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Steigen die Zinsen? Bleiben die Zinsen? Zumindest beim Baugeld scheinen die Zeiten der Minirenditen vorbei.

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Zinsentwicklung: Bauen wird teurer

Die Zinsen sind zuletzt ein wenig gestiegen. Von einer Wende wollen die Experten aber nicht reden. Erst wenn die Inflation zurückkehrt, könnten die Renditen wieder steigen.

Kommt jetzt die Zinswende? Gibt es wieder mehr für Spareinlagen? Wird Baugeld teurer? Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), befeuerte diese Woche nach der Ratssitzung in Frankfurt entsprechende Spekulationen. Zum einen ist die Inflation in der Euro-Zone im Mai wieder auf 0,3 Prozent angezogen. Zum anderen müsse man sich an Phasen mit höheren Kursausschlägen bei Staatsanleihen gewöhnen, sagte Draghi. Und vor allem: Die EZB werde nichts dagegen tun, sondern an ihrer ruhigen Geldpolitik festhalten. Die Reaktion an den Finanzmärkten war drastisch: Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen kletterte rasant, am Donnerstag bis auf fast ein Prozent, bevor es am Freitag wieder herunterging auf rund 0,87 Prozent.

Wirkliche Gründe für den Anstieg der Zinsen gibt es nicht

Volkswirte und andere Experten mahnen zu Gelassenheit: Noch im Sommer würden die Renditen wieder sinken, die Zinsen für Sparanlagen lägen weiter auf sehr niedrigem Niveau und potenzielle Bauherren oder Käufer von Wohneigentum sollten nicht überstürzt reagieren. Freilich: Bei Baugeld tut sich etwas. Seit Anfang Mai sind die Zinsen erkennbar gestiegen, 2016 und 2017 dürfte es angesichts deutlich höherer Inflationsraten weiter nach oben gehen.

Der jüngste Renditeanstieg bei Staatsanleihen, auch in Italien und Spanien, war der zweite abrupte Sprung innerhalb weniger Wochen. Mitte Mai war die Rendite für zehnjährige Bundesanleihen binnen kürzester Frist auf 0,77 Prozent gestiegen. Anfang Mai waren es noch 0,05 Prozent. Exakte Gründe konnten Ökonomen nicht anführen, viele verwiesen aber auf das Anleihe-Kaufprogramm der EZB. Sie hat seit Anfang März Staatsanleihen der Euro-Länder, Pfandbriefe und Kreditverbriefungen für fast 239 Milliarden Euro angekauft, davon für mehr als 34 Milliarden Euro Bundesanleihen. Auch bessere Konjunkturdaten und Übertreibungen am Rentenmarkt wurden genannt.

Eine Renditewende sieht anders aus

Bei der jüngsten Entwicklung spielen auch die neuesten Inflationsdaten eine Rolle: Mit 0,3 Prozent hat sie sich in der Euro-Zone schneller als von vielen erwartet wieder in den positiven Bereich verlagert. Damit ist das Thema Deflation endgültig vom Tisch. Commerzbank-Ökonom Benjamin Schröder spricht von einer zweiten Phase der Neubewertung am Rentenmarkt. Die Bund-Renditen dürften weiter volatil bleiben. Allerdings sei die Nachfrage nach Bundesanleihen bei einer Rendite nahe einem Prozent so stark, dass sie allein dadurch wieder sinken dürften. Im Sommer sieht er sie bei 0,55, zum Jahresende bei etwa 0,70 Prozent.

Auch Eugen Keller vom Frankfurter Bankhaus Metzler erkennt noch keine Renditewende. Davon könne man erst sprechen, wenn zehnjährige Bundesanleihen mehr als 1,12 Prozent erreichen würden. „Das entspricht nicht unserem Basisszenario.“ Keller rät gleichwohl zur Vorsicht. Claudia Windt von der Helaba betrachtet die derzeitige Entwicklung als Ausreißer, für Ende Juni erwartet sie wieder einen deutlichen Rückgang der Rendite auf 0,30 Prozent, bevor sie bis Jahresende auf 0,50 Prozent ansteigen dürfte. Fakt ist: Die EZB hält den Worten Draghis zufolge unbeirrt an ihrem Anleihe-Programm fest. Bis September 2016 will sie für insgesamt 1,14 Billionen Euro kaufen. Auch eine Erhöhung der Leitzinsen ist vor 2017 nicht zu erwarten.

Zuweilen nur 50 Euro Zinsen für 25 000 Euro Anlage

Damit scheint auch eine Wende bei den Einlage- und Kreditzinsen hierzulande in weiter Ferne. „Noch immer liegen viele Angebote auf fast unterirdischem Niveau“, sagt Max Herbst von der Finanzberatung FHM mit Blick auf Festgeld. „Wer etwa einen auf 0,2 Prozent angehobenen Zinssatz für einjähriges Festgeld als attraktives Angebot verkauft, braucht schon Chuzpe oder Kunden, die sich ein X für ein U vormachen lassen.“ Trotzdem gibt es Herbst zufolge einige Angebote mit mehr als einem Prozent Zins bei einjähriger Laufzeit. Bei 25 000 Euro springen da immerhin 250 Euro raus, bei 0,2 Prozent aber nur 50 Euro. Im Schnitt rentiert Ein-Jahres-Festgeld FHM zufolge derzeit bei 0,4 Prozent.

Seitwärts geht es auch mit durchschnittlich 0,43 Prozent auf Tagesgeldkonten. Auch beim Dispo und bei Ratenkrediten ist Herbst zufolge „keine Zinserhöhung in Sicht“. Schließlich finanzierten die Banken solche Kredite nicht über Anleihen, sondern über die Einlagen der Kunden, die Geldleihe bei der EZB oder bei anderen Banken. „Und in allen drei Kanälen sind die Zinsen weiter extrem niedrig.“

Zieht die Inflation erst 2016 wieder an?

Ein wenig anders sieht es bei Baugeld aus, das langfristig und damit auch über Anleihen refinanziert wird. Für Zehn-Jahres-Baugeld werden derzeit im Schnitt, so Herbst, 1,55 Prozent verlangt. Anfang Mai waren es noch 1,31 Prozent. Bei 15 Jahren ging es in den letzten Monaten von 1,69 auf 1,97 Prozent nach oben. „Hauskäufer in spe sind jedoch am besten beraten, sich davon nicht kirre machen zu lassen.“ Problematisch werde die Lage erst, wenn die Inflation deutlich anzieht, meint Herbst. Mit 0,7 Prozent sei sie im Mai in Deutschland noch immer moderat gewesen. 2016 dürfte es dann anders aussehen. In ihrer jüngsten Schätzung sagt die Bundesbank für 2016 eine Preissteigerungsrate in Deutschland von 1,8 und für 2017 von 2,2 Prozent voraus.

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