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Wirtschaftsschäden: Klimawandel könnte 800 Milliarden kosten

Abzuwenden ist es sowieso nicht, sind sich Wirtschaftsforscher vom DIW sicher. Aber der Klimawandel könnte die deutsche Wirtschaft enorm viel Geld kosten. Von 800 Milliarden bis zum Jahr 2050 ist die Rede.

Berlin - Der Klimawandel ist nach Einschätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) höchstens noch abzumildern. In Deutschland werde er riesige Kosten verursachen. Bei einem Anstieg der globalen Oberflächentemperatur bis 2100 um 4,5 Grad Celsius über den Stand vor Beginn der Industrialisierung entstünden in Deutschland bis zum Jahr 2050 Kosten von 800 Milliarden Euro, erläuterte die Umweltexpertin des Instituts, Claudia Kemfert. Berücksichtigt seien in diesen Kosten Klimaschäden, erhöhte Energiekosten und Schutzmaßnahmen wie der Bau von Deichen, Schutzmauern oder Wasser-Rückhaltebecken.

Es sei davon auszugehen, dass die globale Erderwärmung über die kritische Grenze von 2 Grad hinausgehe und sich extreme Wetter-Lagen mit Wirbelstürmen, Überschwemmungen und Dürreperioden verstärkten, sagte Kemfert zur Basis der DIW-Kostenberechnungen. Von einer Erderwärmung von 2 Grad, wie sie die Wissenschaft bis 2100 allgemein als Obergrenze zur Beherrschung des Klimawandels ansehe, sei kaum noch auszugehen, sagte Kemfert. Für das 2-Grad-Szenarium müsste in Deutschland der jährliche Pro-Kopf-Ausstoß bei Kohlendioxid von 10,4 Tonnen auf 3 Tonnen gesenkt werden. Auch die Beschlüsse des jüngsten EU-Gipfels zur Senkung des CO2-Ausstoßes um 20 Prozent bis 2020 sowie zum Ausbau Erneuerbarer Energien und zur Energie-Effizienz um je 20 Prozent "werden den Klimawandel nicht aufhalten".

Um das Schlimmste zu verhindern, müsse die EU mindestens diese Ziele erreichen und daneben auf absehbare Zeit auch auf modernisierte Kohlekraftwerke und Atomkraft setzen. Die CO2-Emissionsmengen in der EU müssten bei gleichzeitiger Versteigerung der Handelszertifikate verknappt werden. "Auch müssen wir die USA ins Boot holen", sagte Kemfert zur bisherigen Weigerung Washingtons, an der gemeinsame Klimaschutzpolitik im Rahmen des Kyoto-Protokolls mitzuwirken. Da China und Indien ihr Wachstum verstärken wollten, sei die Klima- Stabilisierung nur schwer zu erreichen. "Vor diesem Hintergrund ist es wahrscheinlich, dass der Klimawandel sich eher beschleunigt."

Mehr Stürme, Hurrikans und Überflutungen

Mit einer Temperaturerhöhung um mehr als 2 Grad bis 2100 "werden extreme Klima-Ereignisse wie Hurrikane, Stürme, extreme Niederschläge und Überflutungen sowie sehr heiße Sommer mit Dürren häufiger und intensiver eintreten", heißt es im Bericht. "Auch in Deutschland wird es zu Klimaveränderungen kommen." Auf Grund von Wasserknappheit und Trockenheit seien Ernteeinbußen vor allem in Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen zu erwarten. "An Nord- und Ostsee ist vermehrt mit Sturmfluten zu rechnen." Sehr wahrscheinlich sei, "dass durch eine globale Temperaturveränderung um 1 Grad etwa 60 Prozent der heutigen Wintersportgebiete in Deutschland keinen Schnee mehr aufweisen". Bei 4,5 Grad wären sogar sämtliche deutschen Skigebiete "schneefrei". Dagegen könne Norddeutschland auf Grund des milderen und wärmeren Klimas mit mehr Tourismus rechnen.

"Sollte keine nennenswerte Intensivierung des Klimaschutzes erreicht werden, können sich die durch den Klimawandel insgesamt verursachten Kosten bis 2100 (in der Summe) auf fast 3000 Milliarden Euro belaufen", heißt es in der Studie. Auch bei Verringerung der schädlichen Treibhausgase wie Kohlendioxid (CO2) seien als Folge von Dürren, Überschwemmungen und Stürmen Wachstumsverluste in Deutschland von durchschnittlich 0,5 Prozent zu erwarten, sagte Kemfert. Dies werde die Wirtschaft bis 2050 in unterschiedlichem Maße mit Schäden treffen: Bauern und Forstwirte mit etwa 3 Milliarden Euro, die Tourismusindustrie mit 30 Milliarden, die Versicherungen mit 100 Milliarden, den Gesundheitssektor auch infolge von Krankheiten wie Malaria mit 61 Milliarden und die Energiewirtschaft bei 20-Prozent-Preiserhöhungen durch Energie-Verknappung mit 130 Milliarden Euro. (tso/dpa)

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