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Wirtschaft: „Wir haben viele Fragen ans Management“

Gewerkschaftschefin Jutta Blankau über den Frust der Airbus-Beschäftigten, die Sparpläne des Flugzeugbauers und den heutigen europäischen Aktionstag

Frau Blankau, nach der Vorstellung des Airbus-Sparplans „Power 8“ sprachen Sie von ursprünglich noch größeren Befürchtungen. Waren Sie erleichtert?

Wir hatten befürchtet, dass aus Bremen die Flügelfertigung abgezogen würde. Ebenfalls war unklar, was mit dem A 350 und dem A 380 wird, also wie Deutschland an diesen Flugzeugen beteiligt wird. Insofern ist auch Positives eingetreten. Aber das Dramatische ist der Personalabbau, der Verkauf der Standorte Varel und Laupheim sowie die Frage strategischer Partnerschaften in Nordenham, wo möglicherweise dann auch ein Verkauf ansteht.

Die europäischen Gewerkschaften veranstalten an diesem Freitag einen gemeinsamen Aktionstag. Was wird da passieren?

Deutsche Standorte werden sich in Hamburg beteiligen, in Laupheim gibt es eine weitere Veranstaltung. In Frankreich und Spanien wird die Arbeit niedergelegt, auch die Briten demonstrieren.

Die IG Metall ruft nicht zum Streik auf ...

... da es unterschiedliche Rechtsgrundlagen gibt: Französische und spanische Gewerkschaften können zu Streiks aufrufen, deutsche nicht. Hier gelten Betriebsverfassungsgesetz und Tarifautonomie, wir dürfen nur im Zusammenhang mit Tarifverträgen streiken.

Wird die Arbeit erneut niedergelegt?

Schwer zu sagen. Das erste Mal waren es sehr spontane Reaktionen auf die Power- 8-Bekanntgabe, die bis zum Wochenende dauerten. Danach sind die Beschäftigten wieder arbeiten gegangen. Aber die Betriebsräte überprüfen derzeit schon sehr genau, ob etwa Mehrarbeit notwendig ist.

Als die französischen Beschäftigten vergangene Woche auf die Straße gingen, war eine Hauptforderung, der A 320 müsse in Frankreich bleiben. War das solidarisch?

Es ist schon irritierend, wenn französische Gewerkschaften kommentieren, die Deutschen hätten die Franzosen über den Tisch gezogen. Betroffen sind doch alle. Aber sämtliche bei Airbus vertretenen Gewerkschaften – auch die französischen – haben am 27. Februar im Europäischen Metallarbeiterbund einstimmig ein gemeinsames Vorgehen vereinbart.

Sie fordern das Management zum Dialog auf. Lässt sich an den Sparplänen wirklich noch etwas verändern?

Ich gehe davon aus. Immerhin hat Herr Puttfarcken als Sprecher der deutschen Airbus-Geschäftsführung mehrfach erklärt, wir stünden erst am Anfang des Dialogs. Bei der Dolores-Krise, dem vorherigen Sparprogramm, konnten wir zwar unsere Positionen nicht ganz durchsetzen, aber doch zum Großteil. Wäre das nicht gelungen, gäbe es Airbus so nicht mehr.

Wie wird der Dialog aussehen?

Wir haben viele Fragen ans Management. Uns wurden nur Spiegelstriche vorgelegt – ohne Begründung, warum etwas passieren soll, ohne Konkretes zu den Verkäufen. Mal heißt es, verkauft wird bis 2010/2011, dann spricht Herr Enders plötzlich vom 31.12.2008 als Stichtag für den Verkauf von Varel. Fragt man nach, gibt es noch keinen Kaufinteressenten.

Was hoffen Sie abmildern zu können?

Wir wollen Werksverkäufe verhindern, auch strategische Partnerschaften hinterfragen wir. Und warum will man 3700 Menschen entlassen, wenn der Auftragsbestand bis ins Jahr 2012 reicht und alle Menschen gebraucht werden, um diese Maschinen fertigzustellen? Insofern bin ich da guter Hoffnung. Zudem unterstützt uns die Politik sehr stark.

Was stört Sie an strategischen Partnern, die einen Teil des Risikos übernehmen?

Zuerst muss geklärt werden, was damit gemeint ist. Auch bei den Verkäufen betont das Management, das könne nur positiv sein für Airbus. Von anderen Branchen wissen wir jedoch, dass das zu Qualitätseinbußen führt, vor allem durch Kommunikationsprobleme mit Zulieferern. Auch könnten irgendwann arbeitsrechtliche Bedingungen in Frage gestellt werden.

Für die Beschäftigten ist es am besten, sie verbleiben im Airbus-Verbund?

Ja, die jetzige Krise wurde doch nicht durch die Werke verursacht. Das sagt das Management selbst. Die Werke waren hochproduktiv und effektiv. Daher können die Beschäftigten nicht nachvollziehen, warum sie für die Krise, die durch den A 380 entstanden ist, nun die Verantwortung übernehmen sollen.

Kann von einem finanzkräftigen Investor nicht auch etwas Positives kommen?

Boeing lehrt anderes. Die haben auch Probleme mit ihrer weltweiten Zuliefererkette: Mittlerweile sind in Japan und Italien viele US-Ingenieure vor Ort, um den Dreamliner fertigzustellen. Das könnte uns auch drohen. Das Management will offenbar den Boeing-Weg gehen. Ob das ökonomisch sinnvoll ist, bezweifele ich. Ich kenne auch niemanden, der die hohen Investitionen vornehmen will.

Die Fragen stellte Juliane Schäuble

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