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Wirtschaft: Wo Investoren gepflegt baden gehen können

Erfasst eine Privatisierungswelle die Inseln der Ägäis? Ein Unternehmen dafür gibt es schon

Inseln wie Rhodos, Mykonos, Naxos oder Kreta lassen Herzen höherschlagen; malerische Dörfer mit engen Gässchen, schattige Olivenhaine, beeindruckende historische Stätten, traumhafte Strände, kristallklares Meer und wunderschöne Sonnenuntergänge. Dafür kommen jedes Jahr mehr als 14 Millionen Urlauber aus aller Welt nach Griechenland. Eine Ferienimmobilie auf einer der griechischen Inseln erscheint da manchem als lohnende Investition, zumal bald nicht nur Anwesen, sondern vielleicht auch ganze Inseln zum Verkauf stehen. Aber: Wie soll das gehen und gibt es dafür tatsächlich einen Markt?

Seit Jahren schon versuchen Investoren den griechischen Staat davon zu überzeugen, dass der Verkauf einiger seiner mehr als 6000 Inseln dringend benötigtes Geld bringen könnte. Mit dem drohenden Staatsbankrott ist diese Forderung aktueller denn je. Jean-Claude Juncker, Chef der Euro-Gruppe, fordert Griechenland jetzt auf, sich über eine noch zu etablierende Treuhand unter anderem von einem Teil seiner Inseln zu trennen. Zumal der Staat und seine potenziellen Retter in Form des Internationalen Währungsfonds und der Eurozonen-Finanzminister errechnet haben wollen, dass bis 2015 mit dem Verkauf oder der Verpachtung von Liegenschaften und staatlichen Beteiligungen 50 Milliarden Euro zu verdienen seien.

Da Privatisierungen nicht erst heute ein Thema in Griechenland sind, gibt es bereits ein staatliches Unternehmen dafür, die Hellenic Tourist Properties S.A., auch ETA genannt. Seit mehr als zehn Jahren ist es für die Privatisierung der staatlich geführten Hotels, Spas und Ferienanlagen zuständig. Es erzielte bisher nur mäßige Erfolge. Denn in den vergangenen Jahren hat das Unternehmen, das 2004 selbst teilprivatisiert werden sollte, aufgrund von Wertkorrekturen einiger Liegenschaften Verluste hinnehmen müssen. Jetzt hat die ETA eine Hitliste mit zehn Grundstücken aufgestellt, von denen sie glaubt, dass sie am ehesten zu verkaufen sind, um einen (kleinen) Beitrag zur Abwendung der Staatspleite zu leisten. Darunter: der Yachthafen Vouliagmeni in der Nähe von Athen; das in den 60er Jahren stillgelegte Salzwerk Anavyssos mit dazugehörigem Strandabschnitt; der in die Jahre gekommene Afandou Golfclub auf Rhodos sowie der direkt am Meer gelegene Campingplatz Kamena Vourla in Mittelgriechenland, zu dem auch zwei heiße Quellen gehören.

Einige der Liegenschaften und Beteiligungen auf der Liste stehen schon seit Jahren zum Verkauf. Ohne Erfolg. Dass sich kaum ausländische Investoren für griechische Liegenschaften finden, ist nicht verwunderlich. „Griechenland ist für Ausländer komplett uninteressant“, sagt Farhad Vladi, Geschäftsführer der Vladi Private Islands GmbH in Hamburg. Das Unternehmen ist auf den Verkauf und die Vermietung von Privatinseln weltweit spezialisiert. „Um ein Grundstück zu kaufen, benötigt man in Griechenland 32 verschiedene Genehmigungen von verschiedenen Behörden und Ämtern. Es stehen zwar auch immer wieder private Inseln zum Verkauf, aber in den vergangenen 50 bis 60 Jahren ist nicht eine davon an einen Ausländer übertragen worden.“ Er kenne nur einen amerikanischen Anwalt aus Los Angeles, der vor Jahren eine griechische Insel erworben hat, sagt Vladi. Aber dessen Mutter sei ja Griechin gewesen, und so musste er nicht alle 32 Genehmigungen einholen. „Natürlich könnte die Regierung die bürokratischen Hürden mit einem Federstrich aus dem Weg schaffen, aber bisher ist das noch nicht geschehen“, sagt Vladi und bezweifelt, dass sich das im Zuge der aktuellen Privatisierungspläne ändert. Man dürfe auch nicht vergessen, dass die besonders attraktiven Inseln ohnehin schon in privater Hand seien oder unverkäuflich, wie zum Beispiel Rhodos und Mykonos.

Wie die meisten Experten, glaubt auch Vladi nicht, dass der Staat mit dem Verkauf von einigen Felsen im Meer viel Geld einnehmen wird. „Außerdem kommt noch hinzu, dass viele Inseln unter Naturschutz stehen und andere zu nah an der türkischen Grenze sind, also ein Sicherheitsproblem darstellen, wenn sie zu Ferieninseln entwickelt oder an einen ausländischen Investor verkauft würden.“ Sein Lustpegel sei „immer ganz unten“, sagt Vladi, wenn sich jemand für eine der griechischen Inseln interessiere, die er in seinem Katalog zum Kauf anbiete. „Die Griechen sollten besser die Sonne verkaufen, also Solarstrom, anstatt mit der Privatisierung von Inseln oder Grundstücken am Meer Geld verdienen zu wollen“, meint der Makler. Denn solange der Markt nicht offen und transparent sei, schreckten Investoren davor zurück, sich in Griechenland zu engagieren. Die Gefahr, am Ende auf dem Investment sitzen zu bleiben, sei groß. Kaum ein Käufer sei willens und in der Lage, den Kampf mit den Behörden aufzunehmen. Zumal in Griechenland erst vor wenigen Jahren Grundbuchämter die Arbeit aufgenommen haben; vielerorts sind die Eigentumsverhältnisse noch immer ungeklärt.

So wie im Fall des Raumplanungsexperten Nikolaos Triantafyllopoulos, der in einem Bericht die mangelnde Transparenz des griechischen Immobilienmarktes beschrieb. Es handelt sich dabei um ein Küstengrundstück auf der Insel Zakynthos. 1993 stellte das Landwirtschaftsministerium nach einem jahrelangen Rechtsstreit über die Eigentumsverhältnisse fest, dass sich das Grundstück im Privatbesitz befinde. Noch im selben Jahr wurde es an zwei griechisch- amerikanische Bauunternehmer verkauft, die 500 Millionen US-Dollar für eine hochklassige Ferienanlage investieren wollten. Kurz darauf revidierte das Ministerium jedoch seine Entscheidung. Bei dem Grundstück handele es sich um Staatseigentum, erklärte es nun. Der Fall landete vor dem Obersten Gericht, das die Revision für illegal befand. Der Verkauf war somit rechtskräftig. Am 1. Dezember 1999 wurde endlich der Bebauungsplan genehmigt. Nun sollten die Investoren loslegen. Doch am selben Tag wurde das gesamte Küstengebiet von Zakynthos plötzlich zum Naturschutzgebiet für Schildkröten erklärt. Damit waren alle Investitionspläne dahin, und dies ist kein Einzelfall.

Etwas anders sieht es auf dem Immobilienmarkt aus, vor allem auf Rhodos. „Wir haben hier im Vergleich zum übrigen Griechenland ein funktionierendes Katastersystem, was eine saubere Kaufabwicklung ermöglicht“, sagt Geschäftsführer Georg Petras, Lizenzpartner der Maklerkette Engel & Völkers auf der beliebten Ferieninsel. Für EU-Bürger ist der Immobilienerwerb auch recht unkompliziert. Es genügt eine Steuernummer, die man beim örtlichen Finanzamt beantragt, und ein Anwalt, der bei der Vertragsunterzeichnung anwesend sein muss.

„Das Interesse an Ferienimmobilien ist hier ungebrochen groß, wobei private Käufer aufgrund der unsicheren Lage noch zurückhaltend sind“, sagt Petras. Insgesamt seien seit Mitte 2009 die Preise um bis zu 30 Prozent zurückgegangen, in Einzelfällen sogar bis zu 50 Prozent. Allerdings rechnet er nicht damit, dass sie weiter fallen werden. „Rhodos brummt“, sagt er. „Man merkt von den Protesten in Athen nichts. Die Urlauber kommen nach wie vor. Im vergangenen Jahr haben wir neun Prozent mehr Touristen verzeichnet, und dieses Jahr waren es im April schon elf Prozent mehr als 2010.“ Zwar sei ein Teil des Anstiegs auch darauf zurückzuführen, dass viele Urlauber aufgrund der Unruhen in Nordafrika auf Griechenland als Alternative ausgewichen seien. Dennoch sei der jährliche Zustrom an Besuchern auf die griechischen Inseln ungebrochen, insbesondere nach Rhodos.

Entsprechend ist die Nachfrage nach Wohn- und Ferienimmobilien groß, wobei Interessenten vor allem aus Deutschland, Österreich und Frankreich kommen. „Allerdings ist die unter ihnen verbreitete Schnäppchenjäger-Mentalität bei Verhandlungen wenig hilfreich“, hat Petras beobachtet. Die Verkäufer seien meist in der glücklichen Lage, abwarten zu können. „Anstatt jetzt zu einem niedrigeren Preis zu verkaufen, vermieten sie ihre Objekte lieber und warten auf einen Käufer, der mehr zahlt.“ Was Petras weiterhin zu vorsichtigem Optimismus hinsichtlich der Preisentwicklung auf Rhodos veranlasst, ist die Tatsache, dass auf der Insel nur kleine Bauträger aktiv sind. Mit Beginn der Krise mussten sie ihre Tätigkeiten einstellen. Somit gibt es hier im Gegensatz zu Athen, wo 200 000 Wohnungen leer stehen, kein Überangebot. Dementsprechend stabil sind die Preise. Wer also auf eine großzügige Villa im Sommerschlussverkauf hofft, wird auf Rhodos wenig Glück haben. Das Gleiche gilt für die Nachbarinsel Symi, die unter Eingeweihten als Geheimtipp gilt.

Was den Verkauf und die Vermarktbarkeit von unbewohnten Inseln betrifft, winkt allerdings auch Petras ab. „Das ist völliger Schwachsinn.“ Andererseits wünscht auch er sich Investoren für die drei Liegenschaften auf Rhodos, die über die ETA zum Verkauf stehen. Insbesondere hofft er, dass endlich etwas mit dem alten Golfplatz passiert. „Er ist momentan relativ ungepflegt“, sagt er. „Besser wäre es, wenn er privatisiert wird und jemand außerdem etwas in die Infrastruktur investiert.“ Überhaupt sind Golfplätze in Griechenland ein interessantes Marktsegment: Zurzeit gibt es gerade mal sechs Golfclubs, fünf mit einem 18-Loch- Platz und einer mit einem 9-Loch-Platz. Das Wachstumspotenzial ist hier also groß. Das belegt auch eine Golf-Vergleichsstudie des Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmens KPMG aus dem Jahr 2007. Und so wirbt die staatliche Agentur „Invest in Greece“ damit, dass Golf heute eine der vielversprechendsten Investmentbereiche in Griechenland sei. Fraglich nur, wie zahlreich die bürokratischen Stolpersteine verteilt sind.

Vielleicht sollten Investoren doch noch einmal einen Blick auf die ETA-Liste werfen. Denn darauf finden sich auch Anteile an den Häfen von Piräus und Thessaloniki, 39 Flughäfen, zwei Wasserwerke, viele Hundert Kilometer Straße, ein Telekom-Unternehmen, Anteile an zwei Banken, die Eisenbahngesellschaft, eine Nickelmine mit Hütte sowie Strom- und Gasmonopole.

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