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Schöner Wohnen wollen viele, aber immer weniger können sich das leisten. Haushalte mit geringem Einkommen müssen inzwischen in den größten deutschen Städten fast vierzig Prozent ihres Geldes für die Miete aufbringen.

© dpa

Wohnungsmarkt: Die Hälfte für die Miete

1,6 Millionen Haushalte zahlen den Großteil ihres Einkommens für die Wohnung. Arme sind besonders belastet durch den Wohnungsmangel.

Die Wohnungsnot in deutschen Großstädten belastet arme Menschen überdurchschnittlich. Während besser verdienende Haushalte im Durchschnitt gut 17 Prozent ihres Einkommens für die Bruttokaltmiete ausgeben müssen, „sind es bei den Haushalten an der Armutsgrenze 39,7 Prozent“, heißt es in einer Studie der Humboldt-Universität, die auf Basis der vergangenen Haushaltsbefragung (Mikrozensus) die Wohnungsbedingungen im Jahr 2014 ermittelt hat. „Haushalte mit geringeren Einkommen leben in schlechterer Qualität, auf kleinerer Fläche und haben eine deutlich höhere Mietbelastung zu tragen.“

Untersucht wurden 77 Großstädte

Untersucht wurden die Mietkosten in 77 Großstädten. Rund 40 Prozent der Haushalte in diesen Städten, das entspricht etwa 5,6 Millionen Haushalte mit 8,6 Millionen Menschen, müssen mehr als 30 Prozent ihres Nettoeinkommens ausgeben, um die Kaltmiete zu bezahlen. In den Sozialwissenschaften gelten 30 Prozent als kritische Grenze, weil dann nur noch „relativ wenig Geld für sonstige Lebensführung zur Verfügung bleibt, insbesondere bei Menschen mit kleineren Einkommen“, teilte die Böckler-Stiftung des DGB mit, die die Studie finanziert hat. Gut eine Million Haushalte mit rund 1,6 Millionen Personen zahlt den Angaben zufolge mehr als die Hälfte des Einkommens für die Miete. Und etwa 1,3 Millionen Haushalte in den Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern verbleibt nach Abzug der Miete nur noch ein Resteinkommen, das unterhalb der Hartz-IVRegelsätze liegt.

Andrej Holm gehört zu den Autoren

„Die Ungleichheit der Wohnverhältnisse entspricht in etwa den Einkommensunterschieden“, schreiben die Autoren, zu denen auch der kurzzeitige Berliner Wohnungsbaustaatssekretär Andrej Holm (Linke) gehört. Und „die sozialpolitische Dimension der Wohnversorgungssysteme, Einkommensunterschiede zu mildern und einen Beitrag zur sozialen Kohäsion zu leisten, haben sich weitgehend aufgelöst“.

Vor allem in den Großstädten mit steigender Einwohnerzahl, an der Spitze steht hier Berlin, gibt es einen großen Mangel an bezahlbaren, vor allem kleineren Wohnungen. Den Daten zufolge haben Personen mit geringem Einkommen generell kleinere und schlechter ausgestattete Wohnungen. Trotzdem tragen sie im Durchschnitt eine weitaus höhere Mietbelastung als einkommensstärkere Haushalte, „weil oftmals auch für Wohnungen mit geringem Standard relativ hohe Mieten zu zahlen sind“.

"Der reiche Vermieter ist die Ausnahme"

In mindestens 54 der 77 untersuchten Städten wächst die Einwohnerzahl, in 31 sogar überdurchschnittlich stark. In der Folge sind rund 80 Prozent der Großstadtbewohner mit angespannten Wohnungsmärkten konfrontiert, das entspricht etwa 20,4 Millionen Menschen.

Einen anderen Blick auf den Mietwohnungsmarkt wirft das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Rund 15 Millionen Wohnungen werden hierzulande von so genannten Kleinvermietern angeboten, von denen wiederum mehr als die Hälfte (53 Prozent) weniger als 5000 Euro Nettomieteinnahmen pro Jahr erzielten. „Das Bild des reichen Vermieters, der armen Mietern gegenübersteht“ ist also eher eine Ausnahme als die Regel“, schreibt das IW in einer Studie und warnt davor, den Vermietern nicht „nicht zu viel aufzubürden“ an Vorgaben und Miepreisbremsen.

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