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Wirtschaft: Wir unternehmen was

Die Internet- und Börsen-Euphorie ist zu Ende – aber es gibt sie noch, die jungen Existenzgründer. Auch in Berlin. Fünf Beispiele

Von Alexander Visser

Gute Konzepte setzen sich immer durch, auch in schlechten Zeiten“, sagt Bodo Heiss. Eine Mischung aus Lebenseinstellung und Zweckoptimismus, den der Firmengründer jetzt braucht. Die Monate langen Vorbereitungen für den Unternehmensstart sind in der entscheidenden Phase. Seine Software-Firma Tonxx steht vor dem Abschluss der zweiten Finanzierungsrunde: Ein Geldgeber hat sich bereit erklärt, zu investieren. Mit dem neuen Geld will Heiss weitere Mitarbeiter einstellen und durchstarten. Angesichts der Konjunkturflaute ist es ein wichtiger Erfolg, Investoren zu finden. Denn während Gründerkapital vor drei Jahren noch auf der Straße lag, ist es heute eine Kunst, das nötige Geld aufzutreiben. Das Beispiel Tonxx zeigt, dass es trotzdem klappen kann.

„Voraussetzung für einen erfolgreichen Start ist ein starkes Team“, glaubt Bodo Heiss. Man müsse kaufmännische, technologische und Marketing-Kompetenzen vereinen. Fähigkeiten die man selbst nicht habe, müsse man sich über Partner ins Team holen (siehe Kasten links unten). „Einzelkämpfer haben so gut wie keine Chance“, glaubt Heiss. Denen gibt in der Wirtschaftsflaute keiner mehr Geld. Den Weg zur Hausbank können sich jedoch auch gut gemischte Profi-Teams sparen. „Banken geben heute de facto gar nichts mehr für junge, innovative Firmen“, stellt Oliver Borrmann fest. Als Vorstandsvorsitzender der Berliner Risikokapitalgesellschaft BMP AG kennt er den Markt. Die Risikokapitalgesellschaften waren die entscheidenden Geldgeber für den kurzen und heftigen Internet-Boom. Doch seit der vorbei ist, müssen auch die „VCs“ (von Venture Capital, dem englischen Begriff für Risikokapital) kürzer treten. Neues Kapital bekommen die VCs nur durch so genannte „Exits“: Wenn sie Beteiligungen an die Börse bringen oder weiterverkaufen. Doch wegen der Bärenstimmung ist der Weg an die Börsen verbaut und auch Übernahmen riskiert fast niemand mehr.

So stecken private Risikokapitalgesellschaften in neu gegründete Unternehmen zur Zeit keinen Cent mehr. „Der Markt für echte Neu-Investitionen ist tot“, sagt Borrmann. „Jeder konzentriert sich auf die Pflege seiner bestehenden Beteiligungen.“ Risikokapitalempfänger, die ihr Unternehmen vor drei Jahren gegründet haben und mittlerweile vielversprechende Geschäftszahlen aufweisen, können auf eine Anschlussfinanzierung hoffen. Doch echte Neueinsteiger klopfen vergeblich an die Türen der VCs. „Die VCs haben sich immer interessiert und gesprächsbereit gezeigt“, erinnert sich Tonxx-Gründer Heiss. „Dabei wussten sie schon, dass sie kein Geld investieren können. Das war sehr ärgerlich. Sie sollten mit offenen Karten spielen.“

Als sinnvoller erwies sich für Tonxx die Teilnahme an Wettbewerben, wie dem Deutschen Gründer-Wettbewerb oder dem Businessplan-Wettbewerb Berlin-Brandenburg. Hier schaffte es das Team auf den zweiten Platz. Wichtiger als das Preisgeld war das Feedback, dass die Gründer bei jedem Schritt der Konzeptentwicklung von erfahrenen Managern erhalten.

„Mit 370 Teilnehmern in diesem Jahr sind wir der größte regionale Businessplan-Wettbewerb in Deutschland“, sagt Andreas Bißendorf vom Wettbewerbsbüro der Investitionsbank Berlin. Derzeit bereitet er den Wettbewerb 2003 vor, für den sich Gründer bis November bewerben können ( www.b-p-w.de ). Das Interesse, ein Unternehmen zu gründen, ist Bißendorf zufolge ungebrochen. Zudem hätten die angehenden Gründer realistischere Vorstellungen als während des Booms: „Sie wollen mit ihrem Produkt nicht mehr gleich die USA und Asien erobern.“

Neben der umfassenden Beratung gibt es noch ein weiteres Hauptmotiv für die Teilnahme an Gründerwettbewerben: Die Aufmerksamkeit öffentlicher Investitionsgesellschaften zu erringen. Im Gegensatz zu den privaten VCs beteiligen sich die öffentlichen Risikokapitalgeber noch an Neugründungen. So plant die Berliner IBB Beteiligungsgesellschaft im laufenden Jahr zehn neue Engagements bei jungen Hightech- und Biotech-Firmen. Mit Investitionen in Höhe von insgesamt rund zehn Millionen Euro ist die IBB in Berlin „vermutlich die aktivste VC-Gesellschaft in diesem Bereich“, schätzt Geschäftsführer Marco Zeller.

Auch Branchenkenner Klaus Krone gibt Gündern den Tipp, öffentliche Geldquellen auszuschöpfen: „Geld gibt es genug. Die Investitionsgesellschaften sitzen auf Milliarden.“ Doch in der jetzigen Situation geben sie das Geld auch nicht leichtfertig her. Klaus Krone ist Geschäftsführer der Krone MT GmbH und hat als so genannter Business Angel mit seiner Erfahrung schon viele Gründerfirmen unterstützt. Er weiß, was Geldgeber wünschen. Gründer dürfen Krone zufolge nicht starr an ihrer Idee festhalten, sondern müssen auf Kundenwünsche einzugehen. Sie sollten frühzeitig ein vorzeigbares Produkt entwickeln. Ganz wichtig sei auch das kostenbewusste Arbeiten: „Vor drei Jahren haben Startup-Firmen noch Millionen für Werbespots ausgegeben statt zu den potenziellen Kunden zu gehen und Hände zu schütteln.“

Bodo Heiss und seine Partner haben bei ihrer Unternehmenspräsentation offenbar alles richtig gemacht. Sie rechnen jetzt mit der Unterstützung durch das Bundesprogramm „Futur 2000“. Die Technologie-Beteiligungsgesellschaft steuert bis zu 700 000 Euro pro Unternehmen bei, teils als Fördermittel, teils als Beteiligungskapital.

Die Mitarbeiterzahl, kündigt Heiss an, wird von acht auf 20 steigen. „Schreiben Sie, dass wir einen erfahrenen C++-Programmierer suchen.“(Fotos: Uwe Steinert / promos)

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