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Wirtschaft: „Wir gackern erst, wenn die Eier gelegt sind“

Air-Berlin-Chef Joachim Hunold über die Übernahme der LTU, weitere Akquisitionen und Preise für Langstreckenflüge

Herr Hunold, nirgendwo ist Air Berlin so stark wie auf der Strecke nach Mallorca. Auf der Insel verbringen Sie auch viel Zeit. Warum verlegen Sie nicht die Firmenzentrale nach Mallorca?

Wenn das Kartellamt die Übernahme der LTU genehmigen sollte, dann ist Düsseldorf unser größter Flughafen. Insofern stellt sich danach die Frage erst recht nicht, ob wir die Zentrale nach Mallorca verlegen. Aber von den Destinationen her ist Mallorca nach wie vor einer unserer wichtigsten Flughäfen.

Dann läge also eine Verlagerung nach Düsseldorf näher. Muss Berlin sich sorgen?

Berlin ist und bleibt unser Hauptsitz, ganz klar. Aber mit der LTU werden wir natürlich auch einen Zweitsitz haben – denn viele Funktionen, die in Düsseldorf sind, werden auch dort bleiben.

Wie genau wird das Geschäftsmodell der LTU aussehen?

Die Mittelstrecke wird bei Air Berlin integriert, genau wie bei der dba. Aber beide bleiben eigenständige Unternehmen. Auf der Langstrecke wird weiter die LTU operieren. Wir sind auch gerade dabei, uns in der Farbe anzupassen. Wir wollen ein einheitliches Rot finden, da werden wir uns in der Mitte treffen.

Werden die LTU-Beschäftigten die gleichen Uniformen tragen, wie Sie sie gerade für Air Berlin und dba präsentierten?

Das müssen wir sehen – wenn das Kartellamt die Übernahme genehmigt hat. Anschließend werden wir uns auch um einheitliche Uniformen bemühen.

Air Berlin ist mit Charter-Flügen gestartet, dann kam der Einzelplatzverkauf. Und nach der Übernahme der LTU werden künftig auch Langstreckenflüge angeboten. Wird die Gesellschaft zu einem kompletten Luftfahrtkonzern?

Das Wort Konzern widerstrebt mir. Wir sagen Gruppe, und das sind wir eigentlich schon: Wenn die LTU dazukommen sollte, hätten wir mehr als 6000 Mitarbeiter …

... die Erfahrung mit Langstrecken haben.

Erfahrung habe ich auch, denn ich habe seinerzeit die Langstrecke bei der LTU aufgebaut.

Aber Air Berlin hatte bisher noch keine Langstrecke im Angebot. Werden Sie mit der Erweiterung der Produktpalette künftig auch Fracht befördern?

Wir fliegen ja jetzt schon Fracht, auch die LTU fliegt Fracht, allerdings als Zuladung. Da liegt ganz klar ein Schwerpunkt, da es zusätzlichen Gewinn bringt. Aber spezielle Frachtflüge werden wir auch künftig nicht anbieten.

Vor der Übernahme der LTU haben Sie die dba und die Germania in Air Berlin integriert. Bergen so viele unterschiedliche Unternehmenskulturen keinen Zündstoff für die Gruppe insgesamt?

Schwierig wäre es bei der Zusammenführung von Fluggesellschaften, wenn man auch die Flugbetriebe zusammenlegen würde. Die aber haben wir bewusst separat gelassen, weil jedes dieser Unternehmen seine eigenen Regeln für das fliegende Personal entwickelt hat. Entscheidend ist, dass für den Kunden nach außen das Produkt einheitlich ist. Damit haben wir mehrere operative Einheiten, aber eine einheitliche Vermarktung durch Air Berlin. Insofern bleibt die Unternehmenskultur da erhalten. Man kann auch viel besser steuern, wenn man kleinere Einheiten statt eines Riesenunternehmens hat. Da herrscht dann manchmal ein Wettbewerb untereinander – und das ist ja nicht schlecht.

Nun gibt es bei dba und LTU Betriebsräte, die Belegschaften sind zum Teil gewerkschaftlich organisiert. Stört es Sie nicht, dass Sie sich über die Zukäufe die ungeliebten Arbeitnehmervertreter ins Haus geholt haben?

Ich habe damit keine Probleme. Denn es sind eigenständige Unternehmen, die in unserem Auftrag fliegen. Da sie diese Aufträge auch abwickeln müssen, sehe ich keine Schwierigkeiten auf uns zukommen.

Schwierigkeiten haben Sie schon: Die Pilotengewerkschaft Cockpit streitet sich mit der dba über Bezahlung und Arbeitsbedingungen. Bei der Urabstimmung haben die Piloten für Streik gestimmt. Es könnte jederzeit losgehen.

Noch wird ja nicht gestreikt. Wir sind im Verhandlungsstadium, aber momentan passiert hier nicht viel.

Wann wird Air Berlin eigentlich wieder Steuern zahlen?

Wie meinen Sie das?

Auf der Bilanzpressekonferenz Ende März sagte Ihr Finanzvorstand, Air Berlin habe de facto im vergangenen Jahr keine Steuern gezahlt. Auch in diesem Jahr wird sich die Übernahme der verlustreichen LTU steuermindernd auswirken.

Wir haben 2006 unterm Strich mehr als zehn Millionen Euro Steuern gezahlt. Natürlich haben wir einige Verlustvorträge in den einzelnen Einheiten, etwa durch die Übernahme der dba. Aber je nach Ergebnis zahlen wir auch Steuern.

Manche sagen, am Ende der gegenwärtigen Konsolidierungsphase bleiben noch drei, vier Fluggesellschaften übrig. Teilen Sie diese Ansicht?

Ich habe nie danach geschaut, wie viele am Ende übrig bleiben, sondern immer nur danach, wie wir unsere Marktsituation weiterentwickeln. Nun sind wir innerhalb eines Jahres doch sehr stark gewachsen und haben uns eine gute Position in Europa erarbeitet. Die gilt es weiter auszubauen.

Planen Sie weitere Zukäufe?

Das muss man sehen. Wenn sich Chancen ergeben, die Sinn machen, würde ich nicht Nein sagen. Aber es ist nicht so, dass wir konkret auf Übernahmen hinarbeiten.

Wie groß ist denn Ihr Interesse an dem Ferienflieger Condor?

Wir sind mit der Condor eine Kooperationsvereinbarung für bestimmte Strecken eingegangen. Da sind wir in der Planungsphase. Durch dieses Codeshare-Abkommen können wir die Frequenz aus Deutschland auf der Langstrecke erhöhen.

Condor würde doch ganz gut in Ihr wachsendes Unternehmen passen.

Ach, dazu kenne ich die Condor noch zu wenig. Aber vom Streckenprofil her passt sie ganz wunderbar zu den LTU-Langstrecken. Entscheidend ist, dass wir unser Angebot vergrößern.

Auf welche Langstrecken können etwa die Berliner künftig hoffen?

Wir warten jetzt erst einmal die Kartellamtsentscheidung zur LTU-Übernahme ab. Danach werden wir überlegen, welche Strecken wir ab Berlin weiterentwickeln. Ich sehe da einiges Potenzial.

Geht es noch etwas konkreter?

Wir gackern erst, wenn wir die Eier gelegt haben.

Könnten die Preise bei LTU nach der Übernahme sinken?

Das glaube ich nicht. Wir müssen uns zwar immer dem Wettbewerb stellen und uns dem Markt anpassen. Aber unsere Hauptaufgabe besteht darin, über höhere Auslastung die notwendigen Umsätze zu erzielen.

Ihr Konkurrent Ryanair hat angekündigt, bald schon Transatlantikflüge für zehn, zwanzig Euro anzubieten.

Wir nehmen mit Interesse zur Kenntnis, dass Ryanair-Chef Michael O’Leary uns ständig kopiert. Er will auf einmal wie wir auch an die großen Flughäfen gehen. Nun will er die Langstrecken bedienen, nachdem wir Langstrecken anbieten. Das ist schon interessant festzustellen.

Kann das Billigflugmodell denn auf der Langstrecke und deren Kosten überhaupt funktionieren?

Sicher kann man mal so einen Marketinggag für 19 Euro machen, aber Sie können keine 300 Sitze für 19 Euro verkaufen. Das ist absoluter Blödsinn. Auf der Langstrecke ist der Treibstoff der höchste Kostenfaktor, und der ist weltweit einheitlich.

Wie niedrig können die Preise für Transatlantik-Flüge sein?

Der Durchschnittspreis auf der Langstrecke muss schon zwischen 500 und 900 Euro liegen. Das hängt auch immer von den Treibstoffkosten ab.

Das Gespräch führte Juliane Schäuble

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