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Wirtschaft: Wo kapitalkräftige Kosmopoliten kaufen

In Mitte ballen sich die Luxuswohnprojekte. Nicht ganz so exklusiv ist es an den Rändern des Stadtteils.

„Es ist eine einmalige Lage“, lobt Jürgen Leibfried die Kronprinzengärten, die ab Frühjahr 2012 neben der Friedrichswerderschen Kirche in die Höhe wachsen sollen. Leibfried ist Gesellschafter der Bauwert Investment Group und schickt sich an, mit den Kronprinzengärten eines der edelsten Wohnungsbauprojekte zu realisieren, die Berlin bisher gesehen hat. Entstehen sollen im Zentrum sieben Town- häuser sowie vier Gebäude mit Geschosswohnungen und Gewerbeflächen. Die Wohnungen sind bis zu 560 Quadratmeter groß. Sie kosten in der Spitze laut Leibfried einen „ordentlich fünfstelligen“ Betrag pro Quadratmeter – für die teuerste Wohnung dürften deutlich über fünf Millionen Euro fällig werden.

Sofern die Bauwert ihre Pläne tatsächlich realisiert, kommt eine lange und komplizierte Planungsgeschichte endlich zu einem Ende. Fast auf den Tag genau elf Jahre ist es nämlich her, dass das Land Berlin das als Parkplatz dienende Areal der ehemaligen Falkoniergasse an einen Investor vergab – doch der scheiterte mit der Umsetzung genauso wie danach ein weiteres Unternehmen. Erst der Bauwert gelang es nach Angaben Leibfrieds, 2008/09 alle für die Realisierung des Vorhabens nötigen Grundstücke in ihr Eigentum zu bringen. Zudem verringerte das Unternehmen die geplante Dichte, so dass statt der nach dem früheren Bebauungsplan zulässigen Geschossfläche von 12 700 Quadratmetern jetzt lediglich 9800 Quadratmeter entstehen. Und schließlich erhöhte der Investor den Wohnanteil auf rund 75 Prozent.

Der wichtigste Grund, dass das 85 Millionen Euro teure Projekt jetzt Chancen auf Realisierung hat, dürfte aber die gestiegene Nachfrage sein. Denn immer mehr international orientierte Immobilienkäufer interessieren sich für eine Wohnung in der deutschen Hauptstadt – und diese Gruppe ist an ganz andere Preise gewöhnt als der eingesessene Berliner. Außerdem profitieren die Entwickler edler Wohnungen von den Turbulenzen an der Kapitalmärkten. „Neben dem Wunsch nach hochwertigem Wohnkomfort im Herzen Berlins“, sagt der erfahrene Projektentwickler Klaus Groth, „verstärken auch die unsichere Situation auf den globalen Finanzmärkten und die zunehmenden Inflationsängste das Interesse an Investitionen in Sachanlagen.“

Groth legte unlängst in der Jägerstraße 48, zwischen Gendarmenmarkt und Hausvogteiplatz, den Grundstein für die „Belles Etages“. Die 21 Eigentumswohnungen, die voraussichtlich im Sommer 2013 bezugsfertig sein werden, wenden sich laut Groth „auch und insbesondere an den Kosmopoliten, der in Berlin eine unvergleichliche Bleibe sucht“ – und der bereit ist, dafür im Durchschnitt knapp 10 000 Euro pro Quadratmeter auszugeben. Dafür bekommt er nicht nur Fischgrät-Eichenparkett, Natursteinbäder und Kamin, sondern auch Zugang zu einem Clubraum mit Bibliothek. Und wer sich für ein Penthouse entscheidet, bekommt on top eine über hundert Quadratmeter große Dachterrasse dazu – inklusive Catering-Aufzug und Miniküche.

Es geht aber noch exklusiver: Jürgen Leibfried bietet in seinen Kronprinzengärten die Möglichkeit, auf der Dachterrasse ein Schwimmbecken anzulegen. Der Luxus scheint auf Interesse zu stoßen: Wenige Wochen nach Vertriebsbeginn meldet die Bauwert einen Reservierungsstand von gut 40 Prozent – „ein enormer Erfolg“, wie Leibfried findet.

Auf Erfolg hoffen auch andere Investoren, die in Mitte tätig sind. Diese Woche feierte zum Beispiel die Schweizer Peach Property Group die Grundsteinlegung für ihr Projekt Yoo Berlin. Neben dem Berliner Ensemble entstehen 87 Luxuswohnungen als Teil eines Ensembles, zu dem auch ein Hotel und Büroflächen gehören. Gut fünfzig Prozent der Wohnungen seien bisher verkauft, heißt es bei der Peach Property Group.

Auf der anderen Seite der Spree, direkt neben der neuen Bibliothek der Humboldt-Universität, vermarktet die Ziegert Bank- und Immobilienconsulting die Königsdächer: 13 großzügige Dachgeschosswohnungen zu Preisen zwischen 7700 und 8800 Euro pro Quadratmeter. Auch dieses Projekt ist ein Zeichen dafür, dass Immobilieneigentümer verstärkt an den Erfolg teurer Angebote glauben – als die unteren Etagen des ehemaligen Hofbeamtenhauses aus dem frühen 20. Jahrhundert saniert wurden, wagte man sich offenbar noch nicht an die Dachgeschosse.

Noch gewagter wirkt, was ein spanischer Investor nördlich der Straße Unter der Linden vorhat, in der Nähe der einstigen US-Botschaft: Unter dem Projektnamen Lux wird dort der Bau eines weitgehend gläsernen Gebäudes mit 64 Wohnungen und acht Gewerbeeinheiten vorbereitet. Die Preise beginnen nach Angaben des Maklerhauses Ziegert bei 4500 Euro im Erdgeschoss und erreichen im Dachgeschoss rund 11 500 Euro/qm.

Das größte privat finanzierte Projekt in der historischen Mitte Berlins ist jedoch das Forum Museumsinsel. Nach jahrelanger Vorbereitung hat der Pizzafabrikant und Immobilienunternehmer Ernst Freiberger jetzt seine Pläne für das Areal zwischen Tucholskystraße, Oranienburger Straße und Monbijoustraße präsentiert. In denkmalgeschützten Gebäuden und Neubauten sollen bis Sommer 2014 für insgesamt rund 300 Millionen Euro nicht nur Büros, ein Hotel und Läden entstehen, sondern auch Wohnungen, deren Ausstattung dem Investor zufolge „in ihrer modernen Gediegenheit und Exklusivität mit dem Stil und der besonderen Lage korrespondieren wird“.

Dass Mitte ein teures Pflaster ist, bestätigen soeben veröffentlichte Zahlen des Beratungsunternehmens Bulwien Gesa. Demnach kosten Wohnungen in Neubauprojekten in Mitte im Durchschnitt 4080 Euro pro Quadratmeter und damit 1060 Euro mehr als in Prenzlauer Berg. Etwas günstiger als der Mitte-Durchschnitt sind die 41 Wohnungen und vier Stadthäuser, die die NCC im Projekt Residence Garden in der Gartenstraße errichtet und von denen sie bisher gut die Hälfte verkauft hat. 80 Prozent veräußert sind in den demnächst fertig gestellten Choriner Höfen, einer Wohnanlage von Diamona & Harnisch an der Grenze zu Prenzlauer Berg mit insgesamt 130 Wohnungen, die zwischen 2950 und 6500 Euro pro Quadratmeter kosten. Nicht ganz so teuer wie in den zentralen Bereichen von Mitte ist es im ehemaligen Mauergebiet an der Grenze zu Kreuzberg. Dort baut die Groth-Gruppe die Beuth-Höfe, die 122 Eigentumswohnungen mit Wohnflächen zwischen 50 und 220 Quadratmeter umfassen. Offenbar wird diese lange Zeit vernachlässigte Gegend jetzt tatsächlich wiederentdeckt – jedenfalls will ganz in der Nähe ein anderer Bauträger einen weiteren Wohnkomplex namens Domus – Wohnen am Spittelmarkt mit 78 Eigentumswohnungen errichten.

Neue Höchstpreise in Mitte dürften indes nicht lange auf sich warten lassen: In diesem Jahr hat die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben sieben Parzellen am Schinkelplatz ausgeschrieben. Offiziell ist noch kein Ergebnis bekannt; doch in der Branche munkelt man von rekordverdächtig hohen Grundstückspreisen, die geboten worden sein sollen – und die sich dereinst natürlich in entsprechend hohen Kaufpreisen niederschlagen werden.

 Christian Hunziker

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