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© dpa

Zukäufe: Familienunternehmen gehen auf Einkaufstour

Trotz Krise haben Familienunternehmen gut gefüllte Kassen und wollen die Situation nutzen, um durch Zukäufe und Beteiligungen zu wachsen.

Düsseldorf - „Sei vorsichtig, wenn andere gierig sind und gierig, wenn andere vorsichtig sind“, empfiehlt der amerikanische Investor Warren Buffett. Genau nach diesem Motto verfahren nun deutsche Familienunternehmen. Jedes zweite will die Krise nutzen und sich in den nächsten zwei Jahren bei anderen Unternehmen einkaufen. Denn: Ihre Kriegskassen sind prall gefüllt. Ihre Eigenkapitalquote liegt im Schnitt bei 36 Prozent, hat die Intes Beratung für Familienunternehmen aus Bonn nun erforscht.

Dies belegt eine Umfrage unter 4000 Familienunternehmern, die Intes Bonn durchgeführt hat und die dem Handelsblatt exklusiv vorliegt. Gemeinsam mit Wissenschaftlern der WHU – Otto Beisheim School of Management und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young wollte Intes herausfinden, wie die Wirtschaftskrise die Finanzierungssituation und das Beteiligungsverhalten von Familienunternehmern verändert haben.

Fazit: Die deutschen Clans sind wachsam, aber gehen gelassen und chancenorientiert mit der Krise um. „Die meisten sind nach wie vor mit ihrem Finanzierungstatus sehr zufrieden", sagt Intes-Chef Christoph Achenbach. Knapp 70 Prozent der Befragten beurteilen ihre Finanzierungssituation als „gut“ oder „sehr gut“. Zwei Drittel verbuchen einen steigenden Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit). Bei jedem fünften Unternehmen stieg der betriebliche Gewinn sogar um über neun Prozent. Überraschend: Knapp zwei Drittel der Firmen, deren Ebit weniger als ein Prozent beträgt, stufen ihre Finanzlage immer noch als „sehr gut“ oder „gut“ ein. „Also selbst bei schlecht laufendem operativen Geschäft gehört das Gros der Familienunternehmen nicht zu den Getriebenen der Krise und steht auch nicht unter Ergebnisdruck“, lautet Achenbachs Resümee.

Die Studie belegt auch: Das Finanzpolster der Familienunternehmen ist so gut, dass sie jetzt in der Krise auf Schnäppchenjagd gehen können. Hinzu kommt: Der Moment ist günstig. „In den letzten Jahren haben sich viele Unternehmer im M&A-Geschäft eher zurückgehalten, weil die Private-Equity-Firmen mit ihren über Fremdkapital finanzierten Investments die Preise hoch getrieben hatten“, berichtet Ökonom Andreas Hack von der Hochschule WHU, die die Studie wissenschaftlich begleitet hat. „Jetzt da die Private Equity-Gesellschaften von den Banken weniger Fremdkapital erhalten, ist der Markt rasant abgekühlt. Jetzt schlägt die Stunde strategischer Investoren.“

Besonders im Fokus der Familienclans, die zukaufen: Langfristinvestments und Mehrheitsbeteiligungen in Wachstumsmärkten oder Zukäufe von Unternehmen aus artverwandten oder der eigenen Branche. Achenbach: „Wir gehen davon aus, dass die Familienunternehmen mittelfristig einen neuen Boom im M&A-Markt auslösen werden.“ Selbst Firmenanteile zu verkaufen, das planen in den nächsten zwei Jahren nur rund neun Prozent.

Die Studie zeigt auch die Kehrseite der Medaille: Weil Kapitalbeschaffung immer schwieriger wird und die Banken mehr Sicherheiten und Transparenz verlangen, nehmen Familienunternehmer das Thema sehr ernst. Über 85 Prozent kennen ihr Unternehmensrating, auf dessen Basis Banken ihre Kreditwürdigkeit beurteilen. Ob sie kurzfristige Liquiditätsengpässe überbrücken müssen oder mittelfristig Projekte finanziert bekommen wollen – für Familienunternehmer zählt vor allem eins: dass sich ihr Gegenüber flexibel zeigt. Rangierte auf Platz eins in der Liste der wichtigsten Kriterien für die Auswahl von Finanzierungspartnern 2006 noch „niedrige Finanzierungskosten“ so steht heute „hohe Flexibilität/individuelle Lösungen“ ganz oben. Und auch wer sich an Familienfirmen beteiligen will, tut gut daran, die individuellen Bedürfnisse der Familie zu respektieren.

So gab das Familienunternehmen Kloppenburg Dirk Roßmann, Besitzer der gleichnamigen Drogeriemarktkette, vor allem deshalb Ende 2007 den Zuschlag, weil er den Familiengesellschaftern trotz seiner Mehrheitsbeteiligung von 89,9 Prozent weitgehende Mitspracherechte einräumte und flexibel auf ihre Wünsche reagierte. „Wir haben Kloppenburg eine Brücke gebaut, indem wir gesagt haben: Fast alle Läden behalten ihren Namen, die Zentrale und die meisten Arbeitsplätze bleiben erhalten, und die Geschäftsführung wird gemeinsam bestellt", kommentierte Roßmann die Übernahme des weitaus kleineren Wettbewerbers.

Zudem achten die Unternehmen verstärkt auf den Ruf ihres Kapitalgebers – eine Folge des Imageverlusts vieler Bankhäuser durch die Finanzkrise. Und trotzdem: Während Finanzinvestoren nach wie vor eher kritisch beäugt werden, setzen die Unternehmer weiterhin auf Banken. „Sie sind und bleiben mit Ausnahme von Unternehmensverkäufen der erste Ansprechpartner“, so Achenbach. HB

Julia Leendertse

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