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Wirtschaft: Wirtschaft gibt Ost-Zone keine Chance

Die EU-Kommission hält Sonderwirtschaftsräume in Deutschland nicht für zulässig

Berlin (ce). Einer einheitlichen Sonderwirtschaftszone für Ostdeutschland werden auch in der Wirtschaft wenig Chancen eingeräumt. „Heute ist eine Sonderwirtschaftszone nicht mehr realisierbar“, sagte Lothar Siegemund, Hauptgeschäftsführer der Industrie und Handelskammer (IHK) Südthüringen, dem Tagesspiegel. Siegemund setzt sich dafür ein, vom Bundesrecht abweichende Regelungen nicht auf Ostdeutschland zu beschränken. „Auch im Westen gibt es Problemzonen“, sagt er. Der Präsident der IHK Rostock, Wolfgang Hering, sieht in den westlichen strukturschwachen Regionen „einen vergleichbaren Handlungsbedarf, der Sonderrechte für den Osten schwer vermittelbar macht“.

Entsprechende Überlegungen einer Expertenkommission zum Aufbau Ost haben einen Streit über eine Sonderwirtschaftszone in Ostdeutschland ausgelöst. Bei Wissenschaftlern, aber auch in der Politik, gibt es Zweifel, ob eine solche Zone die neuen Länder wettbewerbsfähiger machen könnte.

Rostocks IHK-Präsident Hering bedauert, dass es in den Jahren seit der Wiedervereinigung nicht etwas mehr Mut zu Experimenten gegeben habe. „Ostdeutschland hätte für die Bundesrepublik Vorreiter in Sachen Genehmigungsverfahren sein können“, sagte er dem Tagesspiegel. Schnellere Genehmigungsverfahren für neue Standorte mahnt auch der Konzern Siemens an. „Das kann hilfreich sein“, sagte ein Sprecher. Vorbildlich sei es etwa beim Bau eines Chipwerkes in Dresden gelaufen, wo die Baugenehmigung nur 27 Arbeitstage gedauert habe.

Um die ostdeutsche Wirtschaft zu befördern, mahnt Hering Änderungen beim Kündigungsschutz an. „Das Einstellen von Arbeitskräften und die Bereitschaft auszubilden fallen den Firmen leichter, wenn es hier eine spürbare Lockerung des Kündigungsschutzes geben würde“, sagte er. Eine Diskussion um Lohn- und Gehaltsstrukturen auf polnischem Niveau hält er jedoch für fehl am Platz. „Flexible und gut ausgebildete Fachkräfte verlassen schon jetzt schneller den Osten, als uns lieb ist“, sagt er.

Für seinen IHK-Kollegen aus Südthüringen, Siegemund, kommt es darauf an, dass die Bundesländer mehr Entscheidungsspielräume erhalten. Das käme aus seiner Sicht einer Sonderwirtschaftszone nahe – „aber für Gesamtdeutschland“. Den IHK-Hauptgeschäftsführer stört die derzeitige Debatte über die Ostförderung „mächtig“. Es sei „kreuzgefährlich“, – wie der SPD-Politiker Klaus von Dohnanyi in der Expertenkommission – zu behaupten, der Westen werde ausbluten, wenn die Wunde im Osten nicht geheilt werde. „Die Krankheit ist gesamtdeutsch“, analysiert er. Reformen im Steuer- und Sozialsystem würden Betrieben sowohl im Westen als auch im Osten nutzen.

Einer Sonderwirtschaftszone räumt die EU-Kommission rechtlich geringe Chancen ein. Ostdeutschland habe keine besondere Rand- oder Insellage in der Europäischen Union, sagte eine Kommissionssprecherin am Mittwoch in Brüssel. Im Rahmen der EU- Wettbewerbsregeln seien nur Steuervorteile für neue Investitionen erlaubt. Die EU-weit einzigen Sonderwirtschaftszonen mit generellen Entlastungen finden sich laut Kommission im Beitrittsland Polen.

Forderungen des SPD-Politikers von Dohnanyi nach einem eigenen Aufbau-Ost-Ministerium erteilte die Bundesregierung eine Absage. „Das wäre ein völlig falsches Signal“, sagte Regierungssprecher Thomas Steg. Man habe sich bewusst für ein Infrastrukturministerium mit eigenen investiven Mitteln entschieden.

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