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Eine Zollbeamtin nimmt die Daten eines Mitarbeiters auf, um anschließend überprüfen zu können, ob hier der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn durch den Arbeitgeber gezahlt wird.

© Markus Scholz/dpa

Zoll: Mindestlohn wird nur halbherzig kontrolliert

Der Zoll konzentriert sich 2015 auf andere Aufgaben und verhängt nur geringe Strafen bei der Kontrolle des Mindestlohns.

Das Internet macht vieles möglich, ist aber auch eine große Müllhalde. Die Fahnder des Zolls haben sich auch deshalb im vergangenen Jahr auf den Handel mit illegalen Medikamenten im Netz konzentriert und dadurch die Zahl der beschlagnahmten Pillen annähernd vervierfacht. Anders als bei der Medikamentenfahndung hielten sich die Ermittler bei der Bekämpfung von Schwarzarbeit sowie der Kontrolle des gesetzlichen Mindestlohns zurück: Es gab 2015 nur noch rund 400.000 Prüfungen der so genannten Finanzkontrolle Schwarzarbeit, das war fast ein Drittel weniger als im Vorjahr. Und das, obgleich seit Anfang 2015 der Mindestlohn von 8,50 Euro zu zahlen ist. Nach Einschätzung des Finanzministeriums führte der „Strategiewechsel hin zu risikoorientierten Prüfungen zu einer verbesserten Effektivität bei der Schwarzarbeitsbekämpfung“. Immerhin stieg die aufgedeckte Schadenssumme 2015 auf fast 820 (Vorjahr: 795) Millionen Euro. Die Summe der Geldbußen fiel indes auf 43,4 (46,7) Millionen Euro

Der Zoll hat erstmal "sensibilisiert"

Die Gewerkschaften sind trotzdem sauer. „All die Unternehmen, die sich um den Mindestlohn herummogeln, haben 2015 quasi einen Freibrief gehabt“, schimpfte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. Von den 43,4 Millionen Euro Geldbußen seien nur 200.000 Euro aufgrund von Verstößen gegen das Mindestlohngesetz verhängt worden. Geradezu absurd sei es, wenn der Zoll vor allem im Baugewerbe die Firmen und Beschäftigten überprüfe, wo es doch seit vielen Jahren einen Branchenmindestlohn gebe. In den Wirtschaftsbereichen, wo der gesetzliche Mindestlohn vor allem zu zahlen sei, nämlich in Gaststätten und Hotels, habe es dagegen kaum Kontrollen gegeben. Nur 17 Prozent der Prüfungen fanden hier statt, ärgerte sich Körzell, der auch darüber klagte, dass die für die Mindestlohnkontrolle vorgesehenen zusätzlichen Beamten „für Aufgaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge abgezogen wurden“. Über einen Zeitraum von mehreren Jahren sollen 1600 zusätzliche Zöllner allein für die Kontrolle des Mindestlohns eingestellt werden. Dass Finanzministerium teilte zum Thema Mindestlohn mit, „dass neu in die Prüfungen einbezogene Branchen zunächst für die Neuregelungen sensibilisiert wurden, ohne Verstöße unmittelbar zu ahnden“.

DGB: Hinweise werden missachtet

Der Verdacht der Gewerkschaften gegen die Bundesregierung und namentlich Finanzminister Wolfgang Schäuble ist so alt wie der Mindestlohn: Da Schäuble immer gegen den Mindestlohn gewesen sei, torpediere er ihn durch mangelhafte Kontrolle, so der Vorwurf. „Wer schwarze Schafe unter den Arbeitgebern verhindern will, muss deutlich machen, dass Verstöße bei allen jederzeit entdeckt und sanktioniert werden können“, meinte DGB-Vorstand Körzell. Immer wieder würden die Gewerkschaften Hinweise erreichen, „dass es trotz massiver Mindestlohn-Verstöße, die dem Zoll gemeldet werden, kaum Reaktionen gab“, sagte der DGB-Mann über die Arbeit der Zöllner.

580 000 Tiere und Pflanzen beschlagnahmt

Die haben sich im vergangenen Jahr wie immer auch mit Drogen, geschmuggelten Zigaretten und der Marken- und Produktpiraterie beschäftigt. Bei Letzteren blieb der Wert der beschlagnahmten gefälschten Waren mit 132 Millionen Euro nahezu konstant, teilte das Finanzministerium mit. Mehr als drei Viertel der gefälschten Waren stammen aus China, am häufigsten geschmuggelt wurden Körperpflegeprodukte und Spielzeuge. Ferner stellte der Zoll mehr als 580 000 geschützte Tiere, Pflanzen sowie pflanzliche Präparate sicher, fast fünfmal mehr als 2015. „Der Grund ist insbesondere die vermehrte Einfuhr von Kapseln der indischen Kotuswurzel, die als durchblutungsfördernd und entzündungshemmend gelten sowie Diätmittel mit Bestandteilen der Aloe ferox“, teilte das Bundesfinanzministerium in der Jahresbilanz 2015 mit.

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