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Wirtschaftskrise: Kurzarbeit hat Konjunktur - auch in Berlin

Die Berliner Daimler-Arbeiter müssen sich auf Kurzarbeit einstellen. Auf einer Betriebsversammlung im Werk in Berlin-Marienfelde wurden die 3000 Beschäftigten am Mittwoch über mögliche Maßnahmen des Konzerns gegen die Absatzkrise informiert.

Berlin - Eine Entscheidung gab es noch nicht. An diesem Donnerstag sollen weitere Gespräche geführt werden. „Es wird noch verhandelt, aber ich gehe davon aus, dass es im Januar losgeht“, sagte Klaus Abel von der IG Metall. Daimler will, wie berichtet, bundesweit zehntausende Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. In den Werken Rastatt und Sindelfingen (beide in Baden-Württemberg) gilt ab Anfang Januar zunächst die Vier-Tage-Woche, eventuell auch die Drei-Tage-Woche.

Mehr als 200 000 Arbeitnehmer bundesweit werden nächstes Jahr kurzarbeiten müssen – das haben Experten des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung prognostiziert. Sie rechnen mit dem höchsten Stand seit sieben Jahren. Für das laufende Jahr werden knapp 74 000 Kurzarbeiter erwartet – im Oktober waren schon insgesamt mehr als 57 000 Kurzarbeiter registriert. Kurzarbeit muss bei der Arbeitsagentur beantragt werden, auch der jeweilige Betriebsrat muss zustimmen. Die betroffenen Beschäftigten erhalten vom Jobcenter abhängig vom Familienstand 60 bis 67 Prozent des ausgefallenen Lohnes. 2007 kostete dies die Arbeitsagentur nach eigenen Angaben 80 Millionen Euro. „In diesem Jahr haben wir 90 Millionen ausgegeben“, sagte ein Sprecher. 2009 wird es wahrscheinlich mehr werden.

Vom 1. Januar 2009 an schickt auch der Chipkonzern Infineon die rund 2400 Beschäftigten seines Regensburger Werkes in sechs Monate Kurzarbeit. Je nach Abteilung werde zwischen 15 und 40 Prozent der Arbeitszeit ausfallen. Der Werkzeugmaschinenbau erwartet im laufenden Jahr zwar noch ein Plus von zwölf Prozent auf den Rekordwert von etwa 14 Milliarden Euro. Für 2009 rechnet man aber mit einem Minus um 15 Prozent – vor allem weil ein Drittel der Maschinen an die Autoindustrie gehe. Die Branche versuche, Kürzungen auch mit Kurzarbeit aufzufangen, teilte der Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken mit.

In der Chemiebranche wird ebenfalls über Kurzarbeit nachgedacht. Das Leverkusener Unternehmen Lanxess teilte am Mittwoch mit, es werde bis Anfang Januar in einem Drittel der 45 deutschen Betriebe zunächst die Produktion herunterfahren. Auch Bayer hat nach Angaben eines Sprechers damit begonnen, die Produktionsmengen zu verringern. Branchenführer BASF hatte schon im November angekündigt, 80 Anlagen weltweit zeitweilig außer Betrieb zu nehmen. Noch könne man dem etwa durch den Abbau von Überstunden und Resturlaub begegnen. Zuletzt hatte der Düngemittelhersteller K+S Kurzarbeit angekündigt.

Wegen des Nachfrageeinbruchs in der Autoindustrie will der schwedische Kugellager-Produzent SKF weltweit 2500 Stellen streichen. Über Folgen für die mehr als 5000 deutschen Mitarbeiter von SKF-Töchtern ist noch nichts bekannt. Thyssen-Krupp, Deutschlands größter Stahlkocher, kommt nach Angaben eines Sprechers noch mit dem Abbau von Überstunden und Resturlaub aus. In Ludwigsfelde bei Berlin beschäftigt Thyssen-Krupp 400 Mitarbeiter.

Keine Angst vor Kurzarbeit müssen einer Sprecherin zufolge die 1300 Mitarbeiter bei Berlin-Chemie im Bezirk Treptow-Köpenick haben: „Bei uns läuft alles gut.“ Alle Betriebe könnten die Lage nur für kurze Zeit einschätzen, sagte Klaus Abel von der IG Metall. Die Beschäftigten sähen Kurzarbeit nicht nur wegen des geringeren Gehaltes kritisch: „Viele fragen sich, was ist die Perspektive meines Arbeitgebers“, berichtete Abel von Betriebsversammlungen.

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