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Wirtschaftssenatorin Obernitz: Gibt es Handlungsbedarf bei der Berliner Wirtschaftsförderung?

Senatorin Sybille von Obernitz will Berlins Wirtschaft besser steuern. Bei den Beteiligten stößt sie damit nicht unbedingt auf Gegenliebe.

Am Mittwochnachmittag gab es Kuchen im Ludwig-Erhard-Haus. Jan Kretschmer, der kaufmännische Leiter, gab einen kleinen Ausstand. Nach fünf Jahren bei den Partnern zieht der junge Mann weiter. Zurück bleiben Geschäftsführerin Melanie Bähr und Personalchefin Kirsten Latotzky.

Oder vielleicht sollte man von einem Trio sprechen, denn oben links neben dem Organigramm der Partner sticht der Name der „Amtierenden Aufsichtsratsvorsitzenden“ ins Auge: Sybille von Obernitz. Am Montag war Aufsichtsratschef Peter Zühlsdorff nach einem Gespräch mit der Wirtschaftssenatorin zurückgetreten. Nun kann sie umsetzen, was sie für die Politik, für ihre Verwaltung und sich selbst reklamiert: Mehr Einfluss nehmen auf die Institutionen der Wirtschaftsförderung im Land Berlin. „Das Zusammenspiel der Wirtschaftsverwaltung, Visit Berlin, Berlin Partner, TSB und IBB werden wir kritisch hinterfragen und als Zielstellung strategischer und verzahnter aufstellen“, heißt es im Koalitionsvertrag von SPD und CDU. Das klingt ambitioniert.

Überhaupt gehört es seit Jahren zum wirtschaftspolitischen Standardprogramm, eine engere Verbindung, bestenfalls die Fusion von Technologiestiftung TSB und Berlin Partner zu fordern. Aber wie und mit welchem Gesellschafterkreis? Die Partner selbst haben viele Jahre gebraucht, um sich nach dem Zusammenschluss von drei Institutionen zu finden.

Die Tourismuswerber von Visit wiederum überzeugen mit ausgezeichneten Zahlen, und die IBB hat als Förderbank des Landes Berlin das verstaubte Image der früheren Wohnungsbaukreditanstalt überwunden. Wo also will die Senatorin ansetzen? „Wenn die Ergebnisse stimmen, gibt es doch keinen Veränderungsbedarf“, wundert sich ein Wirtschaftsvertreter über das Ziel der Senatorin, die vier Gesellschaften und die Messe Berlin stärker an die Kandare nehmen zu wollen. Ausgerechnet eine Senatorin, die von der CDU nominiert worden war. Ihr Vorgänger Harald Wolf (Die Linke) hat die Wirtschaftsförderer der Berlin Partner mit der ihm eigenen Geduld neu ausgerichtet.

Bei Obernitz scheint die Zeit knapp zu sein. Dazu hat sie „den Anspruch, zu steuern“, wie durchaus wohlwollend in Gewerkschaftskreisen kommentiert wird. Aber das ist kein ungefährliches Unterfangen bei dieser Wirtschaftsverwaltung und dem Establishment in Verbänden und Institutionen. „Berlin hat eine realsozialistische Osthälfte und eine realsozialistische Westhälfte“, spottet der Gewerkschafter über die Reaktionen in der Wirtschaft auf Obernitz-Äußerungen über eine mutmaßliche Subventionsmentalität in der Stadt. „Das hat uns sehr geärgert“, sagt ein Wirtschaftsmann, der sich überhaupt nicht vorstellen kann, „wie sich eine qualitativ und quantitativ schlecht aufgestellte Verwaltung stärker um die Fördereinrichtungen kümmern will“.

Bei der Gesellschafterstruktur der Partner und der Tourismusgesellschaft Visit ist das ohnehin schwierig, denn die funktionieren als Joint Venture von Wirtschaft und Politik. Und sie funktionieren ganz gut. „Wenn die Ergebnisse stimmen, gibt es keinen Veränderungsbedarf“, heißt es bei einem Verband.

Ähnlich sei die Lage bei der IBB und der Messe. Die Investitionsbank habe den Wandel „weg von der Zuschusspolitik, hin zur Kreditgewährung“ geschafft, und die Messe Berlin sei eine der wenigen Messegesellschaften, die mit Gewinn arbeiten. Dass Obernitz der Messe den Betrieb eines Kongresshotels aus Wettbewerbsgründen untersagt habe, sei nicht nachvollziehbar. Anstatt gut laufenden Landesgesellschaften das Leben schwer zu machen, sollte sich die Senatorin um die wirklichen Problemkinder kümmern: die Partner.

Gesucht wird ein Aufsichtsratschef, ein kaufmännischer Leiter und ein neuer Geschäftsführer. Oder auch nicht. Denn der Aufsichtsrat ist zerstritten in der Frage, ob Melanie Bähr den Laden alleine schmeißen kann. Eingestellt wurde sie jedenfalls noch zu René Gurkas Zeiten für die interne Organisation. „Wir brauchen aber einen starken Außenminister“, ist in der Wirtschaft zu hören.

Womöglich übernimmt Obernitz diese Funktion aber auch selbst. Denn anders als Wolf, der zwar für seine Zuverlässigkeit geschätzt wurde, aber als Linker keinen leichten Stand hatte (ein Wirtschaftsvertreter: „Der wurde nicht eingeladen, ihm fehlten die Kontakte.“), stünden der parteilosen Obernitz die Türen offen. Vielleicht ändert sich das aber auch gerade. „Es ist unglaublich, wie es aus den Leuten raussprudelt, wenn man ihren Namen nennt“, sagt ein Wirtschaftsförderer und meint Wehklagen und Polemik.

Aber auch: „Ich finde richtig, dass sie sich einmischt und nach dem Nutzen der öffentlichen Mittel fragt“, sagt Markus Voigt, Chef des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller.

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