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Wirtschaftskrise: Der Wohlstand schrumpft

Düstere Prognose: Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle erwartet ein Minus von fünf Prozent – und bald 4,5 Millionen Arbeitslose.

Berlin - Die weltweite Wirtschaftskrise wird Deutschland noch härter treffen, als bislang vermutet. Der Wohlstand in der Bundesrepublik werde dieses Jahr um fast fünf Prozent schrumpfen, die Arbeitslosenzahl bis Ende 2010 um eine auf 4,5 Millionen ansteigen. Das prognostizierte das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) am Dienstag. Als Hauptgrund für den Absturz nannten die Experten den zurückgehenden Export der Industrie. Allerdings rechnen Börsen-Experten damit, dass sich die Stimmung im Spätsommer wieder aufhellen wird.

„Der auf Investitionsgüter ausgerichtete Handel bekommt die ganze Wucht vom weltweiten Abbruch des langjährigen Globalisierungsbooms zu spüren“, schreiben die IWH-Ökonomen in der Studie. Im Dezember hatten sie nur mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 1,9 Prozent gerechnet. Allerdings habe sich die Lage für wichtige Handelspartner weiter verschlechtert, seit einem Jahr gingen die Aufträge für die Industrie zurück. „Erst zur Jahreswende werden sich mit dem Ende der konjunkturellen Talfahrt in den Industrieländern die deutschen Ausfuhren allmählich wieder beleben“, warnt das IWH. Gesamtwirtschaftlich sehen die Fachleute eine „Stabilisierung“ frühestens im Verlauf von 2010 – trotz der staatlichen Konjunkturpakete.

Bis vor kurzem hatten die meisten Fachleute ein Minus von nur drei bis vier Prozent erwartet. Angesichts der schwachen Daten für das Schlussquartal 2008 und der extrem schlechten Meldungen aus den Unternehmen dürften nun viele ihre Prognosen weiter nach unten korrigieren. „Dass bei allen neuen Prognosen etwas um minus vier Prozent herauskommt, ist nicht unwahrscheinlich“, erwartet Roland Döhrn, Konjunkturchef des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung. Sein Institut wird am kommenden Montag eine neue Vorhersage präsentieren. Bislang sind die Forscher der Deutschen Bank mit minus fünf Prozent die größten Pessimisten.

Das IWH sieht düstere Zeiten für den Arbeitsmarkt kommen. Nach einem Anstieg der Kurzarbeiterzahl auf bis zu 1,8 Millionen werde es 2010 deutlich mehr Erwerbslose geben. Mit 4,5 Millionen sei dann wieder die Marke erreicht, die vor dem jüngsten Aufschwung galt. Das IWH rät aber davon ab, weitere „kurzatmige Konjunkturprogramme“ zu beschließen. Dafür gebe es keinen Spielraum, ohnehin steige das Staatsdefizit auf sechs Prozent des Bruttoinlandsproduktes. „Vor allem ist fraglich, was weitere Maßnahmen bewirken könnten“, heißt es in der Studie weiter.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) beschreibt die Lage ähnlich. Die Talfahrt werde Anfang 2009 vorerst ungebremst weitergehen, das Bruttoinlandsprodukt von Januar bis März um 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal schrumpfen. „Ein Großteil der materiellen Früchte des letzten Aufschwungs ist damit wieder aufgezehrt“, sagte DIW-Experte Stefan Kooths.

Lichtblicke erwarten Experten erst wieder ab Sommer. Dafür sorgen nach Angaben des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) neben den staatlichen Hilfsprogrammen die niedrigen Zinsen und gesunkene Rohstoffpreise. Das ZEW-Konjunkturbarometer kletterte im März den fünften Monat in Folge. Es stieg auf minus 3,5 Punkte von minus 5,8 Zählern im Vormonat. Allerdings verschlechterte sich die aktuelle wirtschaftliche Lage den befragten Experten zufolge zuletzt weiter. Carsten Brönstrup

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