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Wirtschaft: Wolfgang Clement macht Van Miert schwere Vorwürfe

DÜSSELDORF . Wolfgang Clement zieht die Mundwinkel nur kurz zusammen, den Satz preßt er geradezu heraus.

DÜSSELDORF . Wolfgang Clement zieht die Mundwinkel nur kurz zusammen, den Satz preßt er geradezu heraus. "Ja, ich kenne ihn sogar sehr gut", antwortet der Düsseldorfer Regierungschef auf die Frage, welche Motive er bei Karel Van Miert vermutet, der die mächtige Westdeutsche Landesbank kürzlich arg in die Enge getrieben hat. Der streitbare Brüsseler Wettbewerbskommissar hatte seine Kolleginnen und Kollegen - bis auf Monika Wulf-Matthies - davon zu überzeugen verstanden, daß die WestLB 1,6 Mrd. DM an den deutschen Fiskus zahlen soll. Doch weder der Düsseldorfer Ministerpräsident noch sein Finanzminister Heinz Schleußer sind ob dieses möglichen Geldsegens zufrieden, ganz im Gegenteil. "Was uns bisher bekannt ist, ist unerträglich", poltert Clement, für den auch klar ist, wer dafür verantwortlich ist: "Karel Van Miert hat mir in vielen Gesprächen seit 1994 deutlich gesagt, er will das entscheiden, auf Biegen und Brechen, genau das hat er jetzt getan."

Karel Van Miert hatte die WestLB seit einiger Zeit im Visier. Die privaten Banken haben ihn offenbar davon überzeugt, daß die ungeliebte öffentlich-rechtliche Konkurrenz, die zunehmend auch bei großen Geschäften weltweit mitpokert, ordnungspolitisch nicht mehr in die Zeit paßt. Als sich die WestLB, wie später etliche andere Landesbanken auch, 1992 auf elegante Art frisches Eigenkapital für eine Ausweitung des Kreditgeschäftes besorgte, schlugen die Herren in Frankfurt Alarm.

Obwohl Bundeskanzler Gerhard Schröder die Kommission noch in der vergangenen Woche gewarnt hatte und die weitreichende Entscheidung lieber Romano Prodi überlassen hätte, boxte Van Miert sein Votum durch. Er verlangt rückwirkend knapp 24 Prozent an Rendite für das Wohnungsbaukapital und kommt so auf die Nachzahlung von 1,6 Mrd. DM.

Dabei war das einzigartige bundesdeutsche System mit Privat-Banken neben den Genossenschaften und Sparkassen im Maastrichter Vertrag ausdrücklich verankert worden. "Doch Van Miert hat nicht geruht und versucht jetzt über die Zinszahlungen dieses System zu zerstören", glaubt Clement. "Das ist dann ein klarer Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip in Europa, denn wir in Deutschland wollen unser Banksystem so erhalten, wie es historisch gewachsen ist", klagt der Ministerpräsident, der heftigen politischen und juristischen Widerstand ankündigt.

Sein eigenes Engagement für Europa sieht Clement trotz seiner Attacke auf Van Miert im übrigen nicht gefährdet: "Nein, so haben wir nicht auf Europa gewettet und das sehen zum Glück alle von Nord bis Süd in Deutschland so".

JÜRGEN ZURHEIDE

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