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Wirtschaft: Zugeständnis an die Lokführer

Die Bahn rückt im Tarifstreit mit einem neuen Angebot von ihrer bisherigen Linie ab – bis zur Einigung ist es noch ein langer Weg

Berlin - Nach langem Widerstand will die Deutsche Bahn ihren Lokführern nun doch gesonderte Regelungen zugestehen. „Wir bieten hier einen Tarifvertrag für Lokführer an“, sagte Bahn-Personalvorstand Margret Suckale am Montag in Berlin. Gesonderte Verhandlungen mit der Gewerkschaft GDL über Löhne und Arbeitszeit soll es nach den Vorstellungen der Bahn trotzdem auch in Zukunft nicht geben. Der Vertrag müsse sich „konflikt- und widerspruchsfrei" in das Gesamttarifwerk des Unternehmens einfügen. Das Angebot müsse nun „sehr schnell zu einem Tarifabschluss führen“, verlangte die Managerin.

Das fünfte Bahn-Angebot sieht Einmalzahlungen von 2000 Euro sowie zehn Prozent mehr Lohn für die Lokführer vor. Zentraler Punkt der GDL war stets ein eigener Vertrag. Bei künftigen Tarifverträgen wird die GDL laut Suckale weiter nur bedingt eigenständiger Partner sein. Dies wäre sie nur für Lokführer-spezifische sowie für Fragen der Entgeltstruktur.

Tarifexperten sehen dennoch einen Teilsieg für die GDL. „Die Bezeichnung ,eigenständiger Tarifvertrag’ ist natürlich ein symbolischer Erfolg für die GDL“, sagte Reinhard Bispinck von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Einen gesonderten Anspruch auf eigene Verhandlungen auch in der Zukunft könnten die Lokführer daraus aber noch nicht ableiten. Ansonsten sei das Angebot der Bahn aber nur eine leicht abgewandelte Version der Einigung, die die beiden Moderatoren Heiner Geißler und Kurt Biedenkopf Ende September erreicht hatten. „Ich bewundere die Chuzpe der Bahn – sie sagt, ihr dürft mehr arbeiten und werdet dafür sogar bezahlt“, befand Bispinck. Er könne sich nicht vorstellen, „dass dies schon das Ende der Fahnenstange ist. Es kann natürlich sein, dass einige Lokführer jetzt vor Weihnachten glänzende Augen bekommen angesichts von 2000 Euro extra“. Allerdings stünden sie dann im kommenden Jahr weiter ohne strukturelle Verbesserungen da.

Auch die anderen Bahn-Gewerkschaften vermuten, dass dies die Taktik des Konzerns ist. Sie sind allerdings auch zu Zugeständnissen bereit. „Wir können uns vorstellen, dass die GDL die Federführung für die Themen bekommt, die lokführerspezifisch sind", sagte Transnet-Sprecher Oliver Kaufhold. Gesonderte, womöglich höhere Abschlüsse für die GDL in der Zukunft dürfe es aber nicht geben. Andere Gewerkschafter sorgen sich, dass weitere Streiks bei den Bahn-Kunden zu schwerer Verärgerung über die Arbeitnehmervertreter insgesamt führen könnten. Ohnehin gebe es Unmut in der GDL – einige Funktionäre gäben sich kämpferischer als der Chef Manfred Schell, der nun weitere Gespräche folgen lassen will. Hans-Joachim Kernchen etwa, Bezirkschef in Berlin, Brandenburg und Sachsen, hält das neue Angebot für unzureichend. „Wenn wir darüber verhandeln, dann verstehe ich die Welt nicht mehr“, sagte er. Schon das jetzige Arbeitszeit-Regime sei „am Rande des Erträglichen“, zusätzliche Mehrarbeit daher nicht akzeptabel.

Der Fahrgastverband Pro Bahn rief die GDL zum Einlenken auf. „Damit hat die Bahn einen entscheidenden Schritt gemacht. Jetzt ist es Sache von Schell, darauf zu reagieren und Verhandlungen aufzunehmen“, sagte er. „Wenn es jetzt nicht klappt, ist mir nicht klar, wie noch ein Kompromiss gefunden werden kann.“ Es sei klar gewesen, dass die Bahn Zugeständnisse machen muss. „Zu viele dürfen es aber auch nicht sein, sonst spüren das die Kunden über noch höhere Fahrpreise.“

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