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Im brandenburgischen Jänschwalde wird Braunkohle abgebaut.

© Patrick Pleul/dpa

Zukunft der Braunkohle: Wirtschaftsminister Gabriel verhandelt über Umsetzung der Energiewende

Wirtschaftsminister Gabriel berät mit seinen Länderkollegen über die Zukunft der Braunkohle. Bundesländer mit entsprechenden Ressourcen befürchtend as Ende des Energieträgers.

Beim Eintreffen der Gäste weiß man schon Bescheid: Ist Wirtschaftsstaatsekretär Rainer Baake dabei, wenn heute Abend um kurz nach 20 Uhr die Ministerlimousinen vor der Villa an der Heerstraße vorfahren? Wenn Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel allein kommt, wäre das ein Signal nach dem Motto „Ich bin auf Distanz zu Baake“. Das wünschen sich viele in der SPD, vor allem auch die Teilnehmer der Abendrunde: die Wirtschaftsminister von Brandenburg, Sachsen und NRW, allesamt Mitglieder der von Gabriel geführten SPD, und aus Sachsen-Anhalt die SPD-Landeschefin Katrin Budde.

Es geht um die Kohle in der Lausitz und im rheinischen Revier

Zu dem Treffen im Hauptstadtsitz der IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) hat Gabriel eingeladen, aber selbstverständlich ist Gewerkschaftschef Michael Vassiliadis, gewissermaßen der Hausherr, auch zugegen. Und wenn der Verdi- Vorsitzende Frank Bsirske bis dahin in den Tarifverhandlungen mehr Geld für die Kita-Beschäftigten durchgesetzt hat, kommt er auch noch vorbei. Denn es geht um die Kohle in der Lausitz und im rheinischen Revier. Es geht um Arbeitsplätze, Klimaschutz und Strompreise.

Ein Papier zur Energiewende ruft Konzerne und Gewerkschaften auf den Plan

Nach der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im vergangenen Jahr muss Energieminister Gabriel nachlegen, damit die Energiewende einigermaßen funktioniert. Sein Staatssekretär Baake, Mitglied der Grünen, hat dazu am 21. März ein Papier vorgelegt – und Kohlekonzerne, Gewerkschaften und Politiker auf die Barrikaden gerufen. Gegenstand des Zorns ist Punkt 3.: „CO2-Minderungsbetrag des Stromsektors.“ Alte Kraftwerke sollen mit einem „Klimabeitrag“ belastet werden, sodass in der Folge einige dieser Kraftwerke unwirtschaftlich werden und vom Netz gehen. So sollen bis 2020 22 Millionen Tonnen CO2 zusätzlich vermieden werden. Die Bundesländer mit Braunkohlevorkommen und -kraftwerken befürchten das Ende des Energieträgers; sie protestieren und antichambrieren seit Monaten in Abstimmung mit den Gewerkschaften und den Kohlekonzernen Vattenfall (Lausitz) und RWE (rheinisches Revier).

Heute wird über einen Alternativvorschlag diskutiert

Die IG BCE hat inzwischen einen Alternativvorschlag unterbreitet, der sogar mehr als die vorgeschlagenen 22 Millionen Tonnen bringen kann, und um den es heute Abend geht. Die Gewerkschaft schlägt drei Dinge vor: Mehr von der effizienten Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ; eine „Kapazitätsreserve für Versorgungssicherheit und Klimaschutz“, die aus besonders schmutzigen Kraftwerken besteht und die aber nur noch dann zum Einsatz kommen, wenn die erneuerbaren Energien nicht genügend Strom erzeugen; und schließlich eine Abwrackprämie für alte Heizungen. In der letzten aktuellen Stunde des Bundestages hat Gabriel diese Vorschläge als Alternative zu Baakes Plänen gewürdigt.

Gabriel lobt den Vorstoß, in seinem Ministerium ist man skeptisch

Ganz anders dagegen die Fachebene seines Hauses, die zum Beispiel bei der KWK-Förderung nur eine CO2- Einsparung von vier Millionen Tonnen im Jahr für erreichbar und finanzierbar hält, die Förderung beträgt hier 1,5 Milliarden Euro. Die IG BCE veranschlagt dagegen elf Millionen Tonnen mit zwei Milliarden Euro Förderaufwand. „Setzt man bei modernen Gas-KWK konservative CO2-Emissionen von 400 Gramm/Kilowattstunde an, führt dies allein auf der Stromseite (ohne Berücksichtigung der zusätzlichen wärmebedingten CO2-Einsparungen) zu zusätzlichen CO2-Minderungen von 20 Millionen Tonnen“, entgegnet die Gewerkschaft dem Wirtschaftsministerium. Die Rechnung gilt für 2025 und für den Fall der Erreichung des 25-Prozent-KWK-Ausbauziels der Bundesregierung.

Die Politik entscheidet, wie das Klimaziel umgesetzt wird

So wird denn gerechnet und gefeilscht um Tonnen und Fördermittel, aber am Ende muss die Politik entscheiden, wie das Klimaziel der Regierung – 40 Prozent weniger CO2-Emissionen im Jahr 2020 im Vergleich zu 1990 – erreicht werden soll. Bitte nicht mit der Kohle, meint der BUND und die Böll-Stiftung der Grünen. Am Dienstag stellten sie einen „Kohleatlas“ vor, wonach keine andere Energiequelle so stark zur Erderwärmung beiträgt. „Das Kohlezeitalter geht zu Ende“, meinen die Grünen – so wie Staatssekretär Baake.

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