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Ohne Erfolg. Frühere HRE-Aktionäre protestieren in München. Foto: dpa

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Wirtschaft: „Wir stehen noch am Anfang“

Das Urteil gegen die Alt-Aktionäre der Hypo Real Estate war nicht das letzte Wort in der juristischen Aufarbeitung der Finanzkrise

Berlin – Es ist vorbei. Die früheren Aktionäre der Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) sind vor Gericht mit ihrer Klage gegen ihren Rausschmiss gescheitert. Aus Sicht der Richter des Oberlandesgerichts München hat die Regierung nicht gegen die Verfassung oder das Aktienrecht verstoßen, als sie die von der Pleite bedrohte HRE in der Finanzkrise übernahm und die Anleger zwang, ihre Aktien zu einem Spottpreis zu verkaufen.

Die Notlage der HRE im Herbst 2008 habe das ganze Finanzsystem bedroht und damit das Vorgehen des Bundes gerechtfertigt. Es sei keine Enteignung der Anleger gewesen, argumentierte der 7. Senat. Damit sind die Aktionäre nach einer Schlappe vor dem Landgericht München nun auch in der höheren Instanz gescheitert. Eine Revision vor dem Bundesgerichtshof ließen die Richter nicht zu.

Es wird nicht das letzte Urteil sein, dass zum Thema Finanzkrise gesprochen wird. „Das ist noch lange nicht aufgearbeitet, sagt die Rechtsanwältin Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW). „Wir haben ja noch nicht mal die Finanzkrise 2.0 erledigt.“ Nach dem Platzen der New-Economy-Blase hatten zahlreiche Anleger geklagt. Im Fall des gescheiterten Medienkonzerns EM.TV sind immer noch Klagen anhängig. Die betroffenen Aktionäre behaupten, zu spät über die Lage des hochgejubelten Start-Up-Unternehmens informiert worden zu sein. Was die Finanzkrise von 2008 betreffe, „stehen wir noch am Anfang“, sagt Bergdolt. Im Fall der Lehman-Pleite seien zwar viele Urteile gesprochen worden, die meisten aber noch nicht in der letzten Instanz.

Die Anwältin, die in erster Instanz einen der HRE-Kläger vertreten hatte, sieht das Urteil vom Mittwoch zwar kritisch. „Das ist ein bitterer Tag. Das Vorgehen des Bundes war verfassungswidrig“. Grundsätzlich, räumt die Verbraucherschützerin ein, hätten sich die Gerichtsurteile in den letzten zehn Jahren „zugunsten der Anleger gewandelt.“ Als sie vor rund zehn Jahren die ersten Anleger gegen EM.TV vertrat, habe der Richter noch gesagt: „Es gibt keinen Schadensersatz, das sind doch alles Spekulanten.“ Damals sei das die Mehrheitsmeinung gewesen, „da hat sich einiges gewandelt“.

Daran änderten weder das HRE-Urteil etwas, noch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Dienstag zulasten zweier Lehman-Geschädigter. Die Anleger hatten die Hamburger Sparkasse auf Schadenersatz verklagt. Die Bank hatte Lehman-Zertifikate verkauft, ohne die Kunden darüber aufzuklären, wie viel Geld sie selbst bei dem Geschäft verdient. Die Bank habe keine Fehler bei der Beratung gemacht, erklärte der Vorsitzende Richter des Elften Zivilsenats, Ulrich Wiechers. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, über ihre Gewinnmargen aufzuklären. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen sieht das anders. Die Sparkasse hätte die Kunden über ihr Geschäftsinteresse aufklären müssen. „Ein normaler Anleger kann das doch nicht wissen“, sagt Manfred Westphal. Es sei aber nicht zu erwarten, dass sich die Richter künftig an diesem Urteil orientierten. Jeder Fall sei anders gelagert. Und allein beim Bundesgerichtshof sind noch immer 40 Lehman-Fälle anhängig.

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