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Gehzeit. Parallel zur Untersuchung der Zinsaffäre in London, in die auch Jains Truppe verwickelt war, will die Deutsche Bank 1000 Investment-Banker entlassen.

© dapd

Zinsaffäre: Deutsche Bank dreht am Libor

Anshu Jains Leute waren an der Affäre um die Londoner Zinsmanipulationen beteiligt. Für den Chef der Deutschen Bank kommt die Aufarbeitung des Skandals zu einem schlechten Zeitpunkt: Im September wollte er die neue Geschäftsstrategie der Bank verkünden.

Josef Ackermann wollte nicht, dass sein oberster Investmentbanker ihm als Chef der Deutschen Bank nachfolgt. Das ist bekannt. Weniger bekannt ist bislang, dass ein zentraler Grund dafür auch die Affäre um die Londoner Zinsmanipulation gewesen ist, die im Vorstand erstmals im Januar 2010 zur Sprache kamen. „Die Zinsaffäre schwebte wie ein Damoklesschwert über Jain“, sagte ein Ackermann-Vertrauter dem „Handelsblatt“. Der Ex-Bankchef habe es an Warnungen gegenüber dem damaligen Aufsichtsrat nicht fehlen lassen.

Fest steht, das Jain – anders als die Spitze der britischen Großbank Barclays — nicht in die Zinsmanipulationen verwickelt ist. Fest steht aber auch: Es waren seine Leute, die zu einem bankenübergreifenden Kartell gehörten, das verschiedene Zinssätze wie Libor und Euribor beeinflusste, um sich im Derivategeschäft günstige Ausgangspositionen zu verschaffen. Deren Aktivitäten erfolgten systematisch und fielen keinem internen Kontrolleur auf. Jain legt Wert darauf, dass sich die kriminellen Machenschaften vier Hierarchieebenen unter ihm abgespielt haben. Er selbst habe eine Untersuchung angeordnet.

Die allerdings ist bis heute nicht abgeschlossen. Sie wurde anfangs nicht mit voller Intensität geführt, erfuhr das „Handelsblatt“ aus dem Aufsichtsrat. Mittlerweile kümmert sich ein Team, das mehr als 100 Mitarbeiter umfasst, um Aufklärung. Diese bankinterne Ermittlertruppe arbeitet eng mit der Finanzaufsicht Bafin und den Aufsichtsbehörden in London zusammen. Im September — fünf Jahre nach den Verfehlungen und zwei Jahre nach deren Bekanntwerden — sollen Ergebnisse vorliegen. Der neue Aufsichtsratschef Paul Achleitner macht erkennbar mehr Druck als sein Vorgänger Clemens Börsig.

Für Jain, der seit 1. Juni mit Jürgen Fitschen die Deutsche Bank führt, kommt die Aufarbeitung des Skandals zur Unzeit. Im September wollte er die neue strategische Ausrichtung der Bank verkünden. Doch nun muss er viel Energie aufbringen, Verfehlungen seiner Truppe vor und in der Finanzkrise aufzuklären. Der Schatten der Vergangenheit — er wird Jain weiter begleiten.

Parallel will die Deutsche Bank in den kommenden Wochen mehr als 1000 Stellen im Investmentbanking streichen. Das Geldhaus reagiere damit auf den Geschäftseinbruch an den Kapitalmärkten, erfuhr das „Handelsblatt“ aus informierten Kreisen. Die Stellen sollen demnach überwiegend im Ausland gestrichen werden. Es handle sich um eine „taktische Anpassung und nicht um einen Wechsel der Strategie“, zitierte die Zeitung ihre Quelle. Die Bank selbst wollte sich nicht äußern. (HB)

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