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Minimetropole am Persischen Golf: Katars Hauptstadt Doha zählt zwar nur knapp 800 000 Einwohner, bei deutschen Unternehmern genießt sie trotzdem hohe Beliebtheit – die Exporte steigen seit Jahren. Foto: dpa

© picture alliance / dpa

Wirtschaftsforum für Katar in Berlin: Kritische Beobachter müssen draußen bleiben

Während Katars Emir mit der Kanzlerin spricht, feiern Manager beider Länder auf einem Wirtschaftsforum in Berlin die fabelhaft guten Beziehungen. Als es dort ans Eingemachte geht, ist die Presse nicht mehr erwünscht.

Wie finanziert sich die IS? Wie steht’s um Wüstencamps für Bauarbeiter? Dieter Haller, Leiter der Wirtschaftsabteilung im Auswärtigen Amt, traf am Mittwoch beim katarisch-deutschen Wirtschaftsforum in Berlin den richtigen Ton – indem er derartige Fragen nicht stellte. In seinem Grußwort im Namen der Bundesregierung, das er an die rund 300 Manager im großen Saal des Grand Hyatt Hotel am Potsdamer Platz richtete, sprach er lediglich von „großen Konflikten“ und würdigte die „vielfältigen Bemühungen Katars, zu friedlichen Lösungen zu kommen“.

Das musste genügen. Die anwesenden deutschen Strippenzieher und Unternehmensführer bei dieser Veranstaltung empfinden die kritische Berichterstattung deutscher Medien über das kleine Emirat mit dem großen Geld als ungerecht und extrem geschäftsschädigend. Die Angst, dass Medien noch mehr Staub aufwirbeln, geht so weit, dass die Veranstalter des Forums die getrennt voneinander tagenden Workshops zu Themen wie Fifa-WM 2022, Energieversorgung, Kooperationen bei Forschung und Entwicklung und Anlagemöglichkeiten in Katar für Pressevertreter sperrten – vor allem auf Wunsch der deutschen Teilnehmer, wie man hörte. Blieb der Öffentlichkeit nur, den Lobreden zu lauschen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Katars Emir Tamim Bin Hamand al-Thani
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Katars Emir Tamim Bin Hamand al-Thani

© Reuters

Zu viel steht hier offenbar schon auf dem Spiel. Die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen entwickeln sich beispiellos prächtig: Allein im vergangenen Jahr stieg das Handelsvolumen um 12,5 Prozent zum Vorjahr auf gut zwei Milliarden Euro. Das ist noch ausbaufähig. Denn Katar verfolgt mit Hochdruck seinen 2008 beschlossenen Entwicklungsplan, die Vision 2030, die gigantische Investitionen von rund 200 Milliarden Dollar (154 Milliarden Euro) in Infrastruktur, Bildung, Gesellschaft und Umwelttechnik vorsieht.

Und da ist der Staatsfonds des weltgrößten Erdgasexporteurs. Der verwaltet schon heute knapp 62 Milliarden Euro. Das Geld steckt vor allem in Konzernen und Projekten, denen die Katarer eine besonders hohe Langlebigkeit unterstellen. So hält der Staat etwa 14,2 Prozent der Volkswagen-Stammaktien, gut elf Prozent der Anteile am Baukonzern Hochtief, ein Katarer ist seit diesem Jahr mit 5,8 Prozent größter Einzelaktionär der Deutschen Bank. Katar hält auch gut vier Prozent an Siemens.

Reich, aber sexy? Der Emir von Katar. hier mit starker Sonnenbrille, lässt sich von Berlins Regierendem Klaus Wowereit die Stadt zeigen.
Reich, aber sexy? Der Emir von Katar. hier mit starker Sonnenbrille, lässt sich von Berlins Regierendem Klaus Wowereit die Stadt zeigen.

© AFP

„Wir erwarten in der nächsten Zukunft, dass die Investitionssumme Katars in der deutschen Wirtschaft weiter wachsen wird“, sagte Wirtschafts- und Handelsminister Scheich Ahmed bin Jassim bin Mohamed al-Thani in seiner Rede. Umgekehrt gebe es auch für deutsche Firmen in Katar große Investitionschancen. Während bisher vor allem Bau- und Planungskonzerne wie die Dorsch Gruppe aus Offenbach in Katar und am Golf generell ihre Chance hatten, lockt das Emirat mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen der Welt nun vor allem Unternehmen der Gesundheitswirtschaft und Bildungseinrichtungen mit speziellen Steuernachlässen – übrigens zwei Branchen, die gerade in der Stadt Berlin gut aufgestellt sind. Der Umstand, dass es in Katar keine Einkommensteuer gibt, lockt zudem Fachkräfte ins Land.

Während Wirtschaftsvertreter sich dann zu ihren nicht-öffentlichen Runden zurückzogen sprach Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Katars Emir Tamim Bin Hamand al-Thani dann doch auch über IS und dergleichen. Al-Thani widersprach Berichten, dass sein Land die extremistische Miliz IS in Irak und Syrien finanziere. Dann ging es wieder ums Geschäft. „Wir freuen uns über jedes katarische Investment“, sagte sie.

Am Donnerstag, dem zweiten Tag seines Staatsbesuches in Deutschland, dürfte der Emir die schlimmste Kritik schon hinter sich haben. Für ihn geht es auf nach Bayern. Auf dem Programm steht unter anderem ein Besuch bei Audi und ein „bayrischer Abend in einem Brauereigasthof“.

mit Reuters

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