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Wirtschaft: Wo Arbeitslose nicht in der Schlange stehen - Bei Hamburger Telefonhilfe rufen vor allem Langzeitarbeitslose an - Mehr als 33 000 Anrufe im Jahr

"Sie rufen aus Berlin an?", fragt die freundliche Frau am anderen Ende der Leitung, "sollen wir zurückrufen?

"Sie rufen aus Berlin an?", fragt die freundliche Frau am anderen Ende der Leitung, "sollen wir zurückrufen?" Die Dame ist offenbar an Gesprächspartner mit schmalem Geldbeutel gewöhnt. Sie ist eine von 27 Beratern der Arbeitslosen-Telefonhilfe e.V. in Hamburg. Seit die Telefonberatung vor 17 Jahren von Arbeitslosen gegründet wurde, ist die Zahl der Anrufer kontinuierlich angewachsen. Von gut 1200 im Jahre 1985 auf über 33 400 in diesem Jahr, fast ein Fünftel der Anrufer sind Ausländer.

"Die Anrufe kommen aus allen Bundesgebieten," sagt Rolf Döring, der Geschäftsführer der Arbeitslosen-Telefonhilfe e.V., "und immer öfter auch aus Berlin und Brandenburg." Das liegt wohl daran, dass es vergleichbare Angebote außerhalb Hamburgs nicht gebe, sagt Döring. Im Laufe der Jahre ist die ehemalige Selbsthilfegruppe professioneller geworden, heute steht ihr ein Budget von 1,8 Millionen Mark pro Jahr zur Verfügung. Die Kosten teilen sich der Europäische Sozialfonds, die Stadt Hamburg und die Bundesanstalt für Arbeit. Dennoch legt der Geschäftsführer Wert darauf, dass die Telefonhilfe unabhängig ist. "Die meisten Anrufer sind Langzeitarbeitslose und Menschen, die schon lange von Sozialhilfe leben", sagt Döring, "die schleppen neben der Arbeitslosigkeit noch ein großes Sorgenpaket mit sich herum - Schulden, psychische Probleme, Stress mit der Familie." Dieses Sorgenpaket versuchen die Mitarbeiter der Telefonhilfe aufzuschnüren. Erst nach der telefonischen, im Ausnahmefall auch persönlichen Beratung - für die sich die Mitarbeiter bis zu zwei Stunden Zeit nehmen - beginnt die Arbeitsplatzsuche.

Job-Vermittlung möglich

"Es nützt doch nichts, einen Langzeitarbeitslosen einfach in einen Job zu vermitteln, wenn ich davon ausgehen muss, dass der es aufgrund seiner persönlichen Lage doch nicht schafft", sagt Döring. Das unterscheide den Ansatz der Hamburger von dem des Arbeitsamtes. Umgekehrt sei auch den Firmen damit nicht geholfen. "Das Problem ist, dass gerade kleine Unternehmen oft resignieren, weil ihnen das Arbeitsamt die falschen Leute zugewiesen hat." Die Telefonhilfe versuche daher, selbst Kontakt zu Firmen aufzunehmen und ihnen Arbeitslose zu vermitteln, "von denen wir glauben, dass sie voll einsteigen können", sagt Döring. Bei Bedarf übernehme der Verein auch "die Formalien". Eine Konkurrenz zum Arbeitsamt will der Verein aber nicht sein. "Wir sind keine Vermittlungsagentur", betont der Geschäftsführer. "Alles, was wir versuchen, ist, die Leute wieder in das Arbeitsleben einzugliedern." Dabei kommt der Telefonhilfe zugute, dass sie mit vielen Institutionen vernetzt ist, mit Arbeitsämtern, Handwerkskammern und Verbänden. "Es gibt eben Probleme, die wir selbst nicht lösen können", sagt Döring. Auch dann werden die Anrufer nicht allein gelassen: Die Mitarbeiter der Telefonhilfe - überwiegend Sozialarbeiter und Psychologen - vermitteln den Ratsuchenden an Ansprechpartner weiter. Bei Bedarf auch in Berlin und Brandenburg.Arbeitslosen-Telefonhilfe e.V., Bachstraße 113b, 22083 Hamburg, Tel. 040/22 75 74 73, Telefonische Beratungszeiten: Montag bis Freitag 9 bis 21 Uhr.

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