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Wirtschaft: Wo die Post abgeht, entstehen Wohnungen In das Postamt im Zentrum Zehlendorfs ziehen neue Nutzer ein. Auch andere Filialen werden umgestaltet

Immer wieder gehen Passanten auf das Postamt in der Martin-Buber-Straße 23 in Berlin-Zehlendorf zu, um unverrichteter Dinge wieder kehrtzumachen. Briefmarken kaufen und Pakete aufgeben kann man hier nicht mehr – die Postfiliale ist in die Potsdamer Straße gezogen.

Immer wieder gehen Passanten auf das Postamt in der Martin-Buber-Straße 23 in Berlin-Zehlendorf zu, um unverrichteter Dinge wieder kehrtzumachen. Briefmarken kaufen und Pakete aufgeben kann man hier nicht mehr – die Postfiliale ist in die Potsdamer Straße gezogen. Die Büros in den oberen Geschossen dagegen nutzt die Post zum Teil noch, wenn auch nicht mehr lange: Spätestens Ende Mai wird ihre Geschichte an diesem Standort endgültig zu Ende sein.

Leer stehen wird das markante Gebäude aus dem frühen 20. Jahrhundert jedoch nicht lange. „Im Juni möchten wir mit der Revitalisierung beginnen“, kündigt Nadir Guediri an, Projektleiter bei der Copro-Gruppe, die das Gebäude zusammen mit einem Privatinvestor erworben hat. Dabei strebt das Unternehmen eine gemischte Nutzung an, die neben Einzelhandel und Büros auch Wohnungen umfasst. Im ersten Quartal 2012 hofft Copro die Arbeiten abgeschlossen zu haben.

In Zehlendorf dürfte die Nachricht auf großes Interesse stoßen. Schon 2006 erkundigte sich die CDU-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung besorgt nach der Zukunft des direkt am S-Bahnhof Zehlendorf gelegenen Gebäudes. Denn mit ihrer markanten Fassade prägt die in drei Bauabschnitten zwischen 1902 und 1937 errichtete Immobilie den Standort und genießt einen hohen Bekanntheitsgrad. Ein Einzeldenkmal ist das „Kaiserliche Postamt“ – unter diesem Namen vermarktet die Copro ihr Vorhaben – jedoch nicht. Das bietet größere Möglichkeiten für die Umnutzung. Noch ist die Planung nicht im Detail mit dem Bezirksamt abgestimmt, doch die Grundzüge stehen laut Guediri fest. Im Hochparterre wird es demnach einen oder zwei Läden geben. Derzeit laufen Mietvertragsverhandlungen, wobei es, so Guediri, etwas „mit Anspruch und Niveau sein muss“.

Den Eingang, bisher an der linken Seite, will Copro in die Mitte verlegen und mit einer Rampe versehen. Damit soll ein barrierefreier Zugang zum Einzelhandel und zu den Wohnungen ermöglicht werden. Letztere entstehen im ersten und zweiten Dachgeschoss. Die Planer des Berliner Büros von Bothmer Architekten wollen den Spitzboden ausbauen und so zusätzliche Nutzfläche schaffen. Vorgesehen sind sieben mehrheitlich über einen Aufzug zugängliche Wohnungen mit einer Fläche zwischen 84 und 128 Quadratmetern. Zwei werden barrierefrei gestaltet, die anderen fünf als Maisonette.

Dass auch andere Beobachter die Lage im Zentrum von Zehlendorf als attraktiv einschätzen, zeigt ein Schild gegenüber dem einstigen Postamt: In einer Baulücke will dort eine Baugruppe bis 2012 vier Eigentumswohnungen errichten. Die Geräusche der unmittelbar benachbarten S-Bahn störten die Wohnqualität im Übrigen dank Schallschutzfenstern nicht, ist Guediri überzeugt.

Dritter Bestandteil des Nutzungskonzepts sind Büros im ersten Obergeschoss. Entsprechende Erfahrungen hat Copro bereits beim ehemaligen Postamt in der Soorstraße in Westend gemacht. Das gestaltete das Unternehmen in Zusammenarbeit mit der Hofkammer des Hauses Württemberg zu einem Bürogebäude namens Fredericia-Haus um. Allerdings sind dort, anders als in Zehlendorf, die Deutsche Post und die Deutsche Telekom weiterhin Mieter.

Eine Postfiliale gibt es auch im ehemaligen Post- und Telekomgebäude in der Bergmannstraße 71/72 in Kreuzberg. Vor gut einem Jahr beendete die Projektentwicklungsgesellschaft Dr. Gop & Klingsöhr im Auftrag des englischen Eigentümers die Umbauarbeiten an dem fast 90 Jahre alten Gebäude am Marheinekeplatz. Neben der Deutschen Post haben sich ein Biosupermarkt und eine Bäckereikette eingemietet. „Der große Vorteil von Postgebäuden ist, dass sie eine frei tragende Konstruktion haben“, sagt Projektentwickler Stefan Klingsöhr. Dies ermögliche es, die Büroflächen in den Obergeschossen so flexibel zu gestalten, dass sie auch den Ansprüchen von Unternehmen wie etwa dem Internetanbieter myToys.de GmbH genügen.

Vor einer Herausforderung stand Klingsöhr dagegen im Erdgeschossbereich: Dort fand er ein Hochparterre vor – und ein nicht ebenerdiger Zugang, weiß der Immobilienfachmann, „ist für Einzelhändler ein Ausschlusskriterium“. Die Lösung: Er lotste die Postfiliale vom ursprünglichen Standort um die Ecke in die Bergmannstraße und erhielt so die Möglichkeit, das Hochparterre zum Marheinekeplatz hin auf Bodenniveau abzusenken. Gleichzeitig wurde durch diese Maßnahme eine Raumhöhe von fünf Metern geschaffen, was einen großzügigen Eindruck macht.

Anders als die Copro-Gruppe in Zehlendorf verzichtete Dr. Gop & Klingsöhr in Kreuzberg darauf, Wohnungen zu schaffen. Warum, wo doch die Gegend um den Marheinekeplatz als Wohnort äußerst begehrt ist? „Als wir vor vier Jahren das Konzept entwickelten, sahen wir den Wohnungsmarkt noch nicht so stark wie heute“, antwortet Klingsöhr. Bei Mietwohnungen hätten sich die Investitionen deshalb nicht gerechnet. Und gegen den Verkauf als Eigentumswohnungen habe die Größe des Vorhabens gesprochen – in der Immobilie hätten etwa 140 Wohneinheiten entstehen können.

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