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Wirtschaft: "Wir brauchen keine Mittelstandsbank"

Herr Rogowski, in diesem Jahr werden mehr Unternehmen Insolvenz anmelden, als je zuvor. Stirbt der Mittelstand aus?

Herr Rogowski, in diesem Jahr werden mehr Unternehmen Insolvenz anmelden, als je zuvor. Stirbt der Mittelstand aus?

Es stimmt, wir werden einen neuen Pleitenrekord haben. Wir werden auch noch die eine oder andere spektakuläre Insolvenz erleben. Dennoch wird der Mittelstand nicht aussterben. Die Zahl der Neugründungen steigt. Nach wie vor macht der Mittelstand mehr als neunzig Prozent der Unternehmen aus. Aber die Bedingungen werden immer schwieriger.

Haben die Banken daran Schuld?

Das hat konjunkturelle Gründe. Dennoch kann uns das nicht beruhigen. Denn die Zahl der Pleiten wird mit jedem Konjunkturzyklus größer. Und zum anderen ist die Eigenkapitalsituation völlig unzureichend. Wenn dann noch die Kredite, vor allem die langfristigen, immer teurer werden, wird es eng. Nach eigenen Angaben verdienen die Banken am Industriegeschäft im internationalen Vergleich zu wenig, zum Teil machen sie sogar Verlust. Mancher Banker nutzt darüber hinaus schon jetzt Basel II, obwohl diese Bedingungen zur Kreditvergabe noch gar nicht in Kraft getreten sind.

Nagen die Banken mit diesem Verhalten an der deutschen Wirtschaftsbasis?

Wir müssen auf jeden Fall dafür sorgen, dass es in der deutschen Kreditbranche auch künftig ausreichend Wettbewerb gibt. Nur so kann verhindert werden, dass die Banken über die Strenge schlagen und Kredite ungebührlich teuer werden. Ich habe Verständnis, dass die Banken jetzt genauer zwischen kreditwürdigen und -unwürdigeren Unternehmen unterscheiden. Aber wir müssen darauf achten, dass es auch in Zukunft über die Sparkassen, die Volks- und Raiffeisenbanken sowie die Kreditanstalt für Wiederaufbau und die Deutsche Ausgleichsbank die Kreditversorgung gesichert wird.

Der Bundeskanzler will sogar noch eine weitere Bank gründen, die Mittelstandsbank.

Wir brauchen eine solche Bank nicht. Mit der KfW, der Industriekreditbank und der Ausgleichsbank haben wir bereits stark mittelstandsorientierte Banken. Entscheidend ist, dass Wege gefunden werden, um langfristige Kredite für die Unternehmen erschwinglich zu halten.

Wenn es denn KfW und Industriekreditbank gibt, warum ist dann der Finanzierungsspielraum des Mittelstandes in Deutschland so eng?

Es liegt vor allem an der Eigenkapitaldecke der Unternehmen. Das macht mir besonders Sorgen. Politik muss sich viel stärker als bisher mit der Frage beschäftigen, wie Unternehmen ihre Eigenkapitaldecke stärken können. Die Quote in Deutschland liegt deutlich unter 20 Prozent und damit weit unter dem internationalen Standard. Die Gewinnraten liegen im Schnitt bei zwei bis 2,5 Prozent nach Steuern. Letztes Jahr haben 40 Prozent der deutschen Unternehmen gar keinen Gewinn gemacht. Woher soll das Eigenkapital gebildet werden? Wir müssen deutlich die Rahmenbedingungen verbessern.

Wie?

Die Steuerreform muss fortgesetzt werden. Die Steuerbelastung des Mittelstandes wird nach Stand der Dinge auch nach 2005 international eine der höchsten sein. Und wir können es uns nicht mehr leisten, in Tarifrunden Kostensteigerungen zu akzeptieren, die die Unternehmen nicht an den Markt weitergeben können. Lohnfindung, Arbeitszeiten und Einstellungsbedingungen müssen grundlegend reformiert werden.

Hat die Bundesregierung genug für den Mittelstand getan?

Das sehe ich nicht. Die bisherigen Entlastungen sind durch viele Belastungen nahezu aufgezehrt worden. Die verschärfte Progression tut ihr übriges. Das gilt auch für die Lohnzusatzkosten.

Unterstützen Sie die steuerpolitischen Vorstellungen der Union?

Auf jeden Fall kommen wir mit Steuersenkungen einen Schritt nach vorn. Und wichtig ist, es darf nicht noch mehr Substanz in den Unternehmen verloren gehen. Aber noch stehen die steuerpoliutischen Programme von SPD und Union nicht vollständig aufgestellt.

Sollten die Veräußerungsgewinne für Kapitalgesellschaften, wie es die Union vor hat, in Zukunft wieder besteuert werden?

Wir brauchen jetzt an dieser Stelle steuerpolitische Kalkulierbarkeit. Ich warne davor, diese Regelung auch nur zur Disposition zu stellen.

Herr Rogowski[in diesem Jahr werden mehr Unterneh]

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