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Wirtschaft: Zuhause verliert das Unternehmen Marktanteile, in Deutschland ist der Einstieg in den Mobilfunkmarkt missglückt (The Wall Street Journal)

Es ist ein Déjà-vu-Erlebnis für France Télécom. Erst im vergangenen April wurde der französische Telefonriese vom großen deutschen Markt verdrängt, als seine langjährige Allianz mit der Deutschen Telekom in die Brüche ging.

Es ist ein Déjà-vu-Erlebnis für France Télécom. Erst im vergangenen April wurde der französische Telefonriese vom großen deutschen Markt verdrängt, als seine langjährige Allianz mit der Deutschen Telekom in die Brüche ging. Nun ist ein weiterer Versuch, Deutschland zu erobern, ebenfalls unschön zu Ende gegangen: France Télécoms Bemühungen um einen Mehrheitsanteil an Deutschlands drittgrößtem Mobilfunkanbieter sind an zwei einem unerwarteten neuen Bündnis zwischen der US-amerikanischen BellSouth und der niederländischen Royal KPN gescheitert. Ein Rückschlag für France Télécom. Das Unternehmen ist scharf darauf, einen Fuß auf den deutschen Markt, den größten Europas, zu bekommen und zu expandieren. Daher setzt der unerwartete amerikanisch-niederländische Pakt den Präsidenten und Vorstandsvorsitzenden von France Télécom, Michel Bon, auf einen Schlag gewaltig unter Druck.

Er macht deutlich, wie schnell sich die Lage in der hektischen Welt der Telekommunikation und ihren Mega-Fusionen verändern kann. "Der Verlust von E-Plus ist sicherlich ein Schlag für France Télécom," sagt Karen Egan, Telekommunikations-Analystin bei Lehman Brothers in London, "vor allem bei dem Preis, zu dem sie es kaufen wollten." Noch vor wenigen Monaten war das achtgrößte Telefonunternehmen der Welt noch ein strahlender Stern. France Télécom war bei NTL, einem der größten britischen Telefonunternehmen, Mehrheitsaktionär geworden. Genauso gut sah die Lage zu Hause in Frankreich aus: Der französische Staat, der 64 Prozent an France Télécom hält, unterstützte das Unternehmen bei zahlreichen Handgemengen mit Regulierungsbehörden, die seine vorherrschende Stellung im Basis-Telefondienst verringern wollen. Die hohen Zuwachsraten im Mobilfunk- und Internet-Geschäft des französischen Riesen beeindruckten Analysten. Und es wurden Aktionäre gewonnen, die den Aktienkurs des Unternehmens zwischen August und Oktober um fast 50 Prozent in die Höhe trieben. Doch das zweifache, kurz aufeinanderfolgende Scheitern auf dem deutschen Markt wirft ein ungünstiges Licht auf France Télécom: Die internationale Expansion scheint fehlzuschlagen.

Und selbst die Position des Konzerns in Frankreich schwächt sich: Die vom Partner zum Feind gewordene Deutsche Telekom hat kürzlich den französischen Konkurrenten Siris gekauft und wird sich nun mit France Télécom ein Kopf-an-Kopf-Rennen auf deren heimischen Boden liefern. Das Deutsche Telefonunternehmen verhandle auch mit Bouygues Télécom, dem drittgrößten Mobilfunkanbieter Frankreichs, heißt es in informierten Kreisen. Und erst vor wenigen Wochen hat der französische Staat erklärt, schneller als geplant die Liberalisierung auf dem Telekommunikationsmarkt voranzutreiben. Dass die Aktionäre davon nicht begeistert sind, ist nicht zu übersehen: Als bekannt wurde, dass France Télécom erneut vom deutschen Markt ausgeschlossen wurde, sank der Aktienkurs des Unternehmens um 15 Prozent.

France Télécom habe den großen taktischen Fehler gemacht, die Bedeutung des Vorkaufsrecht von BellSouth zu unterschätzen, sagen eingeweihte Kreise. Tatsächlich begannen mehrere Telefonunternehmen, BellSouth den Hof zu machen, als deutlich wurde, dass Vodafone, RWE und Veba ihre E-Plus-Anteile verkaufen würden. So hatte KPN vor 20 Wochen begonnen, mit dem Telefonunternehmen in Atlanta zu verhandeln - lange, bevor France Télécom die Verhandlungen mit Vodafone, RWE und Veba beendete. Auch France Télécom habe mit BellSouth lange Gespräche über die Zukunft von E-Plus geführt, sagte Duane Ackerman, Vorstandsvorsitzende des Unternehmens. Die Verhandlungen scheiterten an Meinungsverschiedenheiten über den Preis und darüber, welche Kontrolle BellSouth über das deutsche Mobilfunkgeschäft haben solle.

Anfangs setzte France Télécom offensichtlich darauf, dass BellSouth den deutschen Mobilfunkanbieter selbst nicht kaufen würde, weil dies die Gewinnsituation verschlechtert und den Aktienkurs geschwächt hätte. BellSouth hat recht konservative Aktionäre, denen eine Minderung des Gewinns nicht gefallen hätte. Womit France Télécom nicht gerechnet hatte, war, dass sich BellSouth mit einem Partner zusammentun würde. Das französische Telefonunternehmen hat die Aggressivität anderer europäischer Unternehmen wie KPN unterschätzt. KPN erwägt, sich mit Cégétel, dem größten inländischen Konkurrenten von France Télécom, zusammenzuschließen. Zudem wird dem französischen Unternehmen die Vormachtstellung beim heimischen Geschäft streitig gemacht. In den ersten neun Monaten ist sein Marktanteil bei Ferngesprächen - wo die Gewinnspannen besonders hoch sind - um fast zwölf Prozent gesunken. Zudem hat der Staat angekündigt, schneller als bisher geplant, das Monopol von France Télécom beim örtlichen Telefonzugang zu beenden - ein Geschäft, das 20 Prozent der Einnahmen von France Télécom ausmacht.

Das Unternehmen ist sich der wachsenden Konkurrenz bewusst. "Der Wettbewerbsdruck ist höher als je zuvor", sagt Gerard Moine, Direktor des Unternehmensbereichs Ausland und Regulierung. Langfristig werden die Schwierigkeiten an der heimischen Front für France Télécom bedeutsamer sein als der Rückschlag bei E-Plus, vor allem, weil das inländische Geschäft einen Großteil zum Gewinn besteuert. Im kommenden Jahr werden Ortsgespräche fast 40 Prozent der Einnahmen ausmachen, schätzen Konkurrenten von France Télécom. Dies spiegele ihren sinkenden Marktanteil bei den Ferngespräche wider. Diese Verschiebung war die unvermeidbare Folge der Deregulierungswelle im vergangenen Jahr. Und die Liberalisierung wird sich fortsetzen - letztlich ist es nur eine Frage der Zeit, wann der französische Markt die anderen europäischen Länder aufholt. Bislang hat France Télécom noch eine geschützte Stellung: So hat sie noch ein Monopol bei Ortsgesprächen, anders als etwa die Deutsche Telekom und andere frühere Staatsmonopole. Und die Konkurrenz bei Ferngesprächen war weniger hart als in anderen europäischen Ländern - zum Teil, weil France Télécom vom Staat begünstigt wurde. Im ersten Jahr, nachdem der französische Telefonmarkt geöffnet wurde, hat Frankreichs Telefonriese nur fünf Prozent bei den Ferngesprächen eingebüßt. Dagegen hat die Deutsche Telekom im gleichen Zeitraum etwa 30 Prozent ihres Marktanteils verloren.

Trotz des zweimaligen Scheiterns will France Télécom den deutschen Markt nicht aufgeben. Zunächst einmal prüft das Unternehmen die E-Plus-Verträge, um zu sehen, ob es rechtliche Möglichkeiten hat, die Allianz von BellSouth und KPN zu verhindern. Sollte das nicht klappen, ist es zuversichtlich, bald auf einem anderen Weg auf den deutschen Markt zu gelangen. "Wir haben nun ein Loch, was Deutschland betrifft", räumte Bruno Janet, der Sprecher von France Télécom ein. Doch werde die Telekomeuphorie - die zu der BellSouth-KPN-Allianz beitrug - nur die Optionen des Unternehmens erhöhen. "Eine Tür hat sich geschlossen, aber eine andere wird sich bald öffnen."

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