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Wolfgang Joop und der dehnbare Feinripp.

© dpa

Wolfgang Joop: „Ich bin für das Normale, nicht das lustige Dekor“

Der Potsdamer Modemacher Wolfgang Joop spricht mit dem Tagesspiegel über seinen Einstieg bei Schiesser und die Magie der Massenartikel.

Herr Joop, warum steigen Sie bei Schiesser ein?

Ich weiß sehr wohl – obwohl ich eher in der Haute Couture und Kunst bekannt geworden bin – um die Magie der Massenartikel. Ich gehöre zu den wenigen Designern, die erfolgreich auch Dinge entwerfen, wo das Produkt nicht auf den ersten Blick sichtbar ist – beispielsweise Parfüm von Joop. Dies ist bis heute eine der großen Erfolgslegenden, die es überhaupt gibt, insbesondere im Massenbereich. Ich denke, ich habe gezeigt, wie man ein Produkt erfolgreich multipliziert und es trotzdem als Luxusartikel begriffen wird. Darum fühle mich absolut fit, dieses Produkt zu unterstützen.

Wie soll das konkret aussehen?

Ich begleite den Börsengang des Unternehmens und bin darüber hinaus mehrere Jahre an der Entwicklung der Marke beteiligt. Mit dem Erlös sollen die Forderungen der Gläubiger befriedigt werden. Zugleich hoffe ich, dass wir genug Mittel zusammenbekommen, um auch Nischenprodukte entwickeln zu können. Meine verantwortungsvolle Arbeit wird mit Anteilen belohnt – wir sprechen von zehn Prozent. Als Unternehmer bin ich dann besonders verpflichtet, mein Know-how einzubringen.

Welche Schwerpunkte wollen Sie setzen?

Ich werde nicht als Spitzen- oder Gummibandspezialist bei Schiesser tätig sein, sondern als Marken- und Marketingspezialist. Bei einer Traditionsmarke wie Schiesser müssen wir dafür sorgen, dass die Kernkompetenzen wieder sichtbar werden. Der Name und die Qualität müssen herausgestellt werden – als Kontrast zur allgemeinen Beliebigkeit. Schauen Sie sich an, was mit den deutschen Marken insgesamt geschehen ist: Man weiß nicht, in welchen Händen sie heute sind und welchen Sinn sie noch machen. Ich erinnere an die Generation von Joop, Helmut Lang oder Jil Sander. Sie sind eingeholt worden von Bekleidungskonzernen, die untereinander austauschbar sind. Es gibt viel zu viele Marken, bei denen man den Unterschied nicht mehr erkennen kann. Und auch Profitgier hat viele traditionsreiche Häuser kaputtgemacht oder ihnen zumindest geschadet.

Was macht die Marke aus?

Manchmal ist es das Simple, die Nachhaltigkeit und der Tragekomfort eines Produkts. Das Original von Schiesser hat eine Perfektion erfahren, die man nicht verbessern kann. Da werde ich mich auch nicht einmischen. Ich bin ja auch der Designer des Unsichtbaren und weiß darum: Die richtige Wäsche, die richtigen Strümpfe sind wichtig. Mit einer guten Qualität auf der Haut kommt man besser durch den Tag. Ich merke das selber, wenn ich mal das falsche Unterhemd aus dem Schrank gegriffen habe – dann fühle ich mich nicht wohl.

Das hat aber auch seinen Preis.

Natürlich kann ich den Zehnerpack Unterhosen neben der Kasse im Supermarkt zahlen – so wie leider auch die Orchidee, eigentlich eine exquisite Blüte. Aber gerade bei Dingen, die man auf der Haut trägt, sollte man auch auf Qualität achten. Bei Lebensmitteln setzt sich diese Einstellung zunehmend durch. Da achten die Konsumenten zunehmend auf Fragen wie: Wo kommt es her? Wie wird es gemacht? Ich finde, diese Fragen sollten einen auch beschäftigen bei Dingen, die man auf der Haut trägt.

Wie wollen Sie dies erreichen?

Ich vertrete das Frische, die Simplizität, die auch immer am sexyesten ist. Ich bin mehr für das Normale, nicht das lustige Dekor. Design soll in unseren Alltag eintreten und den Alltag verändern – dieser Prozess interessiert mich. Im vergangenen Sommer habe ich zum Beispiel für Schiesser bereits das Langarmshirt mit Manschetten versehen, so dass das Shirt anstelle des Hemdes unter dem Sakko getragen werden kann. Spätestens seit James Dean ist es total sexy, ein Underware-Teil tagsüber sichtbar zu tragen. Dieses Bild von der einfachen, beinahe altmodischen, eigentlich unschuldigen Unterwäsche kann auch erotisch wirken – das wissen wir spätestens seit der Werbekampagne von Calvin Klein mit Kate Moss.dpa

Wolfgang Joop (66) hat die Marke Joop vor Jahren verkauft. Wunderkind heißt sein heutiges Label. Er lebt und arbeitet in seiner Heimatstadt Potsdam. Das Interview führte Marion van der Kraats.

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