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Chance für arbeitslose Piloten? In den kommenden Jahren dürften Flugtaxis noch von Hand gesteuert werden.

© dpa

Zeit könnte knapp werden: 60.000 Piloten für Flugtaxis gebraucht

Langfristig sollen sie autonom abheben, doch vorerst braucht es Zehntausende Lenker, wie eine Studie zeigt. Unklar ist, wie deren Ausbildung aussehen soll.

Vom Bahnhof auf dem Luftweg zum Check-in und später eine Runde Sightseeing entlang des Perlflusses – alles mit dem Flugtaxi. In Guangzhou bauen der chinesische Flugtaxi-Entwickler Ehang und ein Tourismuskonzern das weltweit erste Hotel, das Urban Air Mobility (UAM) ins Zentrum seines Konzepts stellt. „Ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Kommerzialisierung unserer Flugdienste“, freute sich Ehang-Gründer Hu Huazhi vor einigen Tagen.

Während Ehang neben Fracht auch Menschen in der Volksrepublik bereits autonom in die Luft bringt, glauben viele Konkurrenten außerhalb Chinas, dass es einen Zwischenschritt braucht, bis sich europäische und amerikanische Luftsicherheitsbehörden und vor allem die Passagiere an den Gedanken von selbstfliegenden Roboter-Lufttaxis gewöhnt haben: Flüge mit Piloten.

Das verändert nicht nur das Geschäftsmodell für die Flugdienste, weil zumindest die kleineren der sich in Entwicklung befindlichen sogenannten eVTOL oft nur zwei Sitze haben. Es wirft auch die Frage auf, wie die Ausbildung und Lizenzierung der Piloten reguliert werden wird. Safety First soll in der Luft schließlich weiterhin gelten. Da die ersten Dienste bereits in drei oder vier Jahren ihren Flugbetrieb aufnehmen und das Angebot dann schnell ausbauen wollen, könnten im Jahr 2028 weltweit rund 60.000 Piloten für kommerzielle Flugtaxi-Dienste gebraucht werden, so eine Studie des McKinsey Center for Future Mobility. Das entspricht knapp einem Fünftel der Zahl der Airline-Piloten vor der Coronakrise.

Könnten die in der Luftfahrtkrise nun arbeitslos werdenden Lufthansa-Piloten umschulen? Ganz so einfach ist es nicht, was schon an der Zeitachse liegt. Einige Jahre dauert es ja noch, bis Uber und andere Mobilitätsplattformen solche Flugdienste in ihre Angebote integrieren. „Langfristig verschärft die aktuelle Krise sogar das Personalproblem“, glaubt McKinsey-Experte Robin Riedel.

Suche nach Flugtaxi-Piloten kann schwierig werden

„Piloten gehen jetzt früher in Rente, zugleich kommt wegen des kurzfristig schrumpfenden Luftverkehrs weniger Nachwuchs nach. Gegen Ende des Jahrzehnts, wenn die Airlines weltweit längst auf ihren alten Wachstumspfad zurückgekehrt sind, könnte es dann eher wieder zu wenige als zu viele Piloten geben – wie in den letzten Jahren schon“, sagt Riedel. Die Suche nach Flugtaxi-Piloten könnte sich entsprechend ab Mitte des Jahrzehnts schwieriger gestalten.

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Bis die ersten Dienste abheben, kommt auf die Luftsicherheitsbehörden und andere Regulierer, die sich mit Pilotenausbildung befassen, noch viel Arbeit zu. So müssen Standards entwickelt werden für die Ausbildung und Erteilung von Fluglizenzen. Wenn Volocopter und andere Entwickler testweise abheben, wie es seit Jahren üblich ist, dann sitzen ausgebildete Testpiloten an Bord – mit Ausnahmeerlaubnissen.

Zeit könnte knapp werden

Drei mögliche Wege sieht McKinsey- Experte Riedel aktuell als denkbar an. „Man könnte ganz neu anfangen mit der Definition von Anforderungen an den Beruf des Flugtaxi-Piloten und daraus Kriterien für die Ausbildung und Flugerlaubnis ableiten.“ Das wäre der wohl mühsamste Prozess und würde der Erfahrung nach viele Jahre dauern. „Eine andere Möglichkeit wäre, die Ausbildung der klassischen Airline-Piloten als Grundlage zu nehmen und auf die Besonderheiten der Flugtaxis anzupassen – also einiges streichen wie die Jet-Triebwerkslehre und anderes hinzufügen.“

Der umgekehrte Weg wäre, die relativ leicht zu erwerbende Privatpiloten-Lizenz als Ausgangsbasis zu definieren, aber diese zu erweitern um die Anforderungen des gewerblichen Personentransports. Die EU-Luftsicherheitsbehörde EASA hat für das Thema zwar eine Arbeitsgruppe eingesetzt, bislang liegt der Fokus aber vor allem an der Zulassung der Fluggeräte selbst. Dafür gibt es auch konkrete Zeitpläne, für die Pilotenausbildung dagegen nicht. „Die Zeit wird knapp“, fürchtet Riedel.

Felix Wadewitz

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