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Wirtschaft: Zentralbank kündigt Griff in die Trickkiste an

EZB-Chef Draghi: „Wir sind bereit“. Nicht nur im Süden, auch im Norden lässt Wachstum auf sich warten.

Berlin - Angesichts der historisch schwachen Konjunktur auf dem Kontinent bereitet sich die Europäische Zentralbank (EZB) darauf vor, ihre Geldpolitik noch weiter zu lockern. „Wir sind zum Handeln bereit“, sagte EZB-Präsident Mario Draghi am Dienstag in Jerusalem laut Manuskript. „Es gibt eine Reihe anderer Maßnahmen – seien es solche der orthodoxen Leitzinspolitik oder auch unkonventionelle – die wir anwenden können und auch anwenden werden, falls die Umstände es erfordern.“ Bislang steht der wichtigste Leitzins bei 0,5 Prozent und damit so tief wie noch nie. Mit seiner Ankündigung signalisierte Draghi, dass ein Strafzins für Banken, die ihr Geld bei der EZB parken, kein Tabu mehr ist.

Anfang des Monats hatte der EZB-Rat noch weitere Optionen offengelassen. Ein negativer Zins ist allerdings bei den Währungshütern umstritten – einige fürchten, dass Banken die zusätzlichen Kosten einfach auf Kredite aufschlagen. Eigentlich will die EZB aber das Gegenteil davon erreichen, nämlich eine raschere Geldvergabe der Banken an Firmen vor allem im Süden Europas.

Aber auch im Norden ist der für die Jahresmitte erhoffte Aufschwung nicht in Sicht. Unter Finanzexperten hellte sich die Stimmung im Juni kaum auf. Das ergab die allmonatliche Befragung von Investoren durch das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Der ZEW-Index legte um 2,1 Punkte auf 38,5 Zähler zu. Institutschef Clemens Fuest geht von einer nur zaghaften Belebung aus. „Fast die Hälfte der Umfrageteilnehmer erwartet, dass es im kommenden Halbjahr keine wesentlichen Konjunkturimpulse geben wird.“

Beim industriellen Mittelstand wächst die Skepsis sogar. Die Betriebe blickten wegen der Euro-Krise weniger optimistisch nach vorne, wie aus einer Befragung des Industrieverbands BDI hervorgeht. „Die Erwartungen der Unternehmen für die kommenden zwölf Monate trüben sich leicht ein“, erklärte der BDI.

Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) rechnet in seiner neuen Prognose für dieses Jahr nur mit einem Wachstum von 0,4 Prozent. Zuvor hatte es  noch 0,6 Prozent angenommen. Carsten Brönstrup

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