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Wirtschaft: Zeitungsgruppe WAZ bestätigt Pläne für Kirch Media

Berlin (fo). Die Zeitungsgruppe WAZ aus Essen hat Interesse an einer Übernahme der Kirch Media - gemeinsam mit weiteren Investoren.

Berlin (fo). Die Zeitungsgruppe WAZ aus Essen hat Interesse an einer Übernahme der Kirch Media - gemeinsam mit weiteren Investoren. Ein WAZ-Sprecher bestätigte am Montag entsprechende Brancheninformationen: „Es ist richtig, dass es Verhandlungen gibt.“ Nach ersten Plänen würden WAZ und Commerzbank je 40 Prozent am Kerngeschäft der Kirch Media übernehmen, 20 Prozent gingen an das US-Studio Columbia Tristar, das dem japanischen Elektronikkonzern Sony gehört. Nach Handelsblatt-Informationen will die WAZ jetzt die Mehrheit.

Bei der WAZ hieß es, dass noch keine Entscheidungen gefallen sind. „Die Gespräche sind sehr weit fortgeschritten“, war am Montag in der Branche zu hören. In politischen Kreisen gilt eine Lösung unter Führung der WAZ als willkommen. Der Einstieg von Rupert Murdoch oder Silvio Berlusconi im deutschen Privatfernsehen würde von vielen Politikern nicht gern gesehen. Auch wenn in der Vergangenheit immer wieder betont wurde, dass ausländischen Investoren keine Steine in den Weg gelegt werden sollten.

Allerdings gibt es noch weitere Interessenten für das Kernstück der Kirch-Gruppe. Deshalb sind konkurrierende Angebote zu erwarten. Bei Kirch Media sind die Film- und Sportübertragungsrechte sowie die Beteiligung am größten deutschen Privatsender ProSieben Sat1 gebündelt. Brancheninformationen zufolge will das Konsortium um die WAZ rund zwei Milliarden Euro bieten. Die Insolvenzverwalter erwarten gut das Doppelte. Unter Fachleuten wird der Preispoker im Vorfeld eines Zuschlags für durchaus normal angesehen. Beim Verkauf ist die Bewertung der Sende– und Übertragungsrechte problematisch. Kirch hatte viele Rechte zu überhöhten Preisen eingekauft. Eine Entscheidung über das beste Angebot dürfte frühestens Ende Juli fallen. Gut zwei Monate nach dem Insolvenzantrag am 8. April wird mit großer Wahrscheinlichkeit in dieser Woche das Insolvenzverfahren für die Kirch Media eröffnet. Der vorläufige Insolvenzverwalter, Michael Jaffe, sowie die Geschäftsführung um Wolfgang van Betteray werden dann in sechs bis acht Wochen eine Gläubigerversammlung einberufen und die Angebote präsentieren.

Auch bei den anderen Säulen des einstigen Kirch-Imperiums stehen wichtige Entscheidungen an. So ist die Zukunft von Kirchs Springer-Beteiligung wieder offen. Die Gläubigerbanken der KirchPay-TV wollen zudem in dieser Woche entscheiden, ob sie dem insolvenzbedrohten Bezahlsender Premiere frisches Kapital zuschießen. Die Gläubigerbanken müssen über einen Überbrückungskredit von gut 100 Millionen Euro entscheiden.

Die WAZ-Gruppe zählt mit einem Umsatz von rund 1,9 Milliarden Euro im Jahr 2001 zu den größten deutschen Medienunternehmen. Bislang konzentrierte sich die Gruppe auf Printmedien. Sie beschäftigt rund 12 000 Menschen und verlegt 519 Printtitel, darunter unter anderem 28 Tageszeitungen in Deutschland, Österreich, Ungarn, Bulgarien, Kroatien, Tschechien, Jugoslawien und Rumänien. Die Tageszeitungen erreichen eine tägliche Gesamtauflage von rund 4,3 Millionen Exemplaren. Ferner ist sie an Hörfunk- und Fernsehsendern beteiligt.

Derzeit hält die WAZ lediglich einen Minderheitsanteil am TV–Sender RTL, der bei einem Kirch-Media-Engagement aus wettbewerbsrechtlichen Gründen wohl abgegeben werden müsste. Wenn der Einstieg gelingt, stünden sich künftig neben den öffentlich-rechtlichen Sendern der Bertelsmann-Konzern und die WAZ-Gruppe als dominierende private Medienkonzerne in Deutschland gegenüber.

Im Zeitungsgeschäft breitet sich die WAZ derzeit besonders in Südost-Europa aus, dem Spezialgebiet des früheren Kanzleramtsministers und EU-Koordinators Bodo Hombach (SPD). Hombach ist seit 1. Februar dieses Jahres einer von vier Geschäftsführern des Familienunternehmens, das 1948 mit der Herausgabe der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ vom Sozialdemokraten Erich Brost und dem Konservativen Jakob Funke gegründet wurde. Hombach und Erich Schumann vertreten im WAZ-Konzern die Brost-Gruppe. Auf der Funke-Seite stehen als Geschäftsführer Lutz Glandt und Detlef Haaks.

Spekulationen, die WAZ-Gruppe sei auch an Leo Kirchs 40-Prozent-Anteil am Berliner Axel Springer Verlag interessiert, sind bislang immer wieder dementiert worden. Auch die Verleger-Witwe Friede Springer will das auf alle Fälle verhindern. Die Deutsche Bank als erster Verwerter des Springer-Pakets aus der Insolvenzmasse Kirchs unterstützt jedenfalls Friede Springer und plant die Platzierung der Aktien an der Börse. Nach einem Kompromiss hat Leo Kirch noch bis August Zeit, das Paket selbst zu verwerten.

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