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Wirtschaft: Zu wenig Müll für die Privaten

Entsorgungswirtschaft wirbt mit hoher Recyclingquote und kritisiert Verbrennung bei den Kommunen

Berlin - Der prominente Gast ließ sich nichts anmerken. Im Gegenteil. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) lobte die Recyclingwirtschaft über den grünen Klee und attestierte der Branche, „ein herausragendes Beispiel zu sein für die Wirtschaft des 21. Jahrhunderts – für eine Wirtschaft, die Wachstum mit Ressourceneffizienz verbindet“. Der Minister trat auf als Festredner anlässlich des 50. Geburtstags des Bundesverbandes der Entsorgungswirtschaft (BDE) am Freitag in Berlin. Ein Jubiläum in schwieriger Zeit, denn vor zehn Tagen hatte sich der Bundestag in letzter Minute auf eine Reform des Kreislaufwirtschaftsgesetzes verständigt – gegen die Interessen der im BDE versammelten privaten Müllsammler und -verwerter. Peter Kurth, Präsident des BDE, zuvor Vorstandsmitglied beim Berliner Alba-Konzern und davor wiederum CDU-Finanzsenator, klagte am Freitag über „den faktischen Ausschluss privater Unternehmen von der Wertstofferfassung“.

Das neue Gesetz privilegiert in der Tat die Kommunen. Nur wenn die nicht können oder nicht wollen, kommen private Entsorgungsfirmen zum Zug. Der BDE nimmt das nicht hin und klagt in Brüssel gegen das deutsche Gesetz, das nach Auffassung der Privaten gegen Europarecht verstößt. Bis dieser Rechtsstreit gelöst ist, können indes Jahre vergehen. Zuvor befasst sich – am 25. November – der Bundesrat mit dem Kreislaufwirtschaftsgesetz, das hierzulande den Umgang mit dem Müll regelt.

Umweltminister Röttgen zufolge werden in Deutschland heute zwei Drittel aller privaten Haushaltsabfälle verwertet, doppelt so viel wie noch in den 90er Jahren. Ein ambitioniertes Ziel hat sich die Regierung dennoch nicht gesetzt: Die Recyclingquote soll vielmehr bis 2020 nahezu unverändert bleiben. So steht es im Kreislaufwirtschaftsgesetz.

Dagegen stellt der BDE eine Art informeller Selbstverpflichtung: In zehn bis maximal 15 Jahren wollen die privaten Entsorger „100 Prozent der recyclingfähigen Materialien einer stofflichen Verwertung zuführen“. Gleichzeitig beklagt der Verband die Gleichsetzung von Recycling und Verbrennung in dem neuen Gesetz. Kurth sieht die Gefahr, „dass auch künftig große Mengen an Wertstoffen in den Müllöfen landen und somit dem Recycling entzogen werden“.

Der BDE wirft den Kommunen und deren Abfallbetrieben seit längerem vor, weniger auf Wiederverwertung denn auf Verbrennung zu setzen, um die eigenen Müllöfen auslasten zu können. In diesem Zusammenhang plädierte der BDE-Präsident für offene Grenzen für den Abfall: Vor allem in den mittel- und osteuropäischen EU-Ländern werde noch immer sehr viel Müll deponiert. Wenn aber die Deponiegebühren erhöht und gleichzeitig der Genehmigungsaufwand für den Transport zu deutschen Verbrennungsanlagen reduziert würde, könnten sowohl die Umwelt als auch die Recyclingwirtschaft in den beteiligten Ländern profitieren.

Als Ergänzung zum Kreislaufwirtschaftsgesetz arbeitet die Bundesregierung derzeit an einem Wertstoffgesetz. Dabei geht es um Verpackungsabfall, der jetzt noch vom Grünen Punkt beziehungsweise der gelben Tonne erfasst wird, zuzüglich anderer Wertstoffe wie Metalle, Holz, Elektrokleingeräte oder Stoffe. In Berlin hat Alba, das den Grünen- Punkt-Abfall sammelt und verwertet, dazu eine gelbe Tonne plus aufgestellt, und die landeseigene BSR einen orangefarbenen Behälter. Das führte zu einem Rechtsstreit. Alba und BSR verhandeln inzwischen um eine einvernehmliche Lösung, die beiden Zugriff auf die immer lukrativer werdenden Sekundärrohstoffe im Müll erlauben. Gleichzeitig sollen die Haushalte nur eine Tonne vor der Tür stehen haben. Es geht um viel Geld, und entsprechend kompliziert sind die Gespräche. Wenn sich BSR und Alba einig geworden sind, muss auch noch das Kartellamt gefragt werden. Und schließlich ist auch der Grüne Punkt einzubeziehen. In Berlin steht im nächsten Jahr wieder eine Ausschreibung an für das Sammeln und Verwerten des Verpackungsabfalls mit dem Grünen Punkt.

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