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Wirtschaft: Aufschub für deutsche Autobauer

Frankreichs Staatspräsident Sarkozy und Bundeskanzlerin Merkel einigen sich auf flexiblere Klimaschutzregeln für die Hersteller. Der deutsche Autoverband hatte sich etwas mehr erhofft.

Die Einigung im Autostreit zwischen Frankreich und Deutschland gibt deutschen Autoherstellern mehr Zeit bei der Umsetzung der Klimasschutzziele der EU. Der von beiden Ländern am Montag beim deutsch-französischen Ministertreffen gefundene Kompromiss sieht vor allem flexiblere Regelungen beim Erreichen der CO2-Ziele und den Strafen bei Verstößen vor. Details würden nun von den Umweltministern geklärt, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Zudem hätten sich die Nachbarn vorgenommen, beim europäischen Klimapaket "engstens zusammenzuarbeiten". Dieses Paket werde ein Schwerpunkt der bevorstehenden französischen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2008 sein.

Der Vorstoß beider Länder muss auch noch von den anderen EU-Staaten akzeptiert werden, um die Pläne der EU-Kommission zu ändern. Merkel und der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy bekräftigten das EU-Ziel, den CO2-Ausstoß von Neuwagenflotten von 2012 an auf 120 Gramm pro Kilometer zu beschränken. Um diesen Durchschnitt zu erreichen, hatte die EU-Kommission für die einzelnen Hersteller unterschiedliche Grenzwerte vorgeschlagen. Die Bundesregierung sah dadurch die deutschen Premium-Hersteller benachteiligt, Frankreich hingegen wollte eine günstigere Regelung für Kleinwagen herausschlagen.

Die anderen EU-Staaten müssen zustimmen

Nun soll mehr Rücksicht auf die Produktionszyklen der Hersteller genommen werden, da 2012 noch viele Fahrzeuge in Betrieb sind, die heute schon produziert werden. Demnach soll 2012 zunächst nur ein Teil der Fahrzeugflotte den strengeren CO2-Normen entsprechen müssen. In den Folgejahren werden dann schrittweise alle Modelle einbezogen. Die Branche spricht hier von einem Phase-In. Im Gespräch ist dem Vernehmen nach, 2012 zunächst nur 40 bis 50 Prozent aller Neuwagen einzubeziehen. Die deutschen Hersteller, die vor allem im oberen Mittelklasse- und Oberklasse-Segment stark sind, hatten für einen niedrigeren Startwert von 25 Prozent plädiert. Der VDA begrüßte den Kompromiss dennoch: "Es ist für die deutsche Automobilindustrie wichtig, dass es ein substanzielles Phase-In geben wird", sagte VDA-Präsident Matthias Wissmann. Die schrittweise Einbeziehung sei sinnvoll, "damit die vereinbarten Klimaschutzziele technologisch überhaupt erreicht werden können".

Zugleich verständigten sich die beiden Länder am Montag auf ein weiteres langfristiges Ziel: Danach soll der Kohlendioxid-Ausstoß bis 2020 auf 95 bis 110 Gramm sinken. Der EU-Umweltausschuss hatte 95 Gramm gefordert. Auch die Strafen, die die Hersteller zahlen müssen, wenn sie gegen die zulässigen CO2- Grenzwerte verstoßen, sollen in einem stufenweisen Prozess einsetzen. Bei kleineren Abweichungen vom Ziel werden die Strafen noch einmal gemildert. Hier sind die Details aber noch offen, so etwa auch die Höhe der Sanktionen. Ob der Kompromiss auch eine Abschaffung der seit Jahresanfang in Frankreich geltende Bonus-Regelung für abgasarme Autos vorsieht, ist ebenfalls offen. Der Bonus beim Kauf von Autos mit geringem Kohlendioxid-Ausstoß und ein Preisaufschlag für "schmutzigere" Fahrzeuge hat in Frankreich dazu geführt, dass die Kunden vermehrt französische Kleinwagen und weniger deutsche Limousinen kaufen.

"Eine tragbare Lösung"

Auf Druck der deutschen Autobranche sollen bei der Umsetzung des 120-Gramm-Ziels ab 2012 auch so genannte Öko-Innovationen berücksichtigt werden, also nicht nur die Motortechnik. Dafür sollen sechs bis acht Gramm CO2 auf das 120-Gramm-Ziel angerechnet werden. Diese Innovationen könnten etwa neuartige Reifen oder Klimaanlagen sein. "Wir freuen uns, dass es zu keiner bürokratischen Lösung kommt und Öko-Innovationen nun doch einbezogen werden", sagte VDA-Präsident Wissmann. Das Potenzial dieser klimaschonenden Neuerungen sei aber größer als der Kompromiss berücksichtige. "Ich hätte mir mehr Offenheit für alle Technologien gewünscht", sagte Wissmann. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) meinte, Merkel habe "zwar keine optimale, aber eine tragbare Lösung" erreicht. Daran solle sich auch die EU- Kommission jetzt orientieren.

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