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Wirtschaft: Zahl der Überstunden nimmt wieder zu

DÜSSELDORF (pt/HB).Bis zu 400 000 neue Stellen durch den Abbau von Überstunden hält das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) für möglich.

DÜSSELDORF (pt/HB).Bis zu 400 000 neue Stellen durch den Abbau von Überstunden hält das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) für möglich.Die IG Metall nahm am Montag diese Zahlen zum Anlaß die Behandlung des Themas bei den Gesprächen über ein Bündnis für Arbeit zu fordern.Gegenüber dem Handelsblatt erklärte Hartmut Seifert vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der Hans Böckler Stiftung (WSI), er halte rasche Beschäftigungseffekte durch Überstundenabbau für denkbar.

Nach Angaben von IAB-Chef Gerhard Kleinhenz wurden 1998 rund 1,83 Mrd.Überstunden geleistet, 20 Mill.mehr als im Vorjahr.Sie machten rund vier Prozent des Arbeitsvolumens aus und entsprachen rechnerisch 1,2 Mill.Vollzeitjobs.Ein arbeitsplatzwirksamer Überstundenabbau setzt laut IAB die Anrechnung von Überstunden auf Arbeitszeitkonten voraus.Auch könne ein Teil der Überstunden in befristete Arbeitsverhältnisse umgewandelt werden.

Auch der WSI-Experte Harmut Seifert hält Arbeitszeitkonten für geeignet, bis zu 400 000 neue Arbeitsplätze zu schaffen.Immerhin hätten vier Fünftel aller Betriebe mit Betriebs- oder Personalrat bereits solche Konten vereinbart.Drei Viertel gestatteten die Gutschrift von Überstunden.In Zukunft kommt es seiner Ansicht nach darauf an, zum Beispiel im Rahmen betrieblicher Bündnisse für Arbeit den Freizeitausgleich konsequenter zu praktizieren und Schwellenwerte für Guthaben auf den Zeitkonten festzulegen, bei deren Überschreiten zusätzliche Einstellungen vorgenommen werden müßten.Mit Hilfe solcher Schwellenwerte sei eine Halbierung der Überstundenzahl durchaus denkbar, meint Seifert.Sie würde rein rechnerisch einen Arbeitsplätzebedarf von 500 000 in West- und 70 000 in Ostdeutschland auslösen, wo Überstunden nur etwa 2 Prozent des Arbeitsvolumens ausmachen.Ziehe man die von Arbeitszeitkonten ausgehenden Rationalisierungseffekte in Betracht, sei die Schaffung von 400 000 Jobs realistisch.

Das Argument der Arbeitgeber, daß eine Halbierung der Überstundenzahl die Unternehmen um eine wichtige Flexibilitätsreserve bringe, läßt Seifert nicht gelten.Dagegen spreche unter anderem, daß Konjunkturschwankungen nur zu unterproportionalen Ausschlägen bei den Überstunden führten.Vor dem letzten Konjunktureinbruch im April 1992 hätten die Arbeiter im produzierenden Gewerbe durchschnittlich 1,7 Stunden Mehrarbeit pro Woche geleistet.Ein Jahr später seien es, nachdem die Kapazitätsauslastung um mehr als sieben Prozentpunkte auf 78 Prozent (März 1993) gefallen war, 1,3 Stunden gewesen.Fünf Jahre später liege die Überstundenzahl trotz wieder gestiegener Kapazitätsauslastung (84,6 Prozent) auf dem gleichen Niveau.Stärkere Ausschläge gebe es in Branchen wie dem Baugewerbe, dem Stahl- und Leichtmetallbau, sowie im Verlags- und Druckgewerbe.

Schließlich widerlegt nach seiner Ansicht der erhebliche Unterschied zwischen der durchschnittlichen wöchentlichen Überstundenzahl bei Frauen von 0,4 Stunden und Männern von 1,4 Stunden das Flexibilitätsargument der Arbeitgeber, ebenso die Tatsache, daß Hilfsarbeiter genau so viele Überstunden leisteten wie Facharbeiter.

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