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In den Potsdamer Bahnhofspassagen gibt es Winterware zum Schnäppchen-Preis.

© Andreas Klaer

Winterschlussverkauf: Schuhe kauft man donnerstags

Den Winterschlussverkauf gibt es offiziell nicht mehr, Rabatte winken das ganze Jahr über. Mit ein paar Tricks lässt sich der Überblick behalten.

Am letzten Montag im Januar hätte er starten und zwei Wochen später wieder enden sollen: der Winterschlussverkauf. Ein Spaziergang durch Deutschlands Einkaufsstraßen, die sich vor roten Rabatt-Plakatierungen kaum retten können, lässt meinen, es gäbe ihn noch immer. Dabei gehören Winter- und Sommerschlussverkauf – zumindest auf dem Papier – der Vergangenheit an.

Schluss mit dem Schlussverkauf

Fast 13 Jahre ist es her, dass das „Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“ in Kraft trat und Sommer- wie Winterschlussverkauf offiziell abschaffte. Seitdem ist es Einzelhändlern freigestellt, wann und wie oft sie ihr Schaufenster mit Prozent-Schildern schmücken. Die Preisschlacht gilt seitdem das ganze Jahr über, auch wenn den Kunden die Kürzel „WSV“ und „SSV“ noch immer begegnen.

Während die Schlussverkäufe einst als Lösung für den Textilhandel gedacht waren, die Verkaufsflächen von übrig gebliebener Winterkleidung zu befreien, nutzen ihn Anbieter von Elektronikprodukten, Einrichtungsmärkte und Lebensmittelhändler heute, um Kunden zu gewinnen. Mit Erfolg: Im Kopf des Konsumenten sind „WSV“ und „SSV“ fest verankerte Begriffe. Das Geld scheint plötzlich lockerer zu sitzen, denn an die festen Termine hat sich der Verbraucher gewöhnt.

Der beste Sparmonat

„Schnäppchenzeit ist immer“, sagt der Verbraucherschützer Georg Tryba. Das hätten jahrelange Stichproben und Preisvergleiche seiner Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ergeben. Trotzdem gilt der Januar als bester Monat. Der weihnachtliche Kaufrausch ist vorüber, und trotz der deutschen Konsumfreude bleiben viele Händler auf ihrer Ware sitzen. Neben übrig gebliebener Winterkleidung lassen sich klassische Weihnachtsgeschenke wie Krawatten, Socken, Bücher und CDs in den ersten beiden Monaten des Jahres zu Tiefpreisen ergattern. Die wenigsten Rabatte gibt es hingegen im Dezember. In beinahe allen Segmenten, mit Ausnahme der Elektronikbranche, die vor den Feiertagen gern mit profitablen Aktionen lockt, sind die Preise dann am höchsten.

Gartenmöbel im Winter kaufen

Kunden sollten sich generell an der Faustregel „antizyklisch kaufen“ orientieren. Artikel, die normalerweise erst im Sommer attraktiv sind, wie Fahrräder oder Sonnenschirme, bieten viele Händler jetzt günstig an. Das gilt ebenso für Gartenmöbel, die im Winter so wenig gebraucht werden wie Weihnachtsaccessoires im Januar. „Aber auch im Laufe des Jahres gibt es immer wieder Anlässe, reduzierte Preise anzubieten. Denn mit Speck fängt man Mäuse“, sagt Catherine Kunze, Pressesprecherin des Handelsunternehmens Butlers.

Bei elektronischen Produkten lohnt sich der Kauf außerdem, wenn die Hersteller neue Gerätegenerationen herausbringen, erklärte Falko Hansen vom Telekommunikationsportal „Teltarif“. Vorgängermodelle ließen sich dann sehr viel günstiger erwerben. Auf der Suche nach dem besten Preis sollten Kunden außerdem mindestens zwei Preissuchmaschinen verwenden. Die „beste Suchmaschine“ gibt es nicht, meinte Tryba. Die Wahl des richtigen Portals sei immer vom gesuchten Produkt abhängig.

Der Wochentag entscheidet

Dank des Smartphones genießen Verbraucher inzwischen volle Preistransparenz. Ein paar Klicks genügen – und die Preise der Konkurrenz sind ermittelt. Auch beliebt: die Online-Recherche vor dem stationären Einkauf. Diese Art des „crossmedialen“ Shoppings, bei dem der Kunde zur Recherche mehrere Kanäle nutzt, hat aber Folgen. Vor allem Online-Preise sind äußerst beweglich geworden. Der Handelsexperte Patrick Palombo, Gründer der Beratungsfirma Palombo-Consulting, spricht vom „Tankstellen-Modell“ des Einzelhandels. Nicht selten ändern sich die Preise für Elektronik, Hausgeräte und Modeartikel im Internet mehrmals täglich. Das stiftet auf den ersten Blick Verwirrung, kann vom Verbraucher aber auch genutzt werden. Nur wie?

Die Antwort darauf scheint Spottster gefunden zu haben. 2015 ermittelte der Preisbeobachtungsdienstleister im Rahmen einer Studie, welche Produkte an welchem Wochentag tendenziell günstig sind. Demnach lohne sich der Elektronikkauf vor allem mittwochs, der Schuhkauf am Donnerstag, und am Freitag seien Beauty-Produkte billiger als sonst. Am Wochenende dagegen sollte auf das Online-Shopping besser verzichtet werden, rät die Spottster-Gründerin Freya Oehle. Wenn die Konsumenten zu Hause sind und Zeit haben, steigen sämtliche Preise.

Mondpreise

In einigen Fällen, wie zum Beispiel dem Küchenkauf, wird man als Kunde mit zahlreichen vermeintlichen Rabatten überschüttet. „Brutal überkalkuliert“ nennt der Handelsexperte der Unternehmensberatung EY, Thomas Harms, die Möbelbranche. Auch die Wettbewerbszentrale hatte die Werbetricks angeprangert. Große Hersteller würden mit falschen ursprünglichen Preisempfehlungen oder gar Mondpreisen arbeiten. Innerhalb von drei Monaten stellte die Wettbewerbszentrale im vergangenen Jahr 266 Rechtsverstöße fest.

Um sich zu schützen, sollten Verbraucher Produkte wie Möbel, die sich nur schwer miteinander vergleichen lassen, zusätzlich überprüfen. Hinsichtlich Qualität und Material ließe sich zumindest ein bisschen besser ausmachen, ob die angegebene Unverbindliche Preisempfehlung (UVP) realistisch ist. Martin Fassnacht, Wirtschaftswissenschaftler an der WHU, bestätigt das. Wichtig sei vor allem ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Lassen Sie sich Zeit

Der Vorteil einer zeitlich unbegrenzten „Rabattschlacht“ der Einzelhändler für den Kunden liegt auf der Hand: Das ganze Jahr über winken kräftige Rabatte, denn der Händler wird nervös, sobald die Preise der Konkurrenz plötzlich fallen. Dieser Wettbewerbsdruck hat den deutschen Konsumenten zur Geduld erzogen.

Oftmals geht es immer noch ein bisschen billiger. Im internationalen Vergleich sind die Deutschen nicht nur die misstrauischste, sondern auch die illoyalste Nation beim Thema Shopping. Als Grund dafür nennt Christian Ziegfeld, Partner bei der Strategieberatung OC&C, die „Überbetonung des Themas Preis“, die hierzulande besonders ausgeprägt sei. Wird eine vermeintliche Lieblingsmarke plötzlich teurer, wird nicht weniger gekauft, sondern einfach der Anbieter gewechselt.

So viel Zeit wie der Kunde hat der Händler aber nicht, schon gar nicht der stationäre. Spätestens mit Beginn des freiwilligen Schlussverkaufs kann daher mit dem „Höhepunkt der Reduzierung“ gerechnet werden. Zwar reizen einige Händler ihren Schlussverkauf nach hinten etwas aus, sofern noch nicht die gesamte Winterware an den Mann gebracht werden konnte, doch zu lange können sie nicht ausharren. Die neue Kollektion muss ja in den Laden.

Mona Linke

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