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© Caro / Aufschlager

Wirtschaftskrise: Berliner Industrie schrumpft und schrumpft

Der Umsatz sinkt im September um ein Zehntel. Experten fürchten, dass die Krise noch längst nicht ausgestanden ist.

Berlin - Trotz aller Hoffnung auf einen Aufschwung kommt die Berliner Industrie nicht aus der Krise. Der Umsatz der Betriebe sank im September erneut um 9,8 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, teilte das Statistische Landesamt am Mittwoch mit. Dabei hatte sich die Stimmung in den Betrieben zuletzt verbessert, die Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) hatte auf Basis einer Umfrage eine Trendwende ausgemacht. „Die internationale Wirtschaftskrise wirkt sich in Berlin besonders in der Industrie aus. Der Umsatzeinbruch macht deutlich, welch tiefes Niveau mittlerweile erreicht ist“, sagte Wirtschaftssenator Harald Wolf (Die Linke) dem Tagesspiegel.

„Wegen seiner Strukturen kann sich Berlin nicht so stark erholen wie andere Regionen Deutschlands“, befand Hartmut Mertens, Chefvolkswirt der Investitionsbank Berlin (IBB). Noch im ersten Halbjahr hatte die Hauptstadt im Bundesländer-Vergleich an der Spitze gestanden – die Wirtschaft in Berlin war weniger geschrumpft als im Rest der Republik. Nun könnte sich als Nachteil erweisen, was in der Rezession ein Vorteil war: dass die Industrie in Berlin eine weitaus geringere Rolle spielt als bundesweit. Hier steht sie für ein Siebtel der Wertschöpfung, deutschlandweit ist es ein Viertel. Vom leichten konjunkturellen Aufwärtstrend im produzierenden Gewerbe profitiert die Stadt entsprechend weniger.

Am härtesten getroffen sind die Berliner Maschinenbauer (minus 24 Prozent im September) sowie die Hersteller von optischen und elektronischen Produkten (minus 18,6 Prozent). In der wenig krisenanfälligen Pharmabranche, die von Bayer Schering dominiert wird, gab es im September dagegen ein Umsatzplus von 7,5 Prozent. Die Industrie in Brandenburg kam auf ähnliche Zahlen wie Berlin, dort ging der Umsatz um 7,4 Prozent zurück.

IBB-Ökonom Mertens hält die Lage aber für besser, als es die Zahlen widerspiegeln. „Die Statistik berücksichtigt nur die 328 Unternehmen mit 50 und mehr Beschäftigten“, sagte er. „Die Berliner Industrie ist aber sehr kleinteilig, daher glaube ich, dass es tatsächlich nicht so finster aussieht – die Situation der kleinen Hightech-Firmen dürfte noch ganz gut sein.“ Allerdings ist die Lage der Industrie seit Monaten schlecht. Die Aufträge gehen deutlich zurück, zuletzt lag das Minus bei 21,2 Prozent. „Das zeigt, dass die Krise noch nicht durchgestanden ist“, kommentierte Senator Wolf.

Allerdings leidet die Beschäftigung der produzierenden Unternehmen noch nicht darunter – seit Jahresanfang beschäftigen die Betriebe relativ konstant rund 77 000 Mitarbeiter. Das dürfte vor allem darauf zurückzuführen sein, dass die Fabriken im großen Stil Kurzarbeit angemeldet haben. Angesichts der neuen Industriezahlen ist die IBB aber skeptisch, was die weitere Arbeitsmarktentwicklung betrifft. Mertens: „Die Unternehmen werden sich gut überlegen, ob sie nun Mitarbeiter einstellen wollen.“

Dafür macht er in anderen Wirtschaftssektoren eine hoffnungsvolle Entwicklung aus – etwa im Dienstleistungsbereich, der für rund 80 Prozent der Wirtschaftsleistung Berlins stehe und von der Krise wenig gespürt habe. Nach wie vor gebe es gute Nachrichten etwa vom Tourismus, was wiederum in anderen Branchen für Folgeaufträge sorge, erklärte Mertens. Für das Gesamtjahr erwartet er einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um drei Prozent. Regierung und Wirtschaftsexperten sehen für den Bund das Minus dagegen bei rund fünf Prozent.

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