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Wirtschaftskrise: Siemens weitet Kurzarbeit aus

Weil Siemens mit einer eher anhaltenden Auftragsflaute rechnet, will der Münchner Konzern die Zahl der Kurzarbeiter deutlich erhöhen. Besondere Probleme gibt es im Industriebereich und bei der Lichttechnik. Doch andere Bereiche stehen nicht ganz so schlecht da.

Der Elektrokonzern Siemens sieht noch lange kein Ende der weltweiten Wirtschaftskrise und will die Kurzarbeit ausweiten. Die Zahl der bisher rund 7400 von Kurzarbeit betroffenen Beschäftigten werde sich deutlich erhöhen, sagte Siemens-Finanzvorstand Joe Kaeser am Donnerstagabend in München. "Wir sind der Auffassung, dass die Kurzarbeit ein sehr probates Mittel ist, eine längere Schwächephase zu überbrücken." Nach der Industrieautomatisierung und der Lichttechnik-Tochter Osram werde es auch andere Sparten treffen. Von einer raschen Erholung geht Kaeser nicht aus.

Die wirtschaftliche Schwächephase werde "eher noch zwei Jahre als zwei Quartale" andauern. "Wir müssen uns auf eine deutliche Anpassung der Nachfrage einstellen." In vielen Geschäften ist nach Einschätzung Kaesers die Talsohle noch nicht erreicht. Siemens könnte auch über den Umweg der Kunden davon getroffen werden. "Wir werden einen kleineren Markt haben."

Prognosen werden - noch - beibehalten

Die Ergebnisprognose für die drei Sektoren Industrie, Energie und Medizintechnik von 8,0 bis 8,5 Milliarden Euro im laufenden Geschäftsjahr 2008/09 (30. September) hielt Kaeser zwar aufrecht, schränkte aber ein: "Wir werden das neu bewerten. So lange es keine neue Zahl gibt, gilt die alte." Am Vortag hatte Siemens-Chef Peter Löscher in einem Zeitungsinterview bereits die Prognose in Frage gestellt. Auch Kaeser erklärte: "Die Zeiten sind nicht einfacher geworden." Siemens sei aber der einzige Konzern in der Investitionsgüterindustrie, der seine Prognose seit der Herausgabe im vergangenen Juli aufrechterhalten habe.

Im zweiten Quartal erwartet Kaeser für den Konzernumsatz eine nominale Steigerung über das Vorjahresniveau von 18,1 Milliarden Euro. Das Ergebnis der Sparten von 1,3 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum will Siemens deutlich übertreffen. Zugleich solle der Auftragseingang über dem Umsatz liegen. Die genauen Zahlen veröffentlicht das Unternehmen am 29. April.

Finanzvorstand: "Wir sind nicht in der Krise"

Erhebliche Schwierigkeiten gibt es nach den Worten Kaesers in der Industrieautomatisierung, in der Antriebstechnik und bei Osram. Bei der Lichttechnik-Tochter dürften diese auch in den kommenden Quartalen anhalten. Für den Sektor Medizintechnik, der seit einiger Zeit mit Einsparungen im US-Gesundheitswesen kämpft, sieht Kaeser sowohl im zweiten Quartal als auch im laufenden Geschäftsjahr Umsatz- und Ergebnissteigerungen. "Der Medizinbereich hat keine Probleme", sagte er. Der Energie-Sektor halte sich weiter sehr gut. Hier seien für den Zeitraum zwischen Januar und März erhebliche Steigerungen des Ertrags im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu erwarten.

Stornierungen gebe es derzeit noch nicht, doch hätten sich Aufträge in einzelnen Geschäften verschoben, sagte Kaeser. "Die Weltwirtschaft befindet sich ganz sicher in der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg." Dem könne sich auch der Elektrokonzern nicht entziehen. "Die Krise ist bei Siemens angekommen, aber wir sind nicht in der Krise", sagte Kaeser. Mit den Konjunkturprogrammen hätten die Regierungen weltweit richtig auf die Situation reagiert. Bei Siemens dürften sich die Programme erst von 2010 an im Auftragseingang niederschlagen, sagte Kaeser. "Mit einer kurzfristigen Belebung sollten wir aus diesen Programmen nicht rechnen."

Treiber für das Geschäft von Siemens bleibe weiter das robuste Energiegeschäft. Auch die "grünen Technologien" seien nicht nur ein Trend, sondern es gebe auch eine industrielle Nachfrage. So biete das Offshore-Windkraftgeschäft vor den Küsten eine stabile Preisentwicklung. Weitere Zukäufe könnte sich Kaeser in der Solarthermie vorstellen. Erst vor einigen Tagen war Siemens bei dem italienischen Solarthermie-Spezialisten Archimede Solar Energy (ASE) eingestiegen und hatte einen weiteren Ausbau dieses Geschäfts angekündigt. (mhz/dpa)

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