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Wirtschaft: WTO fordert Abbau von Agrarsubventionen

EU-Kommissar Fischler will aber nur einlenken, wenn die USA Konzessionen machen

Berlin (fw). Die Welthandelsorganisation WTO hat die Europäische Union und die USA zu einem Abbau ihrer Agrarsubventionen aufgerufen. Dies sei ein „Schlüsselthema“ der laufenden Verhandlungen, sagte der Generaldirektor der Welthandelsorganisation (WTO) (siehe Lexikon), Supachai Panitchpakdi, am Montag bei einem informellen Treffen im kanadischen Montréal. Dort wollen Handelsminister aus 25 Ländern den WTOGipfel im mexikanischen Cancún im September vorbereiten.

In Cancún soll ein neuer Versuch gestartet werden, die Agrarmärkte zu öffnen. Der bereits Ende 2001 beschlossene Abbau von Agrarzuschüssen und Einfuhrzöllen ist bisher kaum vorangekommen. Vor allem die Entwicklungsländer, die in der WTO eine Mehrheit bilden, leiden darunter, dass die Industriestaaten ihre Märkte mit Zuschüssen und Zöllen abschotten.

Am Montagabend kamen EU-Agrarkommissar Franz Fischler, der EU-Handelskommissar Pascal Lamy und der US-Handelsbeauftragte Robert Zoellick in Montréal zusammen, um den Umgang mit Agrarsubventionen und Einfuhrzöllen zu erörtern. Die Perspektiven für eine Einigung sind schlecht. EU-Agrarkommissar Franz Fischler will jedenfalls mit einer abwehrenden Haltung in die Verhandlungen im September gehen. Er unterstrich in Montréal, Europa habe in Sachen Subventionsabbau einen großen Schritt gemacht. Er verwies dabei auf die Ende Juni ausgehandelte Reform der europäischen Agrarpolitik. Nun seien die USA am Zug, betonte der Kommissar.

Mit ihrer Agrarreform habe die EU „Abschied genommen von einem alten, handelsverzerrenden System von Agrarbeihilfen.“ Auf dieser Basis könne man nun „offensiv“ bei der WTO verhandeln, schreibt Fischler in einem Kommissionspapier, das dem Tagesspiegel vorliegt. Die EU werde nur Konzessionen machen, wenn es dafür etwas im Gegenzug von den USA gebe. „Es kann keine einseitige Entwaffnung geben“, schreibt Fischler.

Die WTO will die Handelshemmnisse drastisch abbauen, auch die USA wollen zumindest die Eliminierung der Exportsubventionen. Im Gegensatz zur EU unterstützen die USA den Agrarexport nicht über finanzielle Beihilfen wie die EU, sondern durch Exportkredite und den staatlichen Aufkauf der Agrar-Überschüsse, die dann als Nahrungsmittelhilfe in Entwicklungsländer gehen. Während die USA zusammen mit anderen großen Exportländern wie Brasilien und Kanada eine Senkung der Zölle auf ein weltweit einheitliches Niveau fordern, wollen die EU und Japan die bestehenden Zollsätze lediglich um einen einheitlichen Prozentsatz absenken – so dass am Ende wieder unterschiedliche Niveaus bestünden. Zudem will die Europäische Union die Einfuhr bestimmter Produkte aus Gründen des Verbraucherschutzes nicht zulassen.

Ob die im Juni beschlossene Reform der EU-Agrarpolitik, die zumindest einige von der WTO kritisierte Praktiken aufhebt, den Handelspartnern ausreicht, ist allerdings fraglich. „Die Reform baut keinesfalls die Handelshemmnisse in dem Maß ab, wie die WTO das in ihrem Kompromissvorschlag (siehe Kasten) verlangt“, sagt Jörg-Volker Schrade, Agrarexperte vom Kieler Institut für Weltwirtschaft. Die Reform sei schließlich auf den Druck Frankreichs hin verwässert worden. Hauptbestandteil von Fischlers Reform ist die Entkoppelung der Beihilfezahlungen an die Landwirte von ihrer Produktion. Das heißt, dass das Geld sie nicht mehr dazu anleitet, Überschüsse zu produzieren – und so handelsverzerrend zu wirken. Ursprünglich sollten alle Zahlungen entkoppelt werden – jetzt ist es nur ein kleiner Teil geworden, weil Frankreich seinen Bauern die Kürzungen nicht zumuten wollte.

Überschattet wurde das Treffen in Montreal von Zusammenstößen zwischen Polizei und Globalisierungskritikern. Nach Polizeiangaben wurden rund einhundert Demonstranten vorübergehend festgenommen.

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