen neuen ChemieStandortes in China. Was macht Sie so sicher, dass sich die Investition dort lohnt?

China ist heute der drittgrößte und der am schnellsten wachsende Chemiemarkt der Welt. Bis 2015 rechnen wir mit einem jährlichen Wachstum von sechs bis sieben Prozent. Damit wird China bis 2010 Japan, den bisher größten Chemiemarkt in Asien, ablösen und nach den USA der zweitgrößte nationale Chemiemarkt der Welt sein. Deshalb ist China für ein global operierendes Unternehmen wie die BASF ein sehr attraktiver Markt mit hohem Zukunftspotenzial.

Was macht den chinesischen Markt für deutsche Unternehmen so interessant?

Die chinesische Volkswirtschaft ist heute die sechstgrößte und wird in einem Jahrzehnt vermutlich die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt sein. Nach Kaufkraft gerechnet, ist China mit seinen fast 1,3 Milliarden Menschen sogar heute schon die zweitgrößte Wirtschaftsnation nach den USA.

Bei vielen kommt aber nur eins an: Deutsche Arbeitsplätze werden nach China verlagert. Haben auch Beschäftigte in Deutschland Vorteile von den Investitionen?

Asien ist heute der Wachstumsmotor der Weltwirtschaft – das gilt insbesondere für die Chemiebranche. Aber auch mit dem Aufbau der lokalen Chemieproduktion bleibt China ein Nettoimporteur von Chemikalien. Das Land importiert heute Chemieprodukte im Wert von 30 Milliarden Euro aus der gesamten Welt, auch aus Deutschland. Die BASF alleine exportiert Güter im Wert von über 500 Millionen Euro aus Europa nach China. Das stützt die Industrie hier in Europa und sichert Arbeitsplätze.

Wesentliche Erleichterungen für ausländische Unternehmen sollte es mit dem Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation WTO geben. Haben sich die Hoffnungen erfüllt?

Die Mitgliedschaft in der WTO gibt China einen festen Fahrplan für die weitere Marktöffnung und verbessert für Investoren die Rahmenbedingungen wie Planbarkeit und Berechenbarkeit. Der Marktzugang wurde einfacher, die Zölle für Chemieprodukte sind deutlich gesunken, Gesetze zum Schutz des geistigen Eigentums sind erlassen worden, die behördlichen Prozesse wurden transparenter. Es gibt aber noch Verbesserungspotenzial, etwa bei der Umsetzung der Rechte zum Schutz geistigen Eigentums.

Wie verlässlich ist die chinesische Politik?

In den zurückliegenden Jahren haben wir mit unseren Partnern in der chinesischen Politik und Wirtschaft ein sehr vertrauensvolles Verhältnis aufgebaut. Wir haben aber auch gelernt, dass man manchmal etwas mehr Geduld haben muss.

Wann wird China Deutschland als Wirtschaftsmacht in den Schatten stellen?

Es ist es nur eine Frage der Zeit, bis die chinesische Volkswirtschaft die deutsche Volkswirtschaft, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, eingeholt hat. Aber auch, wenn Chinas Wirtschaft in einigen Jahren größer sein wird als die von Deutschland, wird unser Land im internationalen Wettbewerb nach wie vor eine wichtige Rolle spielen können. Dazu brauchen wir aber internationale Wettbewerbsfähigkeit und ein günstigeres Forschungs- und Innovationsklima. Nur damit können wir in Deutschland unseren Know-how-Vorsprung behaupten. Ansonsten wachen wir eines Tages aus unserem Winterschlaf der Verwöhnten auf und China ist nicht nur die verlängerte Werkbank der Welt, sondern auch – zumindest für Europa – zur Innovationsschmiede geworden.

Die Fragen stellte Maren Peters.

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