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Wirtschaft: Wolfowitz im Schafspelz

Designierter Weltbank-Präsident lädt Kritiker zum Dialog ein und bestreitet, der Institution die US-Agenda aufzwingen zu wollen

Düsseldorf/Washington - Der designierte neue Weltbank-Präsident Paul Wolfowitz geht auf seine Kritiker zu. „Die Position des Weltbank-Präsidenten ist kein Amt der amerikanischen Regierung“, sagte der derzeitige stellvertretende US-Verteidigungsminister dem Handelsblatt. „Es geht um die Leitung einer multinationalen Institution mit mehr als 180 Mitgliedern. Da ist es nicht möglich zu führen, ohne Konsens herzustellen.“ Daher gehöre die Suche nach Übereinstimmung zum „Kern des Jobs eines Weltbank-Chefs“.

US-Präsident George W. Bush hatte Wolfowitz am Mittwoch für den Chefposten der mit Entwicklungshilfe betrauten Organisation vorgeschlagen. Der Posten steht traditionell einem Amerikaner zu, während der Internationale Währungsfonds von einem Europäer geführt wird. Wolfowitz’ Kandidatur ist besonders bei europäischen Direktoren der Weltbank umstritten, da er den US-geführten Irak-Krieg maßgeblich geplant hatte. Der designierte Präsident muss sich auf ein für die Weltbank bislang unübliches Bewerbungsverfahren einstellen. Die Mitglieder des Direktoriums hätten sich darauf verständigt, mit Wolfowitz eine Reihe von informellen Gesprächen führen zu wollen, teilte das Institut mit. Das Verfahren dürfte sich über zwei Wochen hinziehen. Wolfowitz führte bereits Gespräche mit Direktoriumsmitgliedern aus Asien und Frankreich. Weitere Gespräche mit Weltbank-Direktoren anderer europäischer Staaten und Afrikas sollten folgen. Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte US-Präsident Bush in einem Telefonat zugesagt, die umstrittene Kandidatur Wolfowitz’ konstruktiv zu begleiten.

Wenn seine Nominierung bestätigt werde, werde er „der Bank sicherlich nicht die US-Agenda aufzwingen“, sagte Wolfowitz. Seine Kritiker seien „Menschen, die mich nicht kennen“. „Wenn sie mich kennen lernen, werden sie sehr schnell verstehen, dass ich mich mit sehr viel mehr als mit militärischen Fragen oder dem Irak- Krieg beschäftige und dass eine ganze Menge von dem, was über mich geschrieben wurde, einer ungenauen Karikatur entspricht“, fügte er hinzu.

Sein Angebot zum Dialog gelte ausdrücklich auch für Organisationen außerhalb der Regierungen, so genannte NGOs. Er bitte die NGOs, seine komplette Vita zu berücksichtigen, sagte Wolfowitz. „Als ich 1986 bis 1989 Botschafter in Indonesien war, hatte ich den Ruf, über die Regierungsebene hinaus auch den Draht zu NGOs zu pflegen.“ Er freue sich auf die Zusammenarbeit mit den NGOs. „Die NGOs spielen eine entscheidende Rolle. Sie verfügen über eine wichtige Stimme und haben sehr viel beizutragen.“ Er würde zwar die NGOs nicht unbedingt in die Weltbank einladen, aber wenn die Organisationen ihn einladen würden, würde er ganz sicher kommen.

Wolfowitz legte sich nicht fest, wie er die Weltbank in Zukunft führen will. Als Präsident der Weltbank vertrete er alle Anteilseigner und Empfänger und nicht nur die USA. „Ich muss erst alle Meinungen einholen, bevor ich darlegen kann, welchen Kurs die Bank einschlagen sollte“, sagte Wolfowitz dem Handelsblatt. „Ich glaube sehr stark an die Mission der Weltbank, die Menschen aus der Armut zu heben.“ Der scheidende Präsident, James Wolfensohn, habe die Bank auf einen guten Kurs gebracht, aber „ich kenne keine einzige Organisation, die nicht effizienter gemacht werden könnte“.

Es gebe allerdings bereits jetzt eine breite Übereinstimmung, „dass wir bei hoch verschuldeten Ländern über Zuschüsse nachdenken sollten“. Er gehöre jedoch nicht zu denjenigen, die die Weltbank aus dem Kreditvergabe-Geschäft völlig ausklinken möchten.

Aus der Asien-Krise habe er gelernt, dass ein reiner Wachstumspfad in die Sackgasse führe, „wenn er nicht von Transparenz und Verantwortlichkeit flankiert wird“, so der designierte Weltbank-Präsident.

Michael Backfisch, HB

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