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Wirtschaft: „Wir wollen alle smarte Shopper sein“ BBDO-Werber Litwin über den Preiskampf

Herr Litwin, von Ihrer Agentur stammt der Slogan „Es lebe billig!“.

Herr Litwin, von Ihrer Agentur stammt der Slogan „Es lebe billig!“. Lassen sich die Verbraucher nur noch so in die Läden locken?

Ja, der Preis ist entscheidend. Das gilt inzwischen auch für Leute, die gar nicht auf den Preis achten müssen. Wer einen normalen Preis zahlt, hat das Gefühl, „ich bin nicht smart“. Die Verbraucher wollen aber das Gefühl haben, einen günstigen Preis geschossen zu haben.

Und das ist smart?

Wir wollen alle Smart-Shopper sein. Es geht dabei sogar um einen unfairen Preis: Wenn das Schnäppchen unterhalb der Anstandsgrenze liegt, ist die Freude besonders groß. Dieses Verbraucherverhalten ist eine Folge der Preispolitik im Handel in den vergangenen Jahrzehnten. Es geht dabei immer weiter nach unten – mit verheerenden Wirkungen für den Handel.

Wer verliert den Preiskampf?

Der Konzentrationsprozess beschleunigt sich, der Mittelstand kann nicht mehr mithalten und muss aufgeben.

Warum halten die Kleinen nicht dagegen, etwa mit dem Slogan „Billig ist nicht alles – bei uns gibt es Service und Qualität!“?

Das ist viel zu defensiv, damit holen Sie keinen Hund hinterm Ofen hervor. Qualität und Service werden zwar geschätzt, aber nicht honoriert.

Ist das nicht deprimierend für die Werber, nur mit dem Preis operieren zu können?

Es geht um den gefühlten Preis. Dazu braucht man eine clevere Kampagne, eine smarte Dramatisierung.

Für einen Kunden haben Sie eine Kampagne mit Dieter Bohlen entwickelt – ist das eine „smarte Dramatisierung“?

Bohlen ist ein Smart-Shopper, weil er günstig einkauft. Zu seinen bekanntesten Wesenszügen gehört die Neigung, die Mäuse zusammenzuhalten. Deshalb ist er für die Kampagne authentisch.

Zum Ende der Bohlen-Kampagne durfte jeder 13. Kunde, der eine Bohlen-Maske trug, einkaufen, ohne zu zahlen. Machen sich die Verbraucher da nicht zu Deppen?

Nein. Es ist ein Event, ein großer Spaß, bei dem auch die Lust am Spiel zur Geltung kommt. Die Signalwirkung ist ähnlich wie bei einem Luftballon: Hier passiert etwas Besonderes.

Müssen die Kunden vor Weihnachten mit etwas Besonderem geködert werden?

Nein. Die Zeit, in der vor Weihnachten wirklich eingekauft wird, verkürzt sich allerdings ständig. Deshalb wird versucht, den Zeitraum zu verlängern, also bereits einige Wochen vor Weihnachten Verkaufsaktionen durchzuführen und nach Weihnachten fortzusetzen.

Das Weihnachtsgeschäft nach Weihnachten fortsetzen?

Ja. Die Verbraucher erwarten sinkende Preise nach dem Fest, daher warten sie ab. Dabei wird inzwischen auch in Kauf genommen, dass es zu Weihnachten kein Geschenk gibt. Das kauft man halt später.

Das Gespräch führte Alfons Frese.

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