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Wirtschaft: Wirtschaftsforscher: Aufschwung in Sicht

ZEW-Konjunkturindikator steigt überraschend stark. Nur der Ausblick der US-Notenbank trübt die Stimmung

Berlin (brö/anw). Die deutsche Wirtschaft hat die Talsohle durchschritten und steht vor einer wirtschaftlichen Erholung zu Beginn kommenden Jahres. Diese Einschätzung äußerte am Dienstag das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim, nachdem es in einer Umfrage deutlich bessere Stimmung unter Wirtschaftsexperten ermittelt hatte. Die gestiegene Zuversicht beflügelte die Börsen zunächst, der Deutsche Aktienindex Dax stieg zeitweise auf ein neues Jahreshoch. USNotenbankchef Alan Greenspan bremste die Euphorie jedoch später mit der Ankündigung, wegen des noch schwachen Wachstums in den USA möglicherweise die Zinsen weiter zu senken.

Daraufhin rutschte der Dax sogar in die Verlustzone und schloss bei 3384 Punkten, das waren 0,34 Prozent weniger als am Vortag. Tagesgewinner waren konjunktursensible Titel wie der Lastwagen- und Maschinenbauer MAN (plus 5,39 Prozent) der Reisekonzern Tui (plus 2,02 Prozent) und der Chip-Hersteller Infineon (plus1,96 Prozent). Zwischenzeitlich hatte der Dax bis zu 3429 Punkten erreicht, das war der bisherige Jahreshöchststand.

Für einen Stimmungswandel sorgte aber die Rede des Präsidenten der US-Notenbank Federal Reserve, Alan Greenspan. Sollte das Wachstum der weltgrößten Volkswirtschaft nicht kräftig an Fahrt gewinnen, stehe die Fed zu weiteren Zinssenkungen bereit, sagte er vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses in Washington. Die lockere Geldpolitik werde man so lange beibehalten, bis sich die Wirtschaft erholt habe. Erst Ende Juni hatte die Fed den wichtigsten Leitzins auf ein Prozent gesenkt, das ist der niedrigste Stand seit 1958. Die Märkte werten dies als Beleg dafür, dass es nach Ansicht der Fed um die Wirtschaft der USA noch nicht so gut steht, wie erhofft. Greenspan revidierte die Wachstumsprognose für dieses Jahr auf 2,5 bis 2,75 Prozent nach unten. Im kommenden Jahr sollen es aber bis zu 4,75 Prozent werden. Davon könnte dann auch die deutsche Wirtschaft, insbesondere der Export, profitieren.

Trotz der Sorgen Greenspans erwartet das ZEW für Deutrschland schon zum Jahreswechsel ein Ende der seit 2001 anhaltenden Stagnation. Die ZEW-Konjunkturerwartungen, die in einer Umfrage unter 311 Analysten und Investoren ermittelt werden, stiegen im Juli unerwartet stark um 20,6 Punkte, das war die siebte Zunahme in Folge. Nun liegen die Erwartungen über dem langfristigen Durchschnitt. „Der Indikatorwert legt nahe, dass Deutschland sich anschickt, die Talsohle zu verlassen“, sagte ZEW-Präsident Wolfgang Franz. Zu dem Optimismus hätten die steigenden Aktienkurse und die Reformdiskussion in der Politik beigetragen.

Auch andere Volkswirte sehen ermutigende Zeichen. „Die guten Umsätze der Firmen, der leichte Rückgang des Euro-Kurses und die bessere Stimmung im Einzelhandel sind ermutigende Zeichen“, sagte Martin Hüfner, Chefvolkswirt der Hypo-Vereinsbank. „Offenbar sind wir aus dem Gröbsten raus.“ Ulrich Beckmann, Leiter von Deutsche Bank Research, sagte, nun werde es „in Trippelschritten bergauf gehen“.

Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) gab sich mit seiner neuen Wachstumsprognose zurückhaltender. In diesem Jahr werde die Wirtschaftsleistung nur um 0,1 Prozent zunehmen, 2004 erwartet das IWH 1,7 Prozent mehr. Allerdings liege dies vor allem an der höheren Zahl der Arbeitstage. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht Deutschland in diesem Jahr stagnieren, im nächsten Jahr soll es zu einem Plus von 1,5 Prozent reichen. Zurückhaltung übte auch der Ökonom Jürgen Kromphardt, Mitglied im Rat der „Wirtschaftsweisen“. Er sehe die Gefahr sinkender Preise und einer rückläufigen Wirtschaftsleistung noch nicht gebannt, sagte er in Berlin. „Auch in Japan ist die Gefahr anfangs nicht erkannt worden.“ Die geplante Steuerreform könne nur dann wirken, wenn sie über neue Schulden und Privatisierungserlöse finanziert werde.

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