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Wirtschaft: „Wir haben einen sehr langen Atem“

Seit Dienstag streiken die 600 Beschäftigten des Maschinenbauers CNH für den Erhalt des Berliner Werkes

Berlin - Norbert Scholz, 23 Jahre im Betrieb, ein Kind – bald arbeitslos? Lutz Slopianka, 45 Jahre im Betrieb, zwei Kinder – bald arbeitslos? Schon möglich. Die Zettel, die Beschäftigte der Baumaschinenfabrik CNH in Spandau an ihren Werkszaun geklemmt haben, zeugen von Angst. 600 Menschen verdienen derzeit noch ihr Geld in dem Betrieb an der Staakener Straße. Ende Juni könnte für die meisten Schluss sein. So hat es die Konzernleitung beschlossen, nur 100 Beschäftigte in der Entwicklung und der Buchhaltung sollen bleiben. Nun wehren sich die Arbeiter: Mit einer Demonstration vor dem Werkstor starteten sie am Dienstag einen unbefristeten Streik. „Wir haben einen sehr langen Atem“, rief Olivier Höbel, Bezirksleiter der Gewerkschaft IG Metall in Berlin, Brandenburg und Sachsen den schätzungsweise 200 protestierenden CNH-Leuten zu. „Das wird eine harte Auseinandersetzung.“

Ende November hatte CNH, das mehrheitlich dem Fiat-Konzern gehört, die Schließung des seit rund 130 Jahren bestehenden Betriebes bekannt gegeben. Eine Urabstimmung hatte eine breite Mehrheit für einen Arbeitskampf ergeben. „Die Kosten für die Schließung sollen so hoch sein, dass die Kostenrechner des Konzerns noch einmal überlegen müssen“, sagte Höbel. Die IG Metall fordert für die Belegschaft einen Sozialtarifvertrag mit zwei Jahren Lohnfortzahlung, Qualifizierung und drei Monatsgehältern Abfindung pro Beschäftigungsjahr. Der Senat verlangt zudem 70 Millionen Euro Subventionen zurück, die in den vergangenen Jahren an das Werk geflossen waren.

Die Fertigung von Baggern und Planiermaschinen soll dem CNH-Plan zufolge nach Italien verlegt werden. „Das hat sicherlich auch mit der dortigen Wahl am 9. April zu tun“, vermutete Höbel. Christian Fromm, Chef des Spandauer Betriebsrats, warf dem Management massive Fehler vor. „Alle Konkurrenten gewinnen Marktanteile, nur wir verlieren. Da muss was im Marketing falsch laufen.“ Noch vor einem Jahr habe man beschlossen, Berlin zum Zentrum der Baggerproduktion zu machen – deshalb sei der Beschluss, jetzt zu schließen, völlig unverständlich.

Die CNH-Leute fürchten sich vor der Zukunft. „Die Stimmung ist seit Monaten im Keller, viele haben sich krankgemeldet“, sagte Uwe Menge, 49, Lackierer und seit 27 Jahren im Werk beschäftigt. „Nach der Umbenennung von Orenstein & Koppel in CNH hatten viele gehofft, dass es aufwärts geht – aber nun kommt das Gegenteil“, sagte er.

Trotz des Streiks wird weiter verhandelt. Am Montagabend habe man mit der Werksleitung vereinbart, „den Konflikt nicht eskalieren zu lassen“, sagte Betriebsrat Fromm. Am Donnerstag werde es Gespräche zwischen Konzernvertretern aus Italien und dem Betriebsrat geben, sagte eine CNH-Sprecherin dieser Zeitung. „Wir streben einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat an.“ Die Details müssten noch verhandelt werden.

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