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Wirtschaftskrise: Zentralbank: Krise wirkt 20 Jahre nach

Die finanziellen Folgen der weltweiten Wirtschaftskrise werden vielen Euroländern selbst unter günstigen Annahmen für die weitere Entwicklung noch rund 20 Jahre massive Probleme bereiten. Zu dieser Einschätzung kommt die Europäische Zentralbank in ihrem Monatsbericht.

Von Lutz Haverkamp

Berlin - Die jetzt angehäuften Schuldenberge in den 16 Euroländern hätten eine Größe erreicht, die mit den Stabilitätskriterien für die Einheitswährung nicht mehr vereinbar sei. Viele Staaten müssten ihre Konsolidierungsanstrengungen deshalb kräftig erhöhen, heißt es in dem Bericht. Die Kosten der Krise haben die Verschuldung in den Euroländern im Schnitt auf knapp 85 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in die Höhe getrieben. Vor der Krise lag die Quote bei 70 Prozent. Die EU-Regeln sehen eine Staatsschuld von maximal 60 Prozent des BIP vor. „Selbst bei einer durchschnittlichen Haushaltskonsolidierung in Höhe von 0,5 Prozentpunkten des BIP pro Jahr dürfte es zwei Jahrzehnte dauern, bis die auf Euroraumebene verzeichnete Schuldenquote wieder auf ihren Stand vor der Finanzkrise zurückkehrt“, schreibt die Notenbank.

In Deutschland stieg die Verschuldung der öffentlichen Haushalte bis zum Jahresende 2009 um 112,7 Milliarden Euro oder 7,1 Prozent, rechnete das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden vor. Dies war der zweitgrößte absolute Schuldenzuwachs gegenüber dem Vorjahr seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Insgesamt erreichte die Verschuldung der öffentlichen Haushalte zum Jahresende 2009 eine Gesamtbelastung von 1692,2 Milliarden Euro.

Die EZB sieht bei der deutschen Regierung zwar grundsätzlich Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung, bemängelt aber, dass das Vorhaben „nicht durch konkrete Maßnahmen untermauert“ sei. Die Folge: „Für die Schuldenquote wird ein Anstieg von 72,5 Prozent im Jahr 2009 auf 82 Prozent im Jahr 2013 erwartet.“ Die Bundesregierung will die Verschuldung ab kommendem Jahr jährlich um ein Prozent zurückfahren.

Der FDP-Politiker und ehemalige Außenminister, Hans-Dietrich Genscher, ruft die Bundesregierung in einem Beitrag für den Tagesspiegel dazu auf, „eine entschlossene Politik der Haushaltskonsolidierung“ zu verfolgen. Alles andere gefährde das Vertrauen in den Euro.

Um den Euro gegen Spekulanten zu schützen, wollen Deutschland, Frankreich, Luxemburg und Griechenland Wetten auf Staatsbankrotte zur Not verbieten lassen. In einem am Donnerstag veröffentlichten Brief an Kommissionspräsident José Manuel Barroso und den derzeitigen EU-Ratspräsidenten José Luis Rodriguez Zapatero fordern die Staats- und Regierungschefs der vier Länder, „exzessive Spekulationen zu verhindern, die Transparenz zu stärken und die Integrität und Sicherheit von Derivatetransaktionen zu verbessern“. Im Blick haben die vier EU- Länder sogenannte Credit Default Swaps (CDS). Das sind Versicherungen auf Kredite, mit denen sich die Kreditgeber gegen einen möglichen Zahlungsausfall absichern. CDS werden in einem großen Markt aber auch losgelöst von den dahinter stehenden Krediten gehandelt. Spekulanten haben nun den Vorwürfen mehrerer Staaten zufolge darauf gewettet, dass diese CDS für griechische Staatsanleihen massiv an Wert verlieren – was der Fall wäre, wenn Griechenland pleitegeht. Für den griechischen Staat macht das neue Kredite deutlich teurer. mit AFP

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