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José Ángel Gurría, OECD-Generalsekretär, bei der Vorstellung des Wirtschaftsbericht in Berlin.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Wirtschaftsbericht für Deutschland: OECD drängt zu Reformen

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sieht hierzulande einen dringenden Handlungsbedarf bei Investitionen und der Rente.

Die Industrieländer-Organisation OECD hat Deutschland zu zusätzlichen Investitionen und weiteren Reformen aufgefordert. „Deutschland muss jetzt seine Stärke nutzen, um sich für die Zukunft vorzubereiten, insbesondere durch eine erfolgreiche Integration von Flüchtlingen mit Bleibeperspektive“, sagte der Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Angel Gurría, am Dienstag in Berlin bei der Vorlage des Wirtschaftsberichts für Deutschland.

Trotz einer stabilen Konjunktur und der Überschüsse in den Staatskassen sieht die OECD Reformbedarf in der Renten-, Steuer- und Arbeitsmarktpolitik. Der Bevölkerungszuzug und die Integration von Flüchtlingen seien eine Chance, um der rapiden Alterung der Gesellschaft entgegenzuwirken und die Basis für eine breit aufgestellte und produktive Wirtschaft zu legen. Für eine erfolgreiche Integration der Migranten seien Investitionen in Sprachkurse und Weiterbildung erforderlich. Zuwanderern mit Bleibeperspektive müsse zudem rasch Zugang zum Arbeitsmarkt und zu aktiven Arbeitsmarktprogrammen gewährt werden.

Wirtschaft wird weiter wachsen

Die OECD bescheinigt Deutschland eine „solide wirtschaftliche Verfassung“. Nach einem Plus von 1,3 Prozent in diesem Jahr dürfte die deutsche Wirtschaft im nächsten Jahr um 1,7 Prozent zulegen. Die Arbeitslosenquote habe den niedrigsten Stand in der EU erreicht. Die Nachfrage der privaten Haushalte sei gestiegen. Zu verdanken sei dies einem kräftigen Arbeitsmarkt und dem 2015 eingeführten Mindestlohn. Zuletzt seien aber Wachstum und Unternehmensinvestitionen schwächer ausgefallen als in Hocheinkommensländern außerhalb des Euroraums. Deutschland stehe vor einer Reihe wichtiger Herausforderungen, sagte Gurría.

Die OECD plädiert unter anderem dafür, das Renteneintrittsalter weiter anzuheben. Bisher steigt es bis 2029 schrittweise von 65 auf 67 Jahre. „Ohne weitere Anhebungen des Rentenalters würden Erhöhungen der Lebenserwartung nach 2029 das Haushaltsdefizit vergrößern, die Steuer- und Abgabenbelastung des Faktors Arbeit erhöhen und das Niveau der Rentenbezüge im Vergleich zum Durchschnittseinkommen senken“, heißt es. Wie in anderen Ländern sollte das Rentenalter an die Lebenserwartung gekoppelt werden. Auch das Steuersystem müsse reformiert werden. „Die Steuer- und Abgabenbelastung des Faktors Arbeit ist in Deutschland höher als in vielen anderen OECD-Volkswirtschaften.“

Vorschlag: Höhere Steuern auf Immobilien

Die Ausgaben für Gesundheit und Pflege würden großenteils aus Sozialversicherungsbeiträgen finanziert, die auf die Erwerbseinkommen erhoben werden. Diese Ausgaben werden laut OECD im Zuge der Bevölkerungsalterung und des technischen Fortschritts in der Gesundheitsversorgung steigen. Die OECD schlägt höhere Steuern auf Immobilien vor sowie den Wegfall von Mehrwertsteuerbefreiungen und -ermäßigungen. Höhere Investitionen seien entscheidend, „um die Produktivität und den Lebensstandard zu steigern“, fordern die OECD-Experten.

Angekurbelt werden sollten auch Investitionen in Bildung, in lebenslanges Lernen und in soziale Dienstleistungen. Verstärkt werden müssten auch öffentliche Investitionen in finanzschwache Kommunen. Weiterer Reformbedarf bestehe beim Abbau von Barrieren für Frauen, die eine berufliche Karriere anstreben. Es sollte stärker in Kinderbetreuung, frühkindliche Bildung sowie Ganztagsschulen investiert werden. Auch die Steuerbelastung für Zweitverdiener, die Frauen vielfach von einer Vollzeiterwerbstätigkeit abhalte, sollte gesenkt werden. (dpa)

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